Erscheinungsbild und Aspekte des Erlebens von Autismus und Trauma weisen oft starke Ähnlichkeiten auf. Dabei sind Traumata nicht, wie früher angenommen, ursächlich für Autismus. Vielmehr birgt die autistische Grundstruktur ein erhöhtes Risiko für traumatische Erfahrungen, wie neuro- und entwicklungspsychologische Zusammenhänge und Erfahrungsberichte Betroffener deutlich machen. In der Psychiatrie und Psychotherapie sind autistische Besonderheiten der Wahrnehmung und des Erlebens bislang aber kaum bekannt, was häufig zu Fehldiagnosen und dem Scheitern therapeutischer Zusammenarbeit führt. Eine wirksame Psychotherapie traumatisierter Menschen im Autismus-Spektrum ist jedoch möglich, wenn die besonderen Herausforderungen, die spezifischen Bewältigungsstrategien sowie die oft besondere Resilienz der Klienten gewürdigt und in die Therapie einbezogen werden.
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1 Autismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
1.1 Kurze Begriffsklärung »Autismus« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
1.2 Wie entsteht Autismus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
1.2.1 Der Spektrumsbegriff – multifaktorielle Genese und
Vielfalt der Ausprägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
1.2.2 Neurobiologisch-entwicklungspsychologisches Modell 17
1.2.3 Primäre Reaktionen und Bewältigungsstrategien . . . . . 21
1.3 Auswirkungen neurologischer Besonderheiten auf die
psychische und sozio-emotionale Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . 23
1.3.1 Die sozio-emotionale Entwicklung beim
neurotypischen Kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
1.3.2 Der Soziale Autopilot – Entstehung und Funktionen 24
1.3.3 Die (tragische) Situation des autistischen Kindes . . . . . 26
1.3.4 Das Drei-Ebenen-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
1.3.5 Das Zwei-Welten-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
1.4 Spezifische Aspekte autistischen Erlebens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
1.4.1 Die Welt als überwältigendes Chaos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
1.4.2 Das Anders-Sein und seine Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
1.4.3 Die grundlegende Unsicherheit: Wer bin ich? Bin ich
»richtig«? Was wird erwartet? Ist alles in Ordnung? . . . 51
1.4.4 Das Gefühl der Unvorhersehbarkeit: »Jederzeit kann
etwas Unvorhergesehenes passieren und alles anders
sein.« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
1.4.5 Das Erleben von Fremdbestimmung: »Ich verstehe
nicht warum und wozu …« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
1.4.6 Traumatische Erfahrungen von Abwertung, Mobbing
und Gewalt: Plötzliche oder systematische Angriffe
und Würdeverletzungen, die ungeklärt und
unerklärlich bleiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
1.4.7 Das »Geworfen-Sein« auf sich selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
1.5 Spezifische Ressourcen und autistische
Bewältigungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
1.5.1 Spezifische Ressourcen von Menschen im
Autismus-Spektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
1.5.2 Autistische Bewältigungsstrategien – und ihre
Wirkung nach außen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
1.6 Psycho-soziale Folgen des Anders-Seins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
1.6.1 Befremden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
1.6.2 Konflikte (innere und äußere) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
1.6.3 Bullying und Mobbing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
1.6.4 Manipulation und Ausbeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
1.6.5 Auswirkungen auf die Entwicklung der persönlichen
und sozialen Identität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
1.6.6 Selbstwert versus Selbstzweifel bis zum Selbsthass . . . . 89
1.7 Klischees, Vorurteile, Stigmatisierungen und ihre Folgen in
sozialen und therapeutischen Kontexten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
1.7.1 Nicht erkannt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
1.7.2 Nicht verstanden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
1.7.3 Nicht geglaubt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
1.7.4 Über- und Unterforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
2 Trauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
2.1 Trauma – Begriffsklärungen und Einordnungen . . . . . . . . . . . . . 96
2.1.1 Differenzierung von Traumabegriffen . . . . . . . . . . . . . . . . 97
2.1.2 Diagnostische Einteilung von Traumafolgestörungen 97
2.2 Wie entsteht ein psychisches Trauma? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
2.2.1 Unterscheidungen nach Entstehungskontext . . . . . . . . . 99
2.2.2 Entscheidende Faktoren für traumatisches Erleben . . . 99
2.2.3 Individuelles Erleben potentiell traumatischer
Ereignisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
2.2.4 Krise und Resilienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
2.2.5 Interpersonelles Trauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
2.3 Kommunikation als ein kritischer Faktor bei der Entstehung
und Bewältigung von Traumafolgestörungen . . . . . . . . . . . . . . . . 124
2.3.1 Faktoren, die Kommunikation erschweren oder
unmöglich machen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
2.3.2 Auswirkungen gescheiterter Kommunikation . . . . . . . . 128
2.3.3 Die Wirksamkeit gelingender Kommunikation des
Traumaerlebens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
2.4 Auswirkungen traumatischer Erfahrungen auf die Psyche
und das sozio-emotionale Erleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
2.4.1 Intrusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
2.4.2 Konstriktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
2.4.3 Hyperarousal/vegetative Übererregung . . . . . . . . . . . . . . . 132
2.4.4 Zusätzliche Traumafolgen bei einer kPTBS . . . . . . . . . . . 133
2.4.5 Traumaspuren im Körper und im Körpererleben . . . . . 133
2.5 Die zentrale Funktion des Autonomen Nervensystems:
(Trauma-)Symptome als Überlebens- und
Bewältigungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
2.5.1 Die Funktionen des Autonomen Nervensystems . . . . . 134
2.5.2 Über die Funktionalität von Stressreaktionen . . . . . . . . 135
2.5.3 Die große Gemeinsamkeit menschlicher
Bewältigungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
2.5.4 Funktionalität und Dysfunktionalität von
Bewältigungsstrategien im Lebensverlauf . . . . . . . . . . . . . 142
3 Autismus und Trauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
3.1 Autismus: erhöhte Vulnerabilität trifft größere Gefährdung 144
3.1.1 Faktor 1: Besonderheiten der Reizverarbeitung . . . . . . . 144
3.1.2 Faktor 2: Besonderheiten im Denken – Irritation,
Befremden, »Wrong-Planet« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
3.1.3 Faktor 3: Kein Sozialer Autopilot – Irritationen in
der Interaktion, Konflikte, Kontaktabbrüche . . . . . . . . . 147
3.1.4 Faktor 4: Anders-Sein: Wer auffällt, wird schnell zum
Opfer von Entwürdigung und Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . 149
3.1.5 Faktor 5: Die Gefahr von Missbrauch, Ausbeutung
und anderen Übergriffen kann nicht eingeschätzt
werden bzw. wird vom Betroffenen nicht oder zu
spät erkannt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
3.1.6 Faktor 6: Das Trauma des unlösbaren inneren
Konflikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
3.2 Parallelen zwischen ASS und (k)PTBS: Ähnlichkeiten im
Erscheinungsbild und im Erleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
3.2.1 Ähnlichkeiten in Erscheinungsbild und erkennbarer
Symptomatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
3.2.2 Gemeinsamkeiten des Erlebens und der
Bewältigungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
3.2.3 Menschliche Gemeinsamkeiten der Grundbedürfnisse
und Bewältigungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
3.3 Differentialdiagnostische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
3.3.1 Wichtig für die Diagnostik: Vorsicht vor
Verwechslungen oder Vernachlässigung von
Hinweisen auf ASS und/oder (k)PTBS . . . . . . . . . . . . . . . 156
3.3.2 Wesentliche Unterschiede im Hinblick auf Struktur
und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
3.4 Wechselwirkungen zwischen ASS und zusätzlicher (k)PTBS 166
3.4.1 Problem verstärkende Wechselwirkungen zwischen
ASS und (k)PTBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
3.4.2 Resilienz stärkende Wechselwirkungen zwischen ASS
und (k)PTBS – Spezifische Ressourcen durch
autistische Verarbeitungsweise,
Bewältigungsstrategien und Erfahrungshintergrund . . 168
4 Bewältigung – Resilienz, Bewältigungsstrategien und
therapeutische Begleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
4.1 Resilienz und Traumabewältigung bei Menschen im
Autismus-Spektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
4.1.1 Resilienz schwächende Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
4.1.2 Resilienz stärkende Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
4.2 Spezifische Ressourcen zur Resilienz und
Traumabewältigung von Menschen im Autismus-Spektrum 178
4.2.1 Zwei spezifische Resilienzfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
4.2.2 Autistische Bewältigungsstrategien – Funktionen zur
Traumabewältigung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
4.3 Schlussfolgerungen für die psychotherapeutische Praxis . . . . . 186
4.3.1 Klientenzentrierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
4.3.2 Erkennung und Anerkennung einer autistischen
Grundstruktur als wichtige Faktoren für einen
fruchtbaren therapeutischen Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
4.3.3 Die Bedeutung von Psychoedukation über Autismus
und Trauma (»Top-down«) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
4.3.4 Ausdruck, Kommunikation und Würdigung als
Schlüssel zur Bewältigung erlittener Traumata und
aktueller Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
4.3.5 Ressourcenorientierung zur Verbesserung von
Selbstwert, Selbstwirksamkeit und Selbstsicherheit . . . 200
4.3.6 Erschließung konkreter Körpererfahrung als oft
unentdeckte Ressource in der Psychotherapie
(»Bottom-up«) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
4.3.7 Wirkfaktoren in der Psychotherapie Betroffener mit
ASS – und mit Traumafolgestörungen . . . . . . . . . . . . . . . 204
4.3.8 Der Weg aus dem autistischen Dilemma:
Entwicklung einer neuen, stimmigen und
ganzheitlichen Identität – auch als Basis für
Erfahrungen der Sicherheit in Verbundenheit . . . . . . . . 208
4.3.9 Fazit: Alles dreht sich um Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
Nachwort und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220