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Grundformen und Erkenntnis menschlichen Daseins

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Binswanger, Ludwig
Verfasser*innenangabe: Ludwig Binswanger
Jahr: 1964
Verlag: München [u.a.], Reinhardt
Mediengruppe: Buch
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Inhalt

Ludwig Binswanger (* 13. April 1881 in Kreuzlingen, Schweiz; † 5. Februar 1966 ebenda) war ein Schweizer Psychiater und Psychoanalytiker. Er war der wohl bekannteste Spross der weitverzweigten Schweizer Psychiaterfamilie Binswanger. Er gehörte schon früh zu den führenden geistigen Persönlichkeiten seines Landes und gilt als Begründer der Daseinsanalyse, einer Verbindung von Psychoanalyse und Existenzphilosophie, die vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg eine bedeutende tiefenpsychologische Lehrmeinung darstellte. Auf der Suche nach einem besseren Verständnis für die Rätselhaftigkeit von Psychose und Neurose stieß er auf die Phänomenologie Edmund Husserls. Diese Lehre von den Erscheinungen dient der Bedeutungs- und Sinnforschung. Phänomen ist gleichzusetzen mit Sinn und Gehalt der Erlebnisweise der jeweiligen Person. Sinnverleihende und sinnerfüllte Akte und ihre Gegenstandsbereiche machen den Menschen zum Menschen. Die wahrgenommenen Phänomene bleiben sowohl Ausgangspunkt als auch Endpunkt der wissenschaftlichen Betrachtung. Hier trennt sich die Auffassung Binswangers prinzipiell von Freud, die Psychoanalyse erforscht tiefenpsychologisch hinter der „Fassade“ das Unbewusste. Letztendlich erwies sich Husserls Denkrahmen für Binswanger als zu eng. Nach einer ersten, von der neukantianischen Wissenschaftstheorie inspirierten Schaffensphase begann Ludwig Binswanger mit Erscheinen von Martin Heideggers Werk Sein und Zeit im Jahre 1927 den Menschen von seiner Weltlichkeit her zu verstehen. Das neue Denken über den Menschen und die Dinge revolutionierte damals die Philosophie. Binswanger war bemüht, die Beziehungen zwischen Naturwissenschaft und Philosophie zu verdeutlichen, um Grenzverwechslungen und wechselseitige Grenzüberschreitungen zu vermeiden. Ludwig Binswanger war von der Psychoanalyse begeistert. Auf Grund seiner psychopathologischen und psychiatrisch-klinischen Kenntnisse, Folgerungen und Entscheidungen gab er sich jedoch mit den Begrenzungen, die die Psychoanalyse hat, nicht zufrieden. Die Rahmenbedingungen seiner fern von dem Universitätswissenschaftsbetrieb peripher gelegenen Klinik erlaubten ihm, im Kontext der jeweiligen Anwendung von konkret erforderlichen Erfahrungen und Fertigkeiten eigene Erkenntnisgewinnung. Die psychoanalytische Behandlungsmethode blieb ihm zwar ein unentbehrliches Werkzeug, doch distanzierte er sich von den theoretischen Schlussfolgerungen. In einer verschränkenden Arbeitsweise versuchte Ludwig Binswanger Wissen von zweierlei Herkunft, psychoanalytisches und philosophisches, zu einer neuen Theorie zu verbinden. Theorie ist bei ihm nicht wie bei den Naturwissenschaften eine Konstruktion zum Zwecke der Erklärung eines Geschehens. Theorie wird für ihn ein aus dem Sinn und Gehalt von bestimmten Erlebnisweisen entnommener methodischer Leitfaden für das wissenschaftliche Verständnis dieser Erlebnisse. Zuerst benannte Ludwig Binswanger seine Forschungsrichtung „phänomenologische Anthropologie“. Erst im Jahre 1941 nannte er sie Daseinsanalyse, sie soll die Psychoanalyse nicht verdrängen, handelt es sich doch um zwei völlig verschiedene Denkweisen. Das psychoanalytische Grundanliegen wurde sogar durch die Daseinsanalyse wesentlich gefördert und hat eine wichtige Nähe zur Wirklichkeit des Lebens hinzugewonnen. Schritt für Schritt wies der Begründer der Daseinsanalyse nach, wo und wie die naturwissenschaftliche Denkweise im Bereich des menschlichen Verhaltens zu kurz greift und das spezifisch Menschliche des menschlichen Existierens verpasst. Dabei stützte er sich zu einem Hauptteil auf Heideggers Dekonstruktion der Grundidee von Descartes, die zur Subjekt-Objekt-Spaltung der Welt geführt hatte, welche Binswanger das „Krebsübel“ der Wissenschaft nannte. Programmatisch für die Daseinsanalyse verwendet Ludwig Binswanger Georg Wilhelm Friedrich Hegels Satz: „Die Individualität ist, was ihre Welt als die ihrige ist“. Er begründete keine Schulrichtung, sondern integrierte phänomenologische, psychoanalytische und psychiatrische Gesichtspunkte in einer Anthropologie. Als Frucht seiner Beschäftigung mit der philosophisch-literarischen Tradition des Abendlandes legt Ludwig Binswanger 1942 sein zweites Hauptwerk vor: Er analysiert die Formen der Gemeinschaft: Liebe, Eros, Freundschaft. Auf Grund dieser Analyse entwickelt er die möglichen Grundformen des Daseins (Liebe, Existenz, Umgang). Dabei erweitert er Heideggers existenzial-ontologischen Existenzbegriff durch die nur sozial-ontologisch zu verstehenden Grundformen der Liebe und des Umgangs (mit sich selbst oder mit anderen). Von diesem Ansatz her leitet Binswanger das Wesen der Daseinserkenntnis in Form eines Grundrisses des psychologischen Erkennens überhaupt ab. Im Ergebnis stellte er die Möglichkeit in Frage, von einer vergegenständlichenden Analyse menschlicher Verhaltensweisen und Funktionen zur Wirklichkeit des Menschen vorzudringen. Ludwig Binswangers Begriff der Daseinserkenntnis impliziert demgegenüber eine psychologische Methodologie, die von einem Subjekt ausgeht, das im psychologischen Erkennen immer sowohl die Subjektivität des Erkannten sowie die Subjektivität des Erkennenden miteinschließt. Phänomenologisch neutralisiert Binswanger auf diese Weise die traditionelle Subjekt-Objekt-Spaltung. Das sozial-ontologische Ergebnis dieses Ansatzes ist die Definition: „Psychologie ist die Wissenschaft von dem Frage-Antwort-Spiel des Daseins mit sich selbst.“ Die besondere Bedeutung von Binswangers Werk liegt vor allem darin, dass es geisteswissenschaftliche Positionen auf die vorwiegend somatisch orientierte klinische Psychiatrie überträgt und umgekehrt empirisch korrigierend wirkt auf methodologische Verabsolutierungen in der phänomenologischen Philosophie sowie in der akademischen Psychologie.

Details

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Binswanger, Ludwig
Verfasser*innenangabe: Ludwig Binswanger
Jahr: 1964
Verlag: München [u.a.], Reinhardt
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Systematik: Suche nach dieser Systematik PI.T
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Beschreibung: 4. Aufl., 726 S.
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Mediengruppe: Buch