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Gefängnishefte

Gramsci, Antonio
Antonio Gramsci. Auf Grundlage der im Auftr. des Gramsci-Instituts besorgten Ed. von Valentino Gerratana hrsg. vom Deutschen Gramsci-Projekt unter der wiss. Leitung von Klaus Bochmann und Wolfgang Fritz Haug
Hamburg, Argument
Bände

Inhalt

Die sogenannten Gefängnishefte (italienisch: Quaderni del carcere) sind neben den Gefängnisbriefen und einer Reihe von journalistischen Arbeiten das politische Hauptwerk des italienischen Marxisten Antonio Gramsci (1891–1937) und können nach Ansicht von Wolfgang Fritz Haug als „ein Hauptwerk der politischen Philosophie des 20. Jahrhunderts“ gelten. Die Gefängnishefte entstanden in den Jahren 1929 bis 1935, als Gramsci als politischer Gefangener der italienischen Faschisten im Gefängnis saß. Der Inhalt der Gefängnishefte ist sehr breit gefächert. Es finden sich Anmerkungen, Betrachtungen und Gedanken über politische Philosophie, politische Theorie, Politik im Allgemeinen, Literatur, Intellektuelle und deren gesellschaftliche Funktion und vieles mehr. Gramsci setzt sich auch mit der Philosophie seiner Zeit auseinander, hier vor allem mit Benedetto Croce und Giovanni Gentile, aber auch mit marxistischen Theoretikern wie Leo Trotzki und Nikolai Iwanowitsch Bucharin. An den verschiedensten Punkten kommt er auch immer wieder auf Karl Marx zurück. Aus einer staats- und gesellschaftstheoretischen Perspektive ist Gramscis Hegemonie-Begriff als ein Kernbegriff der Gefängnishefte anzusehen. Auch wenn Gramsci das Thema der Hegemonie schon in seinen journalistischen Arbeiten behandelte, entwickelte er es in systematischer und umfassenderer Weise erst in den Gefängnisheften. In Bezug auf die Frage der Ideologie hat Gramsci in den Heften keine systematische Theorie entwickelt und verwendet den Begriff in vielfältiger Hinsicht. Gramsci spricht von Ideologie in Bezug auf Glaube und Religion, sowie Politik und der Ideologie selbst. Für Gramsci ist die Ideologie der Zement, der die Zivilgesellschaft und somit den Staat zusammenhalte. Die Ideologie manifestiere sich als Auffassung von der Welt in der Kunst, dem Recht sowie wirtschaftlichen Handlungen und generell allen individuellen wie kollektiven Lebensäußerungen. Die Rezeption der Gefängnishefte erfolgte auf vielfältige Art und Weise und in den verschiedensten wissenschaftliche Disziplinen. Der kanadische Politikwissenschaftler Robert W. Cox hat in seinen Schriften den Versuch unternommen, Gramscis Begriff der Hegemonie für den Bereich der Internationalen Beziehungen fruchtbar zu machen und auf die globale Ebene zu übertragen. Seither bildet der sogenannte Neogramscianismus einen eigenen Zweig innerhalb der Theorie der internationalen Beziehungen sowie der Internationalen Politischen Ökonomie. Einen anderen Zugang zum Hegemonie-Begriff und dessen Fortentwicklung haben Ernesto Laclau und Chantal Mouffe seit Mitte der 1980er Jahre unternommen. Sie entwickelten daraus eine eigene Diskurstheorie. Andere Anknüpfungen erfolgten in der Erziehungswissenschaft bzw. Pädagogik, in den Cultural Studies, in wissenschaftlichen Betrachtungen über Sprache, Kultur, Faschismus und in der Beschäftigung mit Intellektuellen. Auch für postkoloniale Denkansätze erwies sich Gramsci als fruchtbar. Terry Eagleton betont die Bedeutung Gramscis für ein verändertes Verständnis von Ideologie. Es habe bei Gramsci ein Übergang in der Betrachtung von Ideologie als einfaches Vorstellungs- und Gedankensystem (auch "falsches Bewusstsein") hin zu einer „gelebte[n], habituelle[n] gesellschaftliche[n] Praxis“ stattgefunden. Demnach ist also, Gramsci folgend, das reale Handeln als Ideologie zu verstehen. Jan Rehmann betont, dass Louis Althussers Konzeption der Ideologischen Staatsapparate und des Repressiven Staatsapparats in dessen zentralem Essay Ideologie und ideologische Staatsapparate an Antonio Gramscis analytischer Trennung von Zivilgesellschaft und politischer Gesellschaft orientiert sei. Zudem hätten Gramscis Überlegungen zum integralen Staat einen grundlegenden Einfluss auf die Arbeit Althussers.

Details

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Gramsci, Antonio
Verfasser*innenangabe: Antonio Gramsci. Auf Grundlage der im Auftr. des Gramsci-Instituts besorgten Ed. von Valentino Gerratana hrsg. vom Deutschen Gramsci-Projekt unter der wiss. Leitung von Klaus Bochmann und Wolfgang Fritz Haug
Verlag: Hamburg, Argument
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Systematik: Suche nach dieser Systematik GS.AT
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Beschreibung: Kritische Gesamtausg.
Beteiligte Personen: Suche nach dieser Beteiligten Person Bochmann, Klaus; Haug, Wolfgang Fritz
Originaltitel: Quaderni del carcere <dt.>
Fußnote: Aus dem Italien. übers.