Cover von Die langen Wellen im Kapitalismus wird in neuem Tab geöffnet

Die langen Wellen im Kapitalismus

eine marxistische Erklärung
Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Mandel, Ernest
Verfasser*innenangabe: Ernest Mandel
Jahr: 1983
Verlag: Frankfurt am Main, isp-Verl.
Mediengruppe: Buch
verfügbar

Exemplare

AktionZweigstelleStandorteStatusFristVorbestellungen
Vorbestellen Zweigstelle: 07., Urban-Loritz-Pl. 2a Standorte: GP.PM Man / College 3x - Magazin: bitte wenden Sie sich an die Infotheke / Bitte wenden Sie sich an die Infotheke College 3 Status: Verfügbar Frist: Vorbestellungen: 0

Inhalt

Ernest Mandel (* 5. April 1923 in Frankfurt am Main; † 20. Juli 1995 in Brüssel) war ein einflussreicher marxistischer Ökonom, Theoretiker des Sozialismus und – zeitweise zusammen mit Michel Pablo – ein führendes Mitglied der Vierten Internationale. Von 1970 bis zu seiner Emeritierung (1988) lehrte Mandel an der Vrijen Universiteit in Brüssel. Als er 1972 zum Professor für Politische Ökonomie an die Freie Universität Berlin berufen werden sollte, verhängte der damalige Innenminister Hans-Dietrich Genscher gegen ihn, der als einer der „Hintermänner der Unruhen vom Mai 1968 in Frankreich“ bezeichnet wurde, ein Einreiseverbot. 1977 wurde Mandel Mitglied im P.E.N.-Zentrum Deutschland. Für seine Vorlesungen in Cambridge über die Langen Wellen der kapitalistischen Entwicklung erhielt er 1978 den Alfred-Marshall-Preis der Universität. Gemessen an der Verbreitung seiner zahlreichen Bücher ist er nach Georges Simenon der erfolgreichste belgische Autor des 20. Jahrhunderts. Zu den Schwerpunkten von Mandels theoretischer Arbeit gehörten die Widersprüche des zeitgenössischen Kapitalismus, die Chancen für die Entstehung revolutionärer Massenbewegungen, die Probleme sozialistischer Strategie und die Beschäftigung mit der Bürokratie und den stalinistischen Entwicklungen in der Sowjetunion und anderen realsozialistischen Ländern. Mandel stellte sich in politischer Hinsicht als einer der führenden Protagonisten des westeuropäischen Trotzkismus sowohl der „Moskauer Orthodoxie“ als auch den Kommunistischen Parteien in Westeuropa kritisch entgegen, wobei er sich selbst als Vertreter eines undogmatischen „offenen Marxismus“ verstand. Eine wesentliche Motivation für die Kritik Mandels an der bestehenden kapitalistischen Gesellschaft ist die Feststellung extremer weltweiter sozialer Ungleichheit. Sie habe unmittelbaren Einfluss auf die Lebensqualität - bis hin etwa zu den Unterschieden der Kindersterblichkeit. Besonders spürbar sei die Ungleichheit in den Ländern der „Dritten Welt“, die sich als Folge einer negativen Dynamik von Imperialismus und Neokolonialismus ergeben habe. Sie bringe nicht einfach ein Zurückbleiben gegenüber den entwickelten kapitalistischen Ländern mit sich, sondern greife in das Schicksal von vielen Millionen Menschen ein. Mandel kritisiert aber die auf revolutionäre Änderungen verzichtende reformistische Strategie. Sie sei dadurch gekennzeichnet, dass sie über Wahlerfolge versuche, Mehrheiten in den bürgerlichen Parlamenten zu erobern und darauf gestützt durch Regierungsbeteiligungen oder durch Übernahme der Regierungsverantwortung mittels schrittweiser Veränderungen zu einer Überwindung des Kapitalismus zu kommen. Diese Strategie würde letztlich keine Reformen erreichen, sondern vielmehr die Arbeiterklasse materiell und moralisch zurückwerfen. Je mehr sich in der Vergangenheit die depressive Tendenz des Kapitalismus wieder durchsetzte, desto weniger verwirklichten aus der Arbeiterbewegung hervorgegangene Parteien an der Regierung Reformen zur Verbesserung der Lage der abhängig Beschäftigten. --- Mandels zweibändige Marxistische Wirtschaftstheorie erschien 1962 auf Französisch und 1969, im Gefolge der Studentenbewegung, auf Deutsch im Frankfurter Suhrkamp Verlag. Das Buch will eine Verbindung von Wirtschaftstheorie und Wirtschaftsgeschichte herstellen. Es betont die Einbettung der kapitalistischen Gesellschaft in die Geschichte der Klassengesellschaft und der Warenproduktion. In der 1971 erschienenen Dissertationsschrift und seinem Hauptwerk Der Spätkapitalismus entwickelt Mandel die in der Marxistischen Wirtschaftstheorie zusammengefassten Gedanken weiter und versucht, die aktuelle Epoche des Kapitalismus nach dem Zweiten Weltkrieg – den Spätkapitalismus – aus den allgemeinen Bewegungsgesetzen des Kapitals zu erklären. Mandel nimmt hierbei auch Bezug auf eine von russischen und marxistischen Theoretikern (Nikolai Dmitrijewitsch Kondratjew) Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte Theorie der „Kondratjew-Zyklen“ im Kapitalismus. Diese Theorie führte er in seinem 1980 auf Englisch und 1983 auf Deutsch erschienenen Buch, Die langen Wellen im Kapitalismus, fort. --- Die von Mandel vertretene Theorie der langen Wellen diente ihm als Modell zur Erklärung des Phänomens des langfristigen industriellen Wachstums im Kapitalismus, das mit der marxistischen Annahme einer langfristig sinkenden Profitrate nicht vereinbar sei. Im Gegensatz zu den normalen kapitalistischen Konjunkturzyklen, bei denen sowohl die Umschläge in die Depression wie in den Wiederaufschwung inneren Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Wirtschaft entsprechen, muss laut Mandel der Umschlag zu einer langen Welle mit expansiver Grundtendenz durch außerökonomische („exogene“) Faktoren erklärt werden. Während die lange Welle mit depressiver Grundtendenz rein ökonomisch in sich nicht die Bedingungen für den Umschlag in eine expansiver Grundtendenz enthält, ist dies umgekehrt sehr wohl der Fall: lange Wellen mit expansiver Grundtendenz bedingen immer solche mit stagnativ-depressiver Tendenz. Technologische Revolutionen alleine sind in Mandels Erklärungsmodell nicht in der Lage, Epochen mit expansiver Grundtendenz auszulösen. In der Zeit langer Wellen mit stagnativ-depressiver Grundtendenz bildet sich eine „Reserve“ technischer Neuerungen heraus, die jedoch nicht vollständig in den Produktionsprozess eingeführt werden. Erst der Umschlag des wirtschaftlichen Klimas und entsprechend erhöhte Profiterwartungen führen zu massiven Investitionen mit dem Zweck der Anwendung dieser Neuerungen in der Produktion. Typisch für expansive Wellen ist ein Konjunkturzyklus mit längeren und ausgeprägteren Phasen der Hochkonjunktur und kürzeren und weniger ausgeprägten Krisen, die abgemildert als „Rezessionen“ wahrgenommen werden. Bei einer stagnativ-depressiven Welle verhält sich dies umgekehrt. Im Rahmen einer langen Welle mit stagnativ-depressivem Grundton wird in die Forschung investiert – das hauptsächliche Ziel dabei sind technologische Durchbrüche zugunsten einer radikalen Kostensenkung; die typischen Investitionen sind dann Rationalisierungsinvestitionen. Investitionsausgaben, die der massiven Anwendung neuer Technologien im Produktionsprozess dienen, beginnen im Allgemeinen erst ca. zehn Jahre nach Beginn einer expansiven langen Welle. Die neuen Technologien haben zunächst „Erneuerungscharakter“ und heben die Durchschnittsprofitrate; danach, in der langen Zeit ihrer Verallgemeinerung, senken sie die Durchschnittsprofitrate oder halten sie niedrig. Zugleich entspricht jede Revolutionierung der Arbeitsorganisation einem Versuch, den Widerstand der Beschäftigten gegen die Anhebung der Mehrwertrate (der Ausbeutungsrate) zu brechen. Die langen Wellen sind nach Mandel im Wesentlichen auf die langfristigen Schwankungen der Profitrate zurückzuführen. Zu ihrer empirischen Konstatierung nennt er zwei entscheidende Indikatoren: die industrielle Produktion und das Wachstum der Exporte. Auf dieser Grundlage machte er acht lange Wellen mit abwechselnd stagnativ-depressiver und expansiver Tendenz aus: 1.1793-1825: Lange Welle mit expansiver Tendenz, Zeitalter der industriellen Revolution. Ersetzung der Handarbeit durch Maschinen in Abteilung II (Weben, Spinnen) v.a. in Großbritannien. Sinkende Löhne bei steigender Mehrwertrate. Ausdehnung des Weltmarktes (Südamerika). 2.1826-1847: Lange Welle mit stagnativ-depressiver Tendenz, Surplusprofite rückläufig durch Verbreitung der Maschinenproduktion in Abteilung II. Ausbreitung der Kapitalistischen Produktionsweise nach Westeuropa (Belgien, Frankreich, Rheinland). 3.1848-1873: Lange Welle mit expansiver Tendenz, Surplusprofite durch Mechanisierung der Abteilung I, dort "Gigantische Maschinen" (Marx), Sprunghaftes Ansteigen des benötigten Kapitals in Abteilung I. Revolutionen, Eroberungen und die Entdeckung der kalifornischen Goldfelder ermöglichten eine qualitative Erweiterung des kapitalistischen Weltmarkts. 4.1874-1893: Lange Welle mit stagnativ-depressiver Tendenz, Surplusprofite rückläufig, da maschinell hergestellte Maschinen (Abteilung I) verbreitet. 5.1894-1913: Lange Welle mit expansiver Tendenz, Monopolkapitalismus und klassischer Imperialismus: Aufteilung der Welt unter den entwickelten kapitalistischen Industriestaaten, Anwachsen der Kapitalexporte in die unterentwickelten Länder, Sinken der relativen Rohstoffpreise. Die Wachstumsrate der organischen Zusammensetzung des Kapitals verringerte sich, und die technologische Revolution durch Verallgemeinerung der Elektrifizierung in den reichen Industrieländern ermöglichte wiederum die gesteigerte Produktion von relativem Mehrwert. 6.1914-1939: Lange Welle mit stagnativ-depressiver Tendenz, Ursachen: Zerrüttung der Welthandels durch den ersten Weltkrieg, weitere Einengung des kapitalistischen Weltmarktes durch die Oktoberrevolution in Russland. 7.1940 (für Europa ab 1948) bis 1967: Lange Welle mit expansiver Tendenz. Faschismus und Nationalsozialismus führten zur Zerschlagung der Arbeiterbewegung in den jeweiligen Ländern. Der Zweite Weltkrieg, der darauf folgende „Kalte Krieg“ und die McCarthy-Ära in den USA bedeuteten weitere gewaltige Rückschläge für die organisierte Arbeiterbewegung. Dies erlaubte sensationelle Erhöhungen der Mehrwertrate (bis zu 300 %). Es verlangsamte sich die organische Zusammensetzung des Kapitals – bedingt durch den verbilligten Zugang zu Nahostöl, ein weiteres Sinken der Rohstoffpreise und die Verbilligung von Elementen des fixen Kapitals. Dennoch zunehmender Lebensstandard der ArbeiterInnen. Verbilligung von Konsumgütern wie Auto, Fernseher, Küchengeräten wie Kühlschränken etc. durch Massenproduktion. Beginn der Dritten Industriellen Revolution (Kernenergie, Halbautomation, Computer). Surplusprofite auch durch halbautomatische Produktion langlebiger Konsumgüter (Abteilung II) bei massiv steigendem Mindestkapitalbedarf. Zunehmende Bedeutung von Forschung und Entwicklung für die Profitrealisierung in der Industrie.
8.Seit 1968: Lange Welle mit stagnativ-depressiver Tendenz.

Details

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Mandel, Ernest
Verfasser*innenangabe: Ernest Mandel
Jahr: 1983
Verlag: Frankfurt am Main, isp-Verl.
opens in new tab
Systematik: Suche nach dieser Systematik GP.PM
Suche nach diesem Interessenskreis
ISBN: 3-88332-072-2
Beschreibung: 130 S.
Schlagwörter: Gesellschaft, Kapitalismus, Kapitalistische Gesellschaft , Kapitalistische Wirtschaft , Kapitalistisches Gesellschaftssystem , Kapitalistisches Wirtschaftssystem
Suche nach dieser Beteiligten Person
Mediengruppe: Buch