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Transformationen

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Bion, Wilfred R.
Verfasser*innenangabe: Wilfred R. Bion. Übers., eingel. und mit einem Glossar versehen von Erika Krejci
Jahr: 1997
Verlag: Frankfurt, Suhrkamp
Mediengruppe: Buch
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Inhalt

VERLAGSTEXT: / / "Bion legt Wert darauf, nicht etwa eine neue psychoanalytische Theorie zu entwerfen […]. Ihm geht es um eine Theorie der psychoanalytischen Beobachtung." / Caroline Neubaur, FAZ, 25. März 1997 / / "Bion [unternimmt es hier], die Bedingungen der verschiedenartigen Umbildungen emotionaler Erfahrungen in der normalen und in der pathologischen Entwicklung zu studieren. Er tut das im Lichte des Wahnsinns, der Miß-Repräsentation emotionaler Erfahrung, und schließt diese als ständig gegebene Möglichkeit in das vom Analytiker zu beobachtende Spektrum der Transformationen ein. Andererseits zieht er weit voneinander liegende, in vielen Jahrhunderten entwickelte Bereiche menschlicher Gestaltungsmöglichkeiten heran - Malerei, Dichtung, Philosophie, geometrische und algebraische Mathematik, Mystik -, um in ihrem Licht, mit Hilfe ihrer spezifischen Erkenntnisse und Denkmöglichkeiten, der dem Lustprinzip folgenden Omnipotenz, die keine Abwesenheit, also keinen Mangel und kein Gesetz anerkennt, auf die Spur zu kommen." / / / AUS DEM INHALT: / / Vorwort / Erika Krejci / / Transformationen / / Glossar / / Register / / / REZENSION: / / / Null zu sein, bedarf es wenig / Wilfred Bions Geschichte des O / Von Caroline Neubaur - FAZ / 25.03.1997 / Wie Newton sich zu Kopernikus, so verhält Wilfred Bion sich zu Freud. / Viele von den jetzt wieder inflationären Invektiven gegen Freud könnte man sich sparen, wenn man zur Kenntnis nähme, wie ingeniös und konsequent Bion das theoretische Potential freilegt, das in Freuds Schriften verborgen liegt. / Denken heißt das Unbekannte denken - auf diese Formel könnte man Bions therapeutisches und wissenschaftliches Ethos bringen. Das Unbekannte ist der traumatische Kern der Erfahrungen, die intensive Angst davor, ihm zu begegnen, führt zu Erklärungsversuchen, die den traumatischen Kern ausschließen. Die Einsicht, daß dieser Erfahrungskern in jeder psychoanalytischen Situation präsent ist, bringt Bion zu einer Verfeinerung der Analytikerrolle, die sich unmittelbar auf sein Konzept von Theorie auswirkt. Er ist nicht mehr der Naturforscher, als den Freud sich zeitlebens sah, wie diesem geht es ihm jedoch um Neutralität und "gleichschwebende Aufmerksamkeit" gegenüber dem Patienten. / Neutralität als Verantwortung für sich selbst nicht minder als für den Patienten macht in überraschender Wendung moralisches Engagement als Bedingung von Theorie sichtbar. So eröffnet sich die Möglichkeit, moralische Katastrophen als unvermeidliche Risiken der psychischen Entwicklung zu akzeptieren. Die subtilen Abläufe von Übertragungen und Gegenübertragungen zwingen zum Abschied vom psychoanalytischen Dogmatismus und Szientismus überhaupt und rücken die Auffassung des Heilungsziels in die Nähe zur religiösen Erfahrung - in einem allerdings sehr nüchternen Sinn und ohne jede Ähnlichkeit mit dem Schmusekurs der - allmählich ablebenden - westdeutschen Therapiekultur. / Bion wurde 1897 in Indien geboren. Die kulturelle Atmosphäre seiner Kindheit prägte seinen interreligiösen Habitus, der sich bis in die letzten Schriften durchhält und ihn die Therapie in mathematischen oder religiösen Vorstellungen charakterisieren läßt. So nennt er beispielsweise das Heilungsziel "O" und läßt es damit, durchaus auf das indische Meditationswort "Om" anspielend, zwischen dem kosmologischen Urlaut und dem Zeichen für Null oszillieren. / Relativ spät kam Bion zur Psychoanalyse, er profitierte viel von Melanie Klein und kann ihr produktivster Schüler und Kritiker genannt werden. "Transformationen" ist sein letztes und schwierigstes Buch. Es veranschaulicht den Umgang mit der psychotischen Angst, den Kampf mit der Omnipotenz des Wahns, der nicht durch Erfahrung lernen kann. Die Transformation wird nicht mehr mit dem Freudschen Postulat "Wo ES war soll Ich werden" formuliert, sondern als dem unendlichen Raum abgewonnene Realisierung. Statt unbewußt-bewußt rückt der Gegensatz unendlich-endlich ins Zentrum. Die herkömmlichen Raum- und Zeitzuschreibungen durch Identifikationen mit Raum- und Zeitteilen werden in den Sitzungen mit Psychotikern hinfällig, bei denen man sich auf einen unendlichen Raum einlassen muß. / Von innen heraus läßt sich "Transformationen" nicht darstellen, das erforderte ein mehrsemestriges Bion-Seminar, es lassen sich jedoch einige Reize benennen und vielleicht einige Fehlpositionierungen prophylaktisch verhindern. So könnte ein deutscher Leser versucht sein, Bion neben einen Ursprungsmythologen wie Heidegger zu stellen. Der Heidegger-Vergleich mag für Lacan einige Berechtigung haben, an Bions Intentionen ginge er vorbei. Treffender und dennoch schief ist der Vergleich mit Wittgenstein, der für die Sprachphilosophie ein ähnliches Denkreinigungsmodell geschaffen hat wie Bion für die Psychoanalyse. Freilich war Wittgenstein Mystiker, während Bion eher als ein Analytiker der Mystik zu bezeichnen wäre. / Bion legt Wert darauf, nicht etwa eine neue psychoanalytische Theorie zu entwerfen - deren gebe es genug, und immerfort entstünden überflüssige Ad-hoc-Theorien. Ihm geht es um eine Theorie der psychoanalytischen Beobachtung. Er entwickelt ein neutrales, nicht klinisches Instrumentarium zur Beschreibung mentaler Prozesse, tut dies aber nicht als Philosoph, um eine bessere Erkenntnistheorie zu entwickeln, sondern um sich gegenüber der Realität des Psychotikers behaupten zu können. Sein Anliegen ist also praktisch, nicht philosophisch. Dabei entsteht so etwas wie eine Phänomenologie des Geistes in der Psychoanalyse. Der Erfahrungshintergrund des ganzen Unternehmens sind die Deutungs- und Interaktionsprobleme mit psychotischen Patienten. Der Analytiker muß ihre Sprache erlernen, muß lernen, zu reifizieren und zu halluzinieren. Am Beginn des Buches stehen Fallvignetten, großartige Schilderungen: Niemand konnte vor Bion erratische Äußerungen des Wahns so übersetzen. / Der Psychotiker kann nicht denken, das heißt, er hat die Geburt der Negation aus der Abwesenheit nicht erlebt. Das abwesende befriedigende Objekt ist für ihn ein böses anwesendes Objekt. Bion unterscheidet sich vom Psychotiker, der über einen Hund nur sprechen kann, wenn der Hund "anwesend" ist, dadurch, daß er psychische Probleme bearbeiten kann, auch wenn sie nicht "im Raum" sind. Von daher haben seine Analogien zur Mathematik einen ganz technischen Sinn, sie ermöglichen es, über Abwesendes zu sprechen, sie geben "leere" Symbole an die Hand. Auch die Sprache der Deutungen muß leer genug sein, um den Psychotiker nicht mit Metapern zu ängstigen, die ihn alsbald wieder verfolgen. / Die Wahrheit erfordert Mut, denn jede Transformation in Richtung Wahrheit bringt einen katastrophischen Umschwung mit sich. Bions "O" ist beides: einmal die Erfahrung als solche und dann auch das Heilungsziel. Die eigentliche Erfahrung ist als Totalität nicht erträglich, das Heraussprengen dieser spezifischen Erfahrung aus der Totalität ist der Beginn der Transformation. Jeder, der über Erfahrung spricht, tritt in die ontologische Differenz zwischen O und dessen Transformationen ein. Es gibt krankmachende Transformationen und solche, die Zukunft eröffnen, weil sie das Heilungsziel O nicht verstellen. Geheilt ist jemand, um es mal ganz unpsychoanalytisch zu sagen, der weiß, daß seine Erfahrung letztendlich nicht sagbar ist und den das nicht mehr bedroht. / Die Realität ist nicht prädizierbar wie Kants Ding an sich, sie ist, was der Fall ist, was nicht besprochen werden kann, aber besprochen werden muß. Bions Ding an sich ist "O". Wir müssen diese ursprüngliche Erfahrung einholen, aber das ist nicht eine absolute Erfahrung, sondern es gibt viele Os. Die Erfahrungen, die der Patient wieder einholen soll, sind eine Pluralität, nicht eine Einheit wie das Heideggersche Sein. / Mit seinem "O" nimmt Bion sozusagen den Doppelsinn von Kants Dings an sich auf, den die Neukantianer verworfen haben. Sie warfen es unter der Maßgabe eines unmystischen Funktionalismus als Relikt metaphysischen Denkens über Bord. Bei Kant vibriert es zwischen zwei Polen: Das Ding an sich ist das unerkennbare, hypothetisch angenommene Substrat von Phänomenen, es ist aber auch der letzte Antrieb der Subjektivität, den man als solchen nie greifen kann, die Quelle der Spontaneität und Freiheit. Bion, einer der scheuesten Großmystiker, die wir kennen, umgibt seine mystische Potenz mit sehr viel ablenkender Apparatur, indem er uns immer wieder vorführt, daß ohne Mathematisierung kein Rahmen zu denken ist. / Auch wenn die mathematischen Unterscheidungen bis ins Spinnerte gehen, liest man das Buch doch mit Spannung weiter. "Transformationen" hat mehr Dimensionen, als der Autor zugeben möchte, der meint, sein Text sei nur die mehr oder minder schwer verständliche Beschreibung von Erfahrungen eines Analytikers. Nein, es ist zugleich ein Text, der konzipiert ist, um den Grundwiderspruch zwischen der Veränderung des Werdens einerseits und des Erkennens andererseits in literarischer Spannung und Schwebe zu halten. Es gibt keine Philosophie, aber es gibt das philosophische Denken. Denken stiftet Gemeinsamkeiten. Da die stabile Geltung des Tradierten in schwindelndem Tempo abnimmt, nutzt kein begriffsloses Lamento über die Zunahme psychotischer Symptombildungen in der Gesellschaft - von gewalttätigen Jugendlichen bis zum Kindesmißbrauch. Bion kann einem dabei den Rücken stärken, den "catastrophic changes", dem traumatischen Unbekannten, unlarmoyant zu begegnen.

Details

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Bion, Wilfred R.
Verfasser*innenangabe: Wilfred R. Bion. Übers., eingel. und mit einem Glossar versehen von Erika Krejci
Jahr: 1997
Verlag: Frankfurt, Suhrkamp
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Systematik: Suche nach dieser Systematik PI.HPP
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ISBN: 3-518-58238-0
Beschreibung: 1. Aufl., 245 S.
Schlagwörter: Persönlichkeitsentwicklung, Psychoanalyse, Persönlichkeit / Entwicklung, Persönlichkeitsbildung, Persönlichkeitsentfaltung <Psychologie>, Psychoanalytische Therapie
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Originaltitel: Transformations <dt.>
Mediengruppe: Buch