"Systemsprenger*innen" ist aktuell einer der meistgenutzten Termini in der Jugendhilfe, wobei es bisher keine verbindliche Definition gibt. Die Herausgeber sind der Ansicht, dass die so bezeichneten Kinder und Jugendlichen in keinem Fall "das System sprengen". Sie sind vielmehr aus dem System bzw. sozialen Netz herausgefallen oder "verwahrt" worden, ohne dass die Jugend- bzw. Erziehungshilfe ihren Bedürfnissen gerecht werden könnte. Interdisziplinär aufgestellt spürt das Buch dem Begriff "Systemsprenger*in" nach: durch Beiträge von Ethiker*innen, Pädagog*innen, Psycholog*innen und Wissenschaftler*innen. Zunächst finden sich Reflexionen auf das System der Kinder- und Jugendhilfe und der Erziehungshilfen im Speziellen. Daran schließt sich der Blick aus der Forschung an, welcher überleitet zu unterschiedlichen Begegnungsmöglichkeiten der Herausforderungen, welchen sich die Erziehungshilfen im Umgang mit sogenannten "Systemsprenger*innen" stellen. Schließlich kommen Stimmen aus der Praxis zu Wort, welche die täglichen Aufgaben veranschaulichen.
REZENSION:"Diskussion - Ein äußerst lehrreicher und interdisziplinärer Sammelband, der schonungslos aufklärt. Systemsprenger*innen werden nicht geboren, sie werden durch die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Regelwerke der Kinder- und Jugendhilfe dazu gemacht. Es ist ein Hoch-Risiko-Klientel, was durch Erfahrungen in den Ursprungsfamilien geschädigt ist, Missbrauch erfahren hat und oft traumatisiert ist. Die Publikation ist wissenschaftlich tiefgründig, analysiert ohne Rücksichtnahme und es sind sehr differenzierte Autor*innen aus Theorie und Praxis daran beteiligt. Besonders anschaulich ist das Kapitel einer ehemaligen Systemsprenger*in, die über die vielen Etappen der Kinder- und Jugendhilfe gehen musste, von Heim zu Heim weitergereicht wurde und doch ist es irgendwie weitergegangen.
Fazit - Das Fachbuch hält das Versprechen, fundiert, aktiv, fachgesellschaftliche Debatten mitzugestalten und sich mit den Kindern und Jugendlichen auseinanderzusetzen, die scheinbar die Grenzen immer wieder übertreten und für die es keine effektiven Maßnahmen gibt, sie in die Gesellschaft zu integrieren. Das Buch ist ohne Wenn und Aber einfach nur zu empfehlen."
socialnet - vollständige Rezension siehe Link
Inhalt
Vorwort des Vorstandes.........................................................................9
Vorwort der Herausgeber.....................................................................11
Einleitung..............................................................................................12
Daniel Kieslinger, Marc Dressel, Ralph Haar
TEIL 1 - WORUM UND UM WEN GEHT ES EIGENTLICH?
"Systemsprenger*innen" als kapitalistisch durchdrungene
Subjektivierungsweise - soziologische und sozialphilosophische
Reflexionen der Kinder- und Jugendhiife............................................ 21
Monika GötschlSandro Bliemetsrieder
Wer sprengt hier eigentlich wen? -
Ethische Skizzen zu sogenannten "Systemprenger*innen".................43
Kristina Kieslinger
Wer sprengt hier was und wen? -
Zur Notwendigkeit der Sprengung unserer Störungskonzepte...........58
Menno Baumann
Systemsprenger zeigen auf, wo das Jugendhilfesystem
reformbedürftig ist...............................................................................72
Klaus Esser
TEIL 2-FORSCHUNG
"Systemsprenger" in der Jugendhilfe aus empirischer Sicht...............91
Michael Macsenaere, Monika Feist-Ortmanns
Selbstdeutungen von "Systemsprengern"........................................... 99
Stephan Cinkl
"Systemsprenger*innen"? Junge Menschen im Strafvollzug -
Entwicklungsdaten zu Belegung, Öffnung und Merkmalen der
Gefangenenstruktur im Jugendstrafvollzug....................................... 113
Frieder Dünkel, Bernd Geng, Stefan Harrendorf
TEIL3-THE0RIE
Traumapädagogik für Kinder, die das System sonst sprengt.............159
Julia Gebrande
Gib mir Antwort, auch wenn ich meine Frage nicht kenne!..............174
Anja Sauerer, Wilma Weiß
Welche Grenzen? Inklusive Perspektiven auf das Narrativ der
"Systemsprenger*innen"....................................................................189
Benedikt Hopmann
Die Freiheitsentziehende Unterbringung in Einrichtungen der
Kinder- und Jugendhilfe.....................................................................204
Sabrina Hoops
"Wir haben (daraus) geschlossen ...!"...............................................219
Christine Kirsch
"Systemsprenger*innen" - Kinder- und jugendpsychiatrische
und -psychotherapeutische Perspektive zwischen Kinder- und
Jugendhilfe und Kinder- und Jugendpsychiatrie................................231
Michael Kölch, Marc Schmid, Stefanie Bienioschek
Junge wohnungslose Menschen mit multiplen psychosozialen
Problemlagen und herausfordernden Verhaltensweisen.................251
Karsten Giertz, Lisa Große, Silke Birgitta Gahleitner
TEIL 4-PRAXIS
Praxisbezogene Weiterentwicklung von Handlungsstrategien im
Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit besonders herausfordernden Verhaltensweisen in der Stationären Hilfe zur
Erziehung/Eingliederungshilfe in stationärer Form.......................... 265
Frank Baumgartner, Nobert Beck, Petra Rummel, Anja Sauerer,
Barbara Winterstein
Warum in die Ferne schweifen?.........................................................280
David Büchner
"Leidenschaftslos, nicht lieblos" - Zum Umgang mit grenzentestenden Kindern und Jugendlichen..........................................................294
Christine Straube
Arbeit mit Systemsprengern in freiheitsentziehenden
Maßnahmen......................................................................................311
Jennifer Rohr
Individualpädagogik in einer heilpädagogisch-therapeutischen
Wohngruppe als Versuch einer Antwort auf extrem herausforderndes Verhalten junger Menschen........................................... 322
Sabine Seimen, Johanna Zott, Michael Ender
"Systemsprenger*innen in der Wohnungslosenhilfe" -
ein Blick aus der Praxis ..................................................................... 337
Isabel Endres
Ein traumafokussierendes Konzept in der niedrigschwelligen
Arbeit mit Jugendlichen, die sich an einem Leben "auf der Straße"
orientieren.........................................................................................353
Manuela Grötschel
"Systemsprengerin" - und warum es danach trotzdem weiterging..365
Katharina R.
BVKE Werkstatt - Zukunft ohne Abbruch.........................................379
Michael Wagner, Sebastian Rausch
How to use it!....... .............................................................................382
Die Autorinnen und Autoren.............................................................383