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Spuren und Positionen linker Bildung

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Kutalek, Norbert
Verfasser*innenangabe: Norbert Kutalek. Hrsg. von Oskar Achs
Jahr: 2013
Verlag: Wien [u.a.], Lit-Verl.
Mediengruppe: Buch
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Inhalt

Norbert Kutalek war und ist ein maßgeblicher Bildungssoziologe und linker Intellektueller. Von einer Darstellung seiner erlebten Schulvergangenheit ausgehend, werden in diesem Buch anhand seiner zeitgenössischen Artikel aus der Schulreformzeit der 1970er Jahre die Aufbrüche dieser Epoche wieder lebendig gemacht. Auf dem wissenschaftlichen Fundament einer kritischen pädagogischen Soziologie und einer emanzipatorisch orientierten Pädagogik aufbauend, entsteht so das Bild einer linken Bildung und Bildungspolitik, die eine Reformära in Österreich geprägt hat, heute ein besseres Verständnis der Gegenwart ermöglicht und Grundlagen für eine neuerliche Formulierung linker Positionen von Bildungsfragen im 21. Jahrhundert aufzeigt.
 
AUS DEM INHALT
 
Einleitung
Oskar Achs
Von Wirklichkeiten und Möglichkeiten 9
Erlebte Schulgeschichte
Kindheit in der NS-Zeit 19
Lehr- und Arbeitsjahre mit Hermann Schnell 25
Was war, was bleibt - Ein Gespräch mit Norbert Kutalek
aus Anlass seines 80. Geburtstages 30
Wege zu einem progressiven Unterricht
in der Schulreform der 1970er Jahre
Aspekte emanzipatorischen Unterrichts 37
Probleme der politischen Bildung 45
Schulbuchkritik offenbart heimlichen Lehrplan 51
Grundsätzliche Probleme einer Lehrplanreform 56
Was leisten Schulversuche? 63
Bausteine zur Theorie einer linken Bildung
Schule und Gesellschaft 69
Gleichheit und Bildung 74
Milieu und Vererbung 84
Bildungsreform und Gesellschaftsreform 89
Beispiele zu einer kritischen Pädagogischen Soziologie
Österreichs Schule im Jahr 1990:
Ein egalitäres oder elitäres Bildungssystem? 97
Der Schüler Gerber in der Grundschule 104
"Eine demokratische Gesamtschule für das Volk" -
Eine Stellungnahme im Jahr 1976 106
Die Krise der Mittelstufe 109
Der Einfluss der Ausbildung auf Vierzehn- bis Siebzehnjährige 113
Fragen der Lehrerbildung an Pädagogischen Akademien 118
Zur Soziologie der Lehrer/innen 122
Schulpolitische Analysen und sozialdemokratische Positionen
Beitrag zu einem sozialistischen Leitbild vom Menschen 129
Zur Frage der sozialistischen Erziehung 140
Zur ideologischen Situation des sozialistischen Lehrervereins
und der sozialistischen Lehrer/innen 148
Die gemeinsame Schule verwirklichen! Anmerkungen
zur Gesamtschul-Diskussion zu Beginn des 21. Jahrhunderts 151
Zeitzeugen berichten
Helmut Bachmann: Politische Bildung - ein Prinzip
emanzipatorisch-kritischer Lehrer- und Lehrerinnenausbildung 163
Josef Pammer: Ein grundsatztreuer und eigenständiger Denker 165
Manfred Teiner: Rückblenden 167
Michael Sertl: Gleichheit verwirklichen
oder Ungleichheit verringern? 171
Wilhelm Haberzettl: Erwachsenenbildung im Interesse
der Arbeitnehmer 175
Ausblick
Linke Bildungspolitik heute 179
Norbert Kutalek - Lebensdaten 182
REZENSION - Kurt Scholz in FALTER 42/13
 
Wider den Alzheimer in der Bildungspolitik
 
Der Wiener Bildungsreformer Norbert Kutalek ruft in Erinnerung, welches progressive Erbe Österreich bei der Schulpolitik vorzuweisen hätte
 
Zu den zahllosen Versäumnissen der österreichischen Bildungspolitik gehört ihre Geschichtslosigkeit. Während die bahnbrechenden bildungspolitischen Leistungen Wiens in den Jahren 1918 bis 1934 in Ausstellungen mehr beschworen als aktuell nachvollzogen werden, sind die Leistungen emanzipatorischer Pädagoginnen und Pädagogen nach 1945 sträflicherweise in Vergessenheit geraten.
Wer keine Vorbilder kennt, empfindet sich selbst als einmalig – dieser Satz könnte als Titelzeile über den Schuldebatten der letzten Jahrzehnte stehen. So wie sich demente Personen eher an weit Zurückliegendes erinnern als an das, was in der jüngeren Gegenwart passiert ist, loben sozialdemokratische Bildungspolitiker lieber die kurze Reformperiode der 1920er- und frühen 1930er-Jahre, als sie zum Maßstab für die Gegenwart zu nehmen.
Das Vergangene wird in Ausstellungen gerühmt und zur Ikone erhoben. Gleichzeitig werden die unangenehmen Anstöße, die Bildungssoziologen und linke Intellektuelle in den letzten Jahrzehnten immer wieder gemacht haben, verdrängt.
Diese spezielle Form der pädagogischen Erinnerungslosigkeit führt dazu, dass sich die Bildungspolitik ständig mit scheinbar neuen Problemen konfrontiert sieht, hinter denen sich alte, ungelöste Fragen verbergen.
 
Es hat sich nichts geändert
In diesem Zusammenhang ist es ein besonderes Verdienst, bahnbrechende bildungssoziologische Beiträge aus der Reformzeit der 1970er-Jahre neu herauszugeben. Der soeben 80 Jahre alt gewordenen linke Intellektuelle Norbert Kutalek ragt als Wissenschaftler und Pädagoge wie ein Fels aus den Schuldebatten der Zweiten Republik heraus. Weitgehend unbemerkt von den universitären Erziehungswissenschaften war er es, der die Pädagogische Soziologie in Österreich zu einem Lehrfach gemacht hat.
Dass ihm dazu "nur" die Tribüne der Pädagogischen Akademie in Wien geboten wurde, während die klassischen Universitäten weitgehend abseits standen und eine abstrakte pädagogische Ideenlehre praktizierten, ist kein Ruhmesblatt der österreichischen Bildungswissenschaft.
In Kutaleks Aufsätzen entsteht das Bild einer linken Bildungspolitik, die eine Reformära in Österreich geprägt hat. Ausgehend von der eigenen Biografie – sein Vater war Kellner, die Mutter Hausgehilfin, in der Familie herrschte Not – hat er stets die sozial benachteiligten Kinder in den Mittelpunkt gestellt.
Fast im Alleingang erbrachte er von den 1960ern an die empirischen Nachweise, dass bei gleichem Intelligenzquotienten die Bildungsabschlüsse je nach sozialer Schichtzugehörigkeit sehr stark differenzieren. Kutalek war in der Sinowatz’schen Reformperiode eine intellektuelle Leitfigur und ein Liebling der pädagogischen Linken.
Dass seine damaligen Aufsätze heute noch aufrüttelnd wirken, ist ein Zeichen dafür, dass sich an den Grundproblemen unseres Bildungswesens nichts Grundlegendes geändert hat.
 
Der Bildungsadel aus Döbling
Die nunmehr vorliegende Auswahl seiner Schriften zeigt, wie bestürzend aktuell die kritischen Befunde der pädagogischen Soziologie geblieben sind. Ein Bildungswesen, in dem der Sozialstatus der Eltern das entscheidende Kriterium für die Schullaufbahn der Kinder ist, das die Über- und Unterordnung in einer Gesellschaft von einer Generation auf die nächste vererbt, in dem die Verteilung von Macht und Ohnmacht unkritisch prolongiert wird, das kaum emanzipatorisch und zu selten kompensierend wirkt, in dem Einfalt und nicht Vielfalt wirken, begibt sich in die Nähe des organisierten Zynismus. Weil es täglich auf Begabungsressourcen verzichtet, kann es nicht zukunftstauglich sein.
Schon vor Jahrzehnten hat Kutalek gezeigt, wer in Österreich über die Schulkarrieren der Kinder entscheidet: Es ist der Storch. Bringt er das Kind in das richtige Nestchen, etwa die Wiege eines Akademikerhaushalts in Wien-Döbling, wird das Neugeborene die Matura machen: Die Wahrscheinlichkeit liegt jenseits der 95 Prozent.
Bringt er es in eine Migrantenfamilie, wird das Kind des Arbeiters wieder Arbeiter werden. Die Wahrscheinlichkeit eines Studienabschlusses liegt bei gleicher Begabung unter fünf Prozent. Verglichen mit der wortreichen Inhaltsleere der Gegenwart sind Kutaleks Schriften ein bleibender kritischer Maßstab.

Details

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Kutalek, Norbert
Verfasser*innenangabe: Norbert Kutalek. Hrsg. von Oskar Achs
Jahr: 2013
Verlag: Wien [u.a.], Lit-Verl.
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Systematik: Suche nach dieser Systematik PN.AG
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ISBN: 978-3-643-50488-3
2. ISBN: 3-643-50488-8
Beschreibung: 181 S.
Beteiligte Personen: Suche nach dieser Beteiligten Person Achs, Oskar
Sprache: Deutsch
Fußnote: Literaturangaben
Mediengruppe: Buch