Original-Verlagsinfo
Aus alltäglicher Erfahrung wissen wir: Es ist schwer, sich gegen eine Gewalt zu wehren, die nicht zuschlägt, die keine Blutspur hinterlässt und doch verletzt. Verachtung beispielsweise trifft tief, aber wie soll man darüber sprechen? Seelische Gewalt nähert sich unauffällig in Worten und Gesten. Sie erniedrigt, sie nimmt die Selbstachtung, sie macht hilflos und sie kann die Betroffenen zur Selbstauslöschung treiben. Marie-France Hirigoyen beleuchtet ein Problem, das gerne vertuscht wird: wie Personen durch die Zerstörung von anderen ihr eigenes Ego erhöhen. In der Gier nach Bewunderung und Anerkennung müssen sie andere ›zerbrechen‹, herabwürdigen, um Achtung vor sich selbst zu gewinnen. Die Autorin zeigt mit zahlreichen Fallbeispielen, wie verbreitet seelische Gewalt in der Ehe, am Arbeitsplatz, in der Familie ist, ja wie unsere ganze Gesellschaft von dieser Umgangsform durchdrungen ist.
Die Autorin
Marie-France Hirigoyen studierte Medizin und Viktimologie in Frankreich und USA und praktiziert als Psychoanalytikerin und Familientherapeutin in Paris. Ihr Buch hat in ihrer Heimat eine heftige und anhaltende öffentliche Diskussion ausgelöst.
Rezension: "Subtile Quälereien im Alltag"
Endlich ein Buch, das die Tatsachen beim Namen nennt, das die gut getarnten alltäglichen Quälereien aufdeckt. Ein wertvolles Buch für all jene, die ahnen, dass Macht über sie ausgeübt wird. Macht im ganz subtilen Sinn. Macht, die kaum nach aussen sicht- oder spürbar ist. Macht, die lähmt, verändert, tötet.
Die Autorin spricht eine deutliche Sprache, wenn sie manche Täter als Perverse bezeichnet. Sie zieht klare Linien zwischen gesunden und kranken Aktionen. Durch viele Beispiele wird der Vorgang der Machtausübung von einer Person über eine andere veranschaulicht, sowohl im privaten wie auch im beruflichen Leben. Es wird aufgezeigt, nach welchen Kriterien ein Opfer ausgewählt wird, wie es durch den Täter sukzessive destabilisiert wird. Blauäugig tappt das Opfer in die Falle, weil es sich nicht denken kann, dass PartnerIn, ChefIn, Mutter, Vater oder Kind so hinterhältig berechnend handeln kann.
Alle Schuld sucht das Opfer bei sich, fragt sich, mit welchem Verhalten es den andern zu solchen Reaktionen reizt, und bemerkt dabei nicht mehr, dass es dessen Aktionen sind. Dieses Buch bietet Betroffenen die Möglichkeit, genau hinzusehen. Vielleicht das erste Mal zu hören, dass es solche Machtübergriffe gibt, dass nicht sie spinnen, wie sie vielleicht jahrelang der festen Überzeugung waren, sondern, dass sie bis in ihre Grundmuster manipuliert worden sind. Sie finden in diesem Buch zu ihren Empfindungen und Intuitionen zurück. Sie lernen wieder zwischen Perversion und normalem zwischenmenschlichem Verhalten zu unterscheiden. Ein Buch, das Mut macht, sich aus diesen Fängen zu lösen. Das Mut macht, den Schritt zu sich zu wagen. Die durch den deutschen Titel des Buches aufkeimende Hoffnung, patente Hilfe, Rezepte zu finden, wird jedoch nicht erfüllt. Denn, es scheint ein langer Weg aus der Abhängigkeit zu sein. Es wird aber deutlich, dass es enorm wichtig ist, die Therapieform und die TherapeutIn sorgfältig auszuwählen.
Sollte eine TherapeutIn, was noch immer häufig vorkommt, auf die Schilderungen erwidern, das sei wohl ein Überreagieren; oder man würde gar einen Lustgewinn aus den Quälereien ziehen, dann ist die Therapiestelle sofort zu wechseln. Denn zur Heilung der Verletzungen durch seelische Gewalt gehört an erster Stelle ein Mensch, der wahrzunehmen weiss, der die Strukturen eines Perversen erkennt und demzufolge verstehen kann, dass das Opfer sich nicht anders geben konnte, als wie es gehandelt hat.
Ursula Maerz
in: Intra - Psychologie und Gesellschaft
/ AUS DEM INHALT: / / /
Einführung 9
I
Die perverse Gewalt im Alltag
1Die private Gewalt 23
Die perverse-Gewalt gegenüber dem Lebenspartner 23
Die Herrschsucht 23
Die Gewalt 30
Die Trennung 42
Die seelische Gewalt in den Familien 51
Die mittelbare Gewalt 52
Die unmittelbare Gewalt 59
Der latente Inzest 66
2Die Gewalt am Arbeitsplatz 68
Worum geht es? 69
Wer wird aufs Korn genommen? 72
Wer greift wen an? 73
Ein Kollege greift einen anderen Kollegen an 74
Ein Vorgesetzter wird vom Untergebenen
angegriffen 78
Ein Untergebener wird von einem Vorgesetzten
angegriffen 79
Wie man ein Opfer daran hindert zu reagieren 80
Das Verweigern unmittelbarer Kommunikation 81
Herabwürdigen 82
Diskreditieren 83
Isolieren 83
Schikanieren 85
Den anderen zu einem Fehler verleiten 85
Sexuelle Belästigung 85
Der Ansatzpunkt des Quälens 87
Der Machtmißbrauch 87
Die perversen Machenschaften 91
Das Unternehmen, das gewähren läßt 99
Das Unternehmen, das die perversen Methoden
geradezu fördert 105
II
Die perverse Beziehung und die Protagonisten
3Die perverse Verführung 115
4Die perverse Kommunikation 121
Die unmittelbare Kommunikation verweigern 121
Die Sprache entstellen 123
Lügen 126
Mit Sarkasmus, Spott und Verachtung umgehen 128
Vom Paradox Gebrauch machen 132
Herabsetzen 136
T r e n n e n , u m besser herrschen zu k ö n n e n 1 3 7
Seine Herrschaft aufzwingen 139
5Die perverse Gewalt 143
Der Haß wird gezeigt 143
Die Gewalt wird ausgeübt 146
Der andere wird in die Enge getrieben 149
6Der Aggressor .' 152
Die narzißtische Perversion 152
Der Narzismus 154
Der Übergang zur Perversion 156
Der Größenwahn 157
Die Vampirwerdung 159
Die Unverantwortlichkeit 162
Die Paranoia 164
7Das Opfer 166
Das Opfer als Objekt, 166
Weshalb wurde es ausgewählt 167
1st es Masochismus? 169
Seine Skrupel 172
Seine Vitalität 175
Seine Durchsichtigkeit 176
III
Folgen für das Opfer und Übernahme der Verantwortung
8Die Folgen der Phase des beherrschenden
Einflusses 182
Der Verzicht 182
Die Verwirrung 183
Der Zweifel 184
Der Streß 186
Die Angst 187
Die Vereinsamung 188
9Die längerfristigen Folgen 190
Der Schock 190
Die Dekompensation 191
Die Trennung 194
Die spätere Entwicklung 196
10Praktische Ratschläge für Paare und Familien 201
Erkennen 201
Handeln 203
Innerlich widerstehen 203
Die Justiz einschalten 204
11Ratschläge für Unternehmen 207
Erkennen 207
Unterstützung finden innerhalb des Unternehmens 208
Psychisch widerstehen 209
Handeln 212
Die Justiz einschalten 214
Das seelische Quälen 214
Die sexuelle Belästigung 216
Die Vorbeugung ausbauen 217
12Die Betreuung der Opfer als Patienten 219
Wie heilen? 219
Die Wahl des Psychotherapeuten 219
Die Perversion beim Namen nennen 221
Sich befreien 222
Sich frei machen von Schuldgefühl 223
Herausfinden aus dem Leiden 226
Heilen 227
Die verschiedenen Psychotherapien 229
Die kognitiven Verhaltenspsychotherapien 229
Die Hypnose 231
Die systemischen Psychotherapien 232
Die Psychoanalyse 234
Schlußbemerkung 236
Bibliographie 239