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Alm-Rausch

die Alltagstragödie hinter der Freizeitmaschinerie
Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Schönberger, Alwin
Verfasser*innenangabe: Alwin Schönberger. Mit einem Prolog von Franz Mitterer
Jahr: 1994
Verlag: Wien, Ueberreuter
Mediengruppe: Buch
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Inhalt

Für Millionen Deutsche liegt der Himmel auf Erden im Geviert zwischen Kitzbühel und St. Anton, Kufstein und Sölden. Sein Name: Tirol.
Ein seltsames Paradies. Postkartenständer und Souvenir-Regale säumen die Straßen, Pappkameraden stehen Reklame für hochprozentigen Stroh-Rum. Aus Lautsprechern dudeln Maria Hellwig und Phil Collins um die Wette. Jede Menge „Zimmer frei“-Schilder prangen auf massigen Betonbauten, die mittels Holzbalkonen und breiten Dächern auf alpenländisch getrimmt sind.
Hinter den Tennisplätzen und dem Großparkplatz der Seilbahn beginnen die Almwiesen. Braungraue Schotterfelder zeigen an, wo im Winter Pistenwalzen und Skikanten besonders tüchtig am Werk waren.
Tourismus-Weltmeister: Notdürftig als Bergbauerndörfer getarnt, lauern die Profit-Center der österreichischen Freizeitindustrie auf Kundschaft. Jeder der 7,6 Millionen Österreicher beherbergt im statistischen Mittel jährlich 16 Tage lang einen Gast – damit ist die Alpenrepublik Tourismus-Weltmeister. Auf die rund 600 000 Tiroler kamen 1993 gar 45 Millionen Urlauber-Übernachtungen – 75 pro Einwohner.
Schon regt sich Widerstand gegen die Invasionstruppen. Meinungsumfragen in den Bundesländern Tirol und Salzburg ergaben eine wachsende kritische Einstellung zum Massentourismus. Im Salzburgischen sprachen sich zuletzt 52 Prozent der Befragten für weniger Gäste aus; 1987 waren es lediglich 23 Prozent gewesen.
Doch eine Erkenntnis galt bisher als so felsenfest wie der Großglockner: daß der Fremdenverkehr den Bewohnern der Alpentäler letztlich Wohlstand und Zufriedenheit beschere.
Nun gerät auch dieses zentrale Dogma der alpinen Reisebranche ins Wanken.
„Eindeutige seelische Flurschäden“ hat Albert Lingg, Leiter der Vorarlberger Nervenheilanstalt Valduna, unter der tourismustreibenden Bevölkerung ausgemacht: „Nach dem Goldrausch haben wir jetzt den Katzenjammer.“ Die Selbstmordrate in Fremdenverkehrsgebieten liege 50 Prozent über dem Landesdurchschnitt. „Almrausch“ heißt die Horror-Chronik, die der Wiener Autor Alwin Schönberger, 26, vor kurzem über die Zustände im österreichischen Tourismus veröffentlichte und die in der Alpenrepublik einiges Aufsehen erregt hat. Vor allem gegen Ende einer Saison seien die Einheimischen „ausgelaugt, haben Angstzustände, Erschöpfungen, zum Teil echte körperliche Krankheiten“. Weil der Erwerb nur in Ausnahmefällen zulässig war, haben sie vielfach Umgehungsgeschäfte getätigt. Etwa 20 000 Deutsche sollen sich allein in Tirol illegal Häuser oder Wohnungen zugelegt haben. Sie schlossen Mietverträge auf 100 Jahre ab, ließen sich von betagten Dörflern gegen Cash als Erben einsetzen oder traten undurchsichtigen GmbHs bei.
Nun wurde ein scharfes Gesetz gegen den Zweitwohnungsbau und -erwerb verabschiedet; die Grundverkehrsbehörde überprüft alle verdächtigen Verträge. Ziel: Rückgabe der Immobilien (zum einstigen Preis) und Verkauf oder Vermietung an Einheimische. Baulandmangel und Wohnungsnot haben die Zweitwohnungsfrage zum Politikum werden lassen.
„Ein Durchschnittsverdiener kann sich hier eine normale Wohnung nicht mehr leisten“, klagt Bettina Schimetschek, die für die Grünen in der Stadtregierung von Kitzbühel sitzt und eine Reihe von krummen Deals aufgedeckt hat. „Uns schickt man in die Sozialwohnungen, die an den schattigsten, lautesten, grausigsten Plätzen gebaut werden.“ Landesweit macht sich auch unter Hoteliers, Pensionswirten und Liftbetreibern Unruhe breit. Zwischen 1982 und 1992 hat sich die Verschuldung der Fremdenverkehrsbranche mehr als verdoppelt – auf umgerechnet 15 Milliarden Mark. Viele Betriebe arbeiten nur noch für die Banken. „Wirklich verheerend“, meint Autor Schönberger, „wird es erst dann, wenn die Reisenden die Kitschkulisse, die ihnen als Rustikalität verkauft wird, eines Tages satt haben und nicht mehr kommen. Dann hat man ein ganzes Land umgeackert, eine jahrhundertealte Kultur ausgelöscht und steht in einer neuen Welt, die keiner haben will.“ Womöglich ist diese Zeit nicht mehr fern.

Details

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Schönberger, Alwin
Verfasser*innenangabe: Alwin Schönberger. Mit einem Prolog von Franz Mitterer
Jahr: 1994
Verlag: Wien, Ueberreuter
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Systematik: Suche nach dieser Systematik GS.OA
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ISBN: 3-8000-3499-9
Beschreibung: 175 S.
Schlagwörter: Tourismus, Österreich, Austria (eng), Autriche, Bundesstaat Österreich, Cisleithanien, Deutschösterreich, Die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder <Österreich>, Fremdenverkehr, Habsburgermonarchie, Habsburgerreich, Land Österreich, Ostmark, Republik Österreich, Touristik <Fremdenverkehr>, Zisleithanien, Österreich (Erste Republik), Österreich (Zweite Republik), Österreichische Monarchie
Beteiligte Personen: Suche nach dieser Beteiligten Person Mitterer, Franz
Abweichender Titel: Almrausch
Mediengruppe: Buch