Unter den Essstörungen nimmt die Bulimie eine Sonderstellung ein, da an ihr Erkrankte im Unterschied zur Anorexie und Adipositas vom Leibesumfang her unauffällig bleiben. Insofern handelt es sich um eine »heimliche« Essstörung, die Ausdruck einer Beziehungsphobie ist. Diese lässt sich nachweisen, wenn man den Verlauf des Symptoms, ausgehend vom Planen eines Essanfalls bis hin zum Befinden der Patienten nach dem Erbrechen, untersucht. Entstehung und defensive Funktion des Hungers sind ebenso Gegenstand der Analyse wie die sich im Verlauf des Anfalls ändernde Bedeutung der Nahrung.
Die Anamnese zeigt, dass es sich bei der Bulimie nicht ausschließlich um eine Erkrankung der Pubertät handelt, dass sie vielmehr bereits in der Kindheit angelegt wird und dort in beträchtlichen Symptomen ihre Vorgeschichte hat, denen sich später das Esssymptom anfügt, sodass es gerechtfertigt ist, vom »bulimischen Syndrom« zu sprechen. Die Funktion der Kranken in der Familie, die pathogene Bedeutung der Mutter- und Vaterimagines und die damit verbundenen Komplikationen in der späteren Objektwahl und der Sexualität stehen bei der Untersuchung der Ätiologie im Vordergrund.
AUS DEM INHALT
Vorwort 9
DER ESSANFALL 11
I. Einleitung 11
II. Der Symptomverlauf 14
III. Die Auslösesituation 24
IV. Der "Hunger" 32
Die Spannung und das "Nirwanaprinzip" 34
Die Funktion des "Hungers" 38
Die traumatische Reizwirkung 45
Die Introjektion SO
Der Ausfall der Affektbewältigung 54
Zwei Phasen der Spannungsverarbeitung 64
Eine zentrale Funktion des Eßanfalls:
die Externalisierung 70
V. Die Bedeutung der Nahrung 85
Die Idealisierung der Nahrung 86
Die Entwertung der Nahrung 98
VI. Das Überich / Ichideal 104
Das regressiv personifizierte Überich 105
Der Aufstand gegen das Überich 111
VII. Die Dissoziation 131
Das bulimische wahre Selbst 134
Die metaphorische Darstellung des
bulimischen wahren Selbst 149
DASERBRECHEN 157
I. Die Folgen des Eßanfalls 157
II. Die Rückkehr des Überichs 171
III. Die Psychodynamik des Erbrechens 177
Das Emetikum und die Erbrechtechniken 182
Der Kampf mit dem Introjekt 186
Der Triumph über das Introjekt 192
Die Fäkalisierung, das Ungeschehenmachen
und die Reinheit 195
Das Schicksal des bulimischen wahren Selbst 209
IV. Die Pseudologie und die Kleptomanie 218
V. Das orale Ordal 236
VI. Die Folgen des Erbrechens 251
Die mangelhafte Integration der Analität 253
Die Assimilationsstörung 256
Die brüchige Objektkonstanz 265
Die Imitation des Aggressors 269
PSYCHOGENESE 273
I. Einleitung 273
II. Die "Bulimie-Mutter" 277
III. Die Mutter-Kind-Dyade 282
Die Funktionalisierung und die Kindimago 282
Das Kind als Container 298
Die Mutter als
"projective-identification-rejecting-object" 300
Die Intrusion 305
Der "osmotische Druck" und
die Konstitution des Selbst 312
Das "schmutzige" Kind 316
Die Beinträchtigung des oral-analen
Narzißmus des Kindes 319
Die Symbiose und die "asymbiotische" Distanz 322
Die Überforderung des Kindes 333
Das "gierige" Introjekt 340
Die selektive Zuwendung und die
Dissoziation im (Körper-)Selbst 343
IV. Die Symptome der Kindheit 351
V. Der "Bulimie-Vater" 363
Der "schwache" Vater und seine Funktion 368
Der Wunschvater 376
Die Enttäuschung über den Vater 384
VI. Die verhinderte Triangulierung 395
Die "hilflosen" Eltern 400
VII. Die Pubertät und Adoleszenz 405
Das Körperbild 405
Der Wunsch nach einem männlichen Körper 413
Die Sexualität und die Sexualisierung 424
Der Beginn der Eß-Erbrechanfälle 437
Bibliographie 443