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Geschichte des Bürgertums

eine Einführung
Verfasser: Suche nach diesem Verfasser Schäfer, Michael
Verfasserangabe: Michael Schäfer
Jahr: 2009
Verlag: Köln [u.a.], Böhlau
Mediengruppe: Buch
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Inhalt

Darstellung der Entwicklung und Wandlung des Bürgertums in Deutschland seit der mittelalterlichen Stadt bis zur Gegenwart sowie der verschiedenen Interpretationen von Historikern und Gesellschaftswissenschaftlern. - Die große Stärke des Buchs ist, dass es ihm gelingt, selbst dem Anfänger verständlich zu machen, wo genau die Unterschiede zwischen einem Verständnis des Bürgertums als gesamtgesellschaftlicher Klasse à la Bielefeld und der Frankfurter Betrachtung des Bürgertums als Weiterentwicklung der städtischen Bürgergemeinde liegen. Dazu dienen häufiger eingeschobene „Textmodule“, die zentrale Forschungskonzepte, Begriffe und Kontroversen knapp auf den Punkt bringen und Forschungsentwicklungen pointiert skizzieren, ohne in verwirrende Detailberichte zu entgleiten. Aber auch der Fließtext bemüht sich stets, unterschiedliche Perspektiven etwa auf die Entwicklung eines bürgerlichen Selbstverständnisses im frühen 19. Jahrhundert oder die Bedeutung der städtischen Bühne für die Durchsetzung bürgerlicher Utopien und Ideale aufzuzeigen. Schäfers Text lebt so von der Spannung zwischen Bielefelder und Frankfurter Ergebnissen, die den chronologischen Abriss akzentuieren und zunächst einmal nebeneinander präsentiert werden. Angesichts der Konzentration der Frankfurter Forschung auf das frühe 19. Jahrhundert zwingt allerdings schon der lange Bogen ins ausgehende 20. Jahrhundert, den das Buch spannt, zu einer zunehmenden Konzentration auf Bielefelder Fragestellungen nach Sonderweg und Versagen der deutschen Bürger. Insofern schildert Schäfer trotz allem eher ein „Bielefelder Bürgertum“.
Gegliedert ist die Einführung in sieben Kapitel, von denen das erste knapp die Vorgeschichte des Bürgertums in Antike, Mittelalter und Früher Neuzeit präsentiert, bevor die Kapitel zwei bis fünf ausführlich das „bürgerliche Zeitalter“ im 19. Jahrhundert in den Blick nehmen. Die letzten beiden Kapitel berichten von einem Bürgertum in Krise, Wandel und Zerfall zunächst nach dem Ersten, dann nach dem Zweiten Weltkrieg. Den groben Orientierungsrahmen setzt die Geschichte der großen Politik, in die soziale, wirtschaftliche und kulturelle Aspekte der Formierung des Bürgertums eingeschoben werden. Der Hauptteil etwa beginnt mit der Aufklärung und behandelt die Entstehung einer bürgerlichen Öffentlichkeit und des Ideals einer „bürgerlichen Gesellschaft“, bevor dem Leser die Formierung eines „Neuen Bürgertums“ durch Auflösungsprozesse der alten ständischen Gesellschaft vor Augen geführt wird. Danach tritt das Bürgertum als Akteur im 19. Jahrhundert in Erscheinung: Von der Amerikanischen und Französischen Revolution aus richtet sich der Blick auf Reformprozesse in Deutschland, auf die Beziehungen zwischen Bürgertum und Liberalismus bis hin zur Rolle der Bürger in der Revolution von 1848/49 und im Kaiserreich von 1871. Das alles liest sich bisweilen wie eine Einführung in die deutsche Geschichte, weil wenig vorausgesetzt und viele grundlegende Strukturen und Ereignisse knapp und präzise aufbereitet werden. Für spezifische Fragen, wie etwa ob der Zusammenhalt der bürgerlichen Elite eher über soziale Prozesse oder die kulturelle Praxis der Bürger geschaffen wurde oder inwiefern das Kaiserreich in der Rückschau als bürgerlich zu beschreiben ist, bleibt dennoch ausreichend Raum.
Mit Blick auf aktuelle Debatten ist vor allem der abschließende dritte Teil der durchweg gelungenen Einführung von Interesse. Schäfer diskutiert hier, worin die Geschichte des Bürgertums im 20. Jahrhundert bestehen könnte. Er hält sowohl eine Geschichte der bürgerlichen Ober- und Mittelschichten, orientiert an der Frage nach der Kontinuität ihres sozialen Zusammenhalts und ihrer gesellschaftlichen Führungsrolle, als auch eine Geschichte bürgerlicher Idealvorstellungen jenseits der Bindung zivilgesellschaftlicher Werte an soziale Schichtungen für möglich. Beide Aspekte verfolgen das sechste und siebte Kapitel: Verbunden mit der Schilderung der Krise des Bürgertums in der Weimarer Republik und seiner Verstrickung in den Nationalsozialismus werden Auflösungsprozesse des „alten“ Bürgertums der Kaiserzeit, aber – ganz im Sinne jüngerer „Bielefelder“ Positionen – auch die Wahrung elitärer Führungspositionen durch (wirtschafts-)bürgerliche Kreise bis weit ins 20. Jahrhundert beschrieben. Vgl. etwa Hans-Ulrich Wehler, Deutsches Bürgertum nach 1945. Exitus oder Phönix aus der Asche?, in: Geschichte und Gesellschaft 27 (2001), S. 617-634; Jürgen Kocka, Unternehmer in Deutschland seit 1945, Bochum 2002. Bürgerliche Werte und Normen erlebten nach dem völligen Niedergang unter der NS-Diktatur nach 1945 in der Bundesrepublik eine Renaissance, mussten sich aber gegen verschiedene Wellen antibürgerlicher Kritik behaupten. So endet die Einführung mit Blick auf die 68er-Bewegung und Prozesse der sozialen Nivellierung („Mittelstandsgesellschaft“) bei gleichzeitiger „Verbürgerlichung“ früher sozial-moralisch distinkter Unterschichtmilieus.

Details

Verfasser: Suche nach diesem Verfasser Schäfer, Michael
Verfasserangabe: Michael Schäfer
Jahr: 2009
Verlag: Köln [u.a.], Böhlau
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Systematik: Suche nach dieser Systematik GS.OI
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ISBN: 978-3-8252-3115-6
2. ISBN: 978-3-412-20165-4
Beschreibung: 274 S.
Schlagwörter: Bürgertum, Geschichte, Bourgeoisie, Bürgerliche Klasse, Landesgeschichte, Ortsgeschichte, Regionalgeschichte, Zeitgeschichte
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Mediengruppe: Buch