Nach Beendigung des Studiums kehrt Arkadij Kirsanow, begleitet von seinem Freund und Mentor Jewgenij Basarow, auf das heimatliche Gut seines Vaters Nikolaj Kirsanow zurück. Der alte Kirsanow und sein Bruder, der aristokratische Pawel Kirsanow, stehen den Ansichten des sich zum »Nihilismus« bekennenden Mediziners und Naturwissenschaftlers Basarow verständnislos und ablehnend gegenüber. Auf ihrer Reise durch das Gouvernement besuchen Arkadij und Basarow das Landgut der klugen und anziehenden Witwe Anna Odinzowa. Während Arkadij allmählich ihrer jüngeren Schwester Katja näher kommt, ist Odinzowa von der Persönlichkeit Basarows fasziniert, reagiert jedoch abweisend auf seine Liebeserklärung. In Arkadijs Begleitung besucht der aus dem seelischen Gleichgewicht geratene Basarow seine Eltern, hält es bei ihnen aber nur drei Tage aus. Nach der Rückkehr auf das Gut der Kirsanows kommt es zum ernsthaften Konflikt und zum Duell zwischen Basarow und Pawel Kirsanow, wobei Letzterer leicht verwundet wird. Basarow kehrt in sein Elternhaus zurück; auf dem Weg dorthin besucht er die unverändert kühle und unnahbare Odinzowa. Zuvor schon hat sich Arkadij erneut zum Gut der Odinzowa begeben, um erfolgreich um Katjas Hand anzuhalten. In seinem Heimatort infiziert sich Basarow bei der Leichenöffnung eines Typhuskranken und stirbt wenige Tage später.
Im Mittelpunkt des Romans steht die Figur des »Nihilisten« Basarow, der die Idee der »vollständigen und gnadenlosen Verneinung« der kulturellen und politischen Autoritäten sowie moralischen Werte vertritt. Er vertraut einzig auf empirisch überprüfbare Fakten der Naturkunde; alles, was nicht in ihren Kategorien erfasst werden kann, wird von ihm als »Romantik« und Geschwätz abgeleht – Poesie, Kunst, Musik, Philosophie, aber auch Naturschönheit, sittliche Grundsätze und nicht zuletzt die Liebe, hinter der er nichts als physiologische Prozesse sieht. Die politische Konsequenz, die er aus seiner Haltung zieht, ist die Überzeugung, dass die althergebrachte Weltordnung von Grund auf zerstört werden muss, bevor sie neu aufgebaut werden kann. Basarow ist selbstbewusst, willensstark und bereit, seine Ideen kompromisslos umzusetzen. Dennoch scheitert er an den inneren Widersprüchen seines Charakters: Ausgerechnet er, der die Liebe zu verneinen meinte, verliebt sich in die Odinzowa – ein Erlebnis, das in ihm wachsende Zweifel an dem Sinn seiner politischen Tätigkeit aufkommen lässt.
Turgenjew verfasste Väter und Söhne 1861, im Jahr der Aufhebung der Leibeigenschaft in Russland. Die Handlung des Romans ist 1859, am Vorabend dieser viel diskutierten und überfälligen Reform angesiedelt.
Der Titel des Buchs von Iwan Turgenjew steht nicht nur für einen Widerstreit der Generationen, sondern auch für einen gesellschaftlichen, kulturellen und weltanschaulichen Konflikt. Auf Seiten der »Väter«, denen sich der Autor selbst verbunden fühlt, stehen Vertreter einer liberalen, westeuropäisch orientierten Adelskultur, die Missstände in Russland durch vorsichtige Reformen unter Wahrung der traditionellen Werte beseitigen wollen. Mit den »Söhnen« dagegen wird ein neuer und zukunftsträchtiger sozialer Typus porträtiert – radikal-demokratisch gesinnte Vertreter des dritten Standes (der nichtadligen Intelligenz), die revolutionäre Veränderungen im Land anstreben.
(Das Buch der 1000 Bücher)
Verfasser*innenangabe:
Iwan Turgenjew. Aus dem Russ. von Angelo Pankow
Jahr:
2015
Verlag:
Köln, Anaconda
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Systematik:
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DR
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ISBN:
978-3-7306-0225-6
2. ISBN:
3-7306-0225-X
Beschreibung:
254 S.
Beteiligte Personen:
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Pankow, Angelo
Originaltitel:
Otcy i deti
Mediengruppe:
Buch