Als im Oktober 1929 Gustav Stresemann, der erfolgreiche Außenminister, starb, fragten sich die Zeitgenossen, wie es nun mit der Republik weitergeht. Gerade formierte sich eine faschistische Koalition, die 1933 dann an die Macht kam; Bauern warfen Bomben, die öffentlichen Haushalte litten unter wachsenden Defiziten, bald schien das parlamentarische System gelähmt. Demokratische Republik oder faschistischer Staat – so lautete ab dem Sommer 1930 die Alternative. Was folgte – der Aufstieg radikaler Kräfte, die Pulverisierung der bürgerlichen Milieus, der Aufruhr der Mittelschichten, die Selbstüberschätzung der Konservativen und Nationalisten, die sich einbildeten, Hitler zähmen zu können, Verelendung und Bürgerkriegsfurcht –, mündete in die verbrecherischste Diktatur des 20. Jahrhunderts. Jens Bisky erzählt, wie die Weimarer Republik in einem Wirbel aus Not und Erbitterung zerstört wurde. Es kommen Politiker und Journalisten der Zeit zu Wort, erschöpfte Sozialdemokraten, ratlose Liberale, nationalistische Desperados, Literaten, Juristen, Offiziere. Wie nahmen sie die Situation wahr? Welche Möglichkeiten hatten sie? – Das große Panorama einer extremen Zeit, die noch immer ihre Schatten auf die Gegenwart wirft. (Verlagstext)
Inhaltsverzeichnis:
Prolog: «Mehr als ein Verlust: ein Unglück!» 13
1. Bauern, Bomben, Desperados: Die Landvolkbewegung
und der neue Nationalismus 24
«Ein zentrales Aufruhrsignal»? Anschlag auf den
Reichstag 24 - Erschütterte Welt und rücksichtslose
Entschlossenheit: Die Bauernproteste 27 - ErnstJünger
freut sich auf eine Revolution 40
2.Am Rande des Aufruhrs: Republik des Übergangs 45
Jennys «Hoppla!» oder Der revolutionäre Zustand
der Welt 45 - Ins Nichts: Die Angst vor einem
Bürgerkrieg 49 - «Damalswurde Neues»: Die Deutung
des Krieges und der Niederlage 54 - «Weg damit!» Ein
Zeichen der Zeit? 63
3. Gegen den Young-Plan 70
Kundgebung im Herrenhaus mit Franz Seldte und Alfred
Hugenberg 70 - «Endgültige Liquidation des Krieges»:
Die Reparationsfrage 78 - «Nationale Aufpeitschung»:
Mit dem «Freiheitsgesetz» gegen das System 85
4. «Ekstase bürgerlicher Jugend»: Horst Wessel,
die Studenten und die SA 94
Schüsse in der Großen Frankfurter 94 - Gekränkter
Nationalprotestantismus und politisches Erwachen 96 -
«Der deutsche Geist braucht dringend Ventilation»:
Radikale Studenten 100 - Not und Statuspanik 104 -
In der Sturmabteilung 109
5. «Überdruß an derjetzigen Regierungsart»:
Der 27. März 1930 17
Ein Kabinett gibt auf 117 - Kampf gegen den
«Versorgungsstaat» 119 - Schwäche und Ohnmacht 125 -
Endspiel: Zwist innerhalb der Koalition 130
6. Das «Kabinett der Achtundvierziger» 135
Erster April 135 - Wer ist Heinrich Brüning? 138 -
Eine schwache Regierung 142 - Widerstand gegen die
Reichsautorität? Preußen als Problem 150 - «Die Schwere
dieser Stunde»: Notstand oder nicht? 160 - «Erst einmal
Weimar!» 163
7. Sommer 1930: Wahlkampf 168
Schlechte Stimmung 168 - «Wenn es sein muß,
durch die Erledigung unserer Gegner!» Das Beispiel
Thüringen 171 - Gärung unter den Bürgerlichen:
Vom Jungdeutschen Orden über die Staatspartei bis
zu den Volkskonservativen 183 - Nationale und soziale
Befreiung: Ein Programmaufruf der KPD 189 -
Gegen die Young-Parteien 193
8. Wie man ein Wahlergebnis versteht 199
Das Ergebnis: «ein Trümmerhaufen» 199 - «In der
Gefahrenzone»: Sortieren und deuten 204 - Zerstörung,
Aufstieg, Machteroberung: Die NSDAP als Partei der
Negation 211
9. Ein Gefühl von «Zeitwende» 217
Von Randalen in Berlin bis zur Machtaufgabe des Parlaments
am 18. Oktober 1930 217 - Die Armee und die Republik:
Reichswehroffiziere vor Gericht 227 - «Exzentrische
Seelenlage» und Politik als «Massenopiat»: Nobelpreisträger
im Beethoven-Saal 237 - «Im Westen nichts Neues»:
Nachspiel im Kino 244
10. Ein deutscher Zusammenbruch 249
«Es nenntsich Sanierung»: Wirtschaftlicher Niedergang
und der Wunsch nach nationalem Wiederaufstieg 249 -
«Hinter dem Stacheldraht der Schlichtungsausschüsse»:
Streit um Lohnsenkung, Preisabbau und staatlichen
Dirigismus 254 - Die Nationalsozialisten verlassen
den Reichstag 260 - Das Ganze steht auf dem Spiel:
Die unheimlichen Wochen von April bis August 1931 265
11. Gesellschaft in Not 280
«The German Grisis»: Der amerikanische Journalist
Knickerbocker reist durch Deutschland 280 - «Soziale
Hölle»: Der Verlust wirtschaftlicher Sicherung 290 - Nation
und Geltung, Halt und Sinn: Das nationalsozialistische
Versprechen 293
12. Aufmarsch zum letzten Kampf 299
«Todfeinde in unnatürlicher Paarung vereint»:
Volksentscheid gegen die Regierung Braun 299 - Am Bülowplatz: Warten auf den Bürgerkrieg 304 - Skandalszenen auf
dem Kurfürstendamm 308 - «Zeichen der Unentschiedenheit»: Brüning bildet eine neue Regierung 310 - Bad Harzburg: Die «Nationale Opposition» versammelt sich 317 -
Planspiele zur Machtergreifung 322
13. Verkehrte Fronten oder:
Hindenburg wird wiedergewählt 328
Jenseits von links und rechts: Die «dritte
Gemeinschaft» 328 - Wann ist die Grenze erreicht,
«über die hinaus man nicht zurückweichen darf»?
Die Reichspräsidentenwahlen 1932 334
14. Hundert Meter vor dem Ziel 349
Republik im Würgegriff: Das SA-Verbot und die Mobilmachung der Nation 349 - Strasserspürt eine Sehnsucht:
Die nationalsozialistische Taktik 357 - Dreieinhalb
Minuten: Die Instabilität des Regierungssystems 364
15. Sommer 1932: Machtergreifung in Preußen 369
Männer und Maßnahmen: Das «Kabinett der
Barone» 369 - Blankovollmacht oder: Vorbereitung
eines Staatsstreichs 380 - Stunde der Verschwörer: Der
20.Juli 389 - Unterschätzter Gegner: Der Weg in den
autoritären Staat 402
16. Zwischen zwei Wahlen 408
«Jetzt Taten!»: Der 31. Juli 408 - Einschüchterung, Gewalt,
Terror: Die «Soldaten des Kanzleranwärters» 412 -
«Alte Kriegskameraden»? Hitler bei Hindenburg 417 -
Die geistige Situation der Zeit oder «Wochenschau des
Rückschritts» 422 - Farce im Reichstag 425
17. Das Ende der Präsidialregierungen 430
Politischer Machtkampf? Der Staatsstreich vor dem
Staatsgerichtshof 430 - «Das Maß ist voll»: Der Streik der
Berliner Verkehrsarbeiter 436 - «Hitler schwer geschlagen!
Die Reichstagswahl im November 1932 441 -
Dialektische Demokratie und Revolution von rechts 443 -
Hindenburg verhandelt mit Hitler 450 - Der «soziale
General»: Das Kabinett Schleicher 456 -
Januar 1933 464
18. Eine deutsche Revolution 471
Regierung der Harzburger Front? 471 - Die doppelte
Verheißung: EinAbendessen mit Offizieren 478 -
Der Reichstag brennt 482 - Mehrheit für Hitler-PapenHugenberg: Die Reichstagswahl im März 1933 491
19. Auf dem Weg zum Ermächtigungsgesetz 495
«Der weitere Vollzug der nationalen Erhebung»: Die
«Einheit des Reiches» 495 - «Einstige Größe und
junge Kraft»: Schwarz-weiß-roter Mummenschanz in
Potsdam 499 - Verfolgung und Bedrängnis: Ermächtigung
für die Regierung 505
20. «Die Gleichschaltung von Aufbruch und
Untergang» 511
Die große Zeit 511 - Der Terrorfeldzug der ersten
Monate 516 - «Sind Sie arisch?» 523 -
Das Ende der Gewerkschaften und Parteien 529 -
Scheiterhaufen und Bekenntnisse 541
21. Meckerer, Mörder, Komplizen 548
Papen in Marburg und des Volkes Stimmung 548 -
Die Mordaktion vom 30. Juni 1934 557 -
Hindenburgs Tod 562
Schluss: Weimarer Verhältnisse 565
Anhang 581
Anmerkungen 582
Literatur 614
Personen 631
Dank 639
Bildnachweis 640