VERLAGSTEXT: Der Rechtsstaat bricht sein zentrales Versprechen. Das Versprechen lautet, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Aber sie sind nicht gleich. Das Recht hierzulande begünstigt jene, die begütert sind; es benachteiligt die, die wenig oder nichts haben. Verfahren wegen Wirtschaftsdelikten in Millionenhöhe enden mit minimalen Strafen oder werden eingestellt. Prozesse gegen Menschen, die ein Brot stehlen oder wiederholt schwarzfahren, enden hart und immer härter.
Ein Jurist packt aus. In einer beunruhigenden Reportage deckt der Jurist Ronen Steinke systematische Ungerechtigkeit im Strafsystem auf. Er besucht Haftanstalten, recherchiert bei Staatsanwälten, Richtern, Anwälten und Verurteilten. Und er stellt dringende Forderungen, was sich ändern muss. Systematische Ungerechtigkeit im Strafsystem Gerichtsverfahren wegen Wirtschaftsdelikten in Millionenhöhe enden mit minimalen Strafen oder oder werden eingestellt. Prozesse gegen Menschen, die ein Brot stehlen oder wiederholt schwarzfahren, enden hart und immer härter. Die Gründe dafür hängen mit den Gesetzen zusammen. Und mit dem, was die Gerichte heute aus diesen Gesetzen machen. Das mag man achselzuckend hinnehmen: Es gibt halt Oben und Unten. Wer Geld hat, der hat es überall leichter. Aber wenn sich der Rechtsstaat so etwas nachsagen lassen muss, dann ist das kein Recht. Es sind angespannte, gereizte Zeiten in Deutschland. Die sozialen Gegensätze verschärfen sich. Arm und Reich entfernen sich immer mehr voneinander. Und die Justiz steht mittendrin – und versucht, die Wogen zu glätten? Die Gleichheit zu verteidigen? Nein, sie macht leider mit beim Auseinandertreiben.
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Mit vielen anschaulichen Beispielen verdeutlicht der SZ-Journalist und promovierte Jurist, dass Geld- oder Gefängnisstrafen Menschen aus prekären Lebensverhältnissen im Vergleich oft deutlich stärker belasten, als Menschen mit gesicherter Existenz oder gar Großverdienende bzw. Konzerne.
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Inhalt
I. Anwälte: Je teurer der Verteidiger, desto unschuldiger wird der Angeklagte
1. »Die Angeklagte verteidigt sich selbst«: Ein guter Witz
2. Pflichtverteidiger: Nicht jeder bekommt einen Anwalt
3. Reichenanwälte, Armenanwälte und »Gerichtsnutten«
Il. Urtelle: Je prekärer die Lebensumstände, desto strenger entscheiden Richter
1. Das Whisky-Experiment: Wer Probleme in der Familie hat, wird härter bestraft
2.»Gewerbsmäßig«: Wer arm ist, wird eher als Berufsverbrecher eingestuft
3, »Sozialprognose«: Wer arbeitslos ist, bekommt seltener Bewährung
III. Geldstrafe: Je vermögender man ist, desto billiger kommt man davon
1. »Tagessätze«: Die schöne Idee, Arme und Reiche würden gleichbehandelt
2. »Schätzung« des Einkommens: Ein Geschenk für reiche Täter
3. Ich zahl für dich: Wohl dem, der reiche Gönner hat
IV. Gefängnis: Der neue Schuldturm
1. »Ersatzfreiheitsstrafe«: Wer nicht zahlt, muss in Haft
2. Wenn Menschen vor lauter Not ins Gefängnis wollen
3.»Strafbefehl«: Kafkas Albtraum
V. U-Haft: Wer prekär lebt, wird häufiger präventiv eingesperrt
1. »Fluchtgefahr«: Wer arbeitslos oder einsam ist, kommt eher in Haft
2. »Ohne festen Wohnsitz«: Wer obdachlos ist, hat keine Chance
3. »Kaution«: Wer hat, der hat
VI. Wirtschaftskriminalitat: Die Welt der weißen Kragen
1. Wie man Geldstrafen als Spesen abrechnet
2. Wie man Geldstrafen von der Steuer absetzt
3. Wie man einen günstigen »Deal« bekommt
VI. Elendskriminalität: Die Welt der Schwächsten
1. Sex für Heroin: Prostituierte werden kriminalisiert, ihre Freier nicht
2. »Hartz-IV-Betrug«: Der Staat straft viel härter als bei Steuerhinterziehung
3. »Bettelei«: Das Comeback einer Kriminalisierung
VIII. Drogen: Der Konsum geht durch alle Schichten, die Bestrafung nicht
1. 0,57 Gramm Cannabis, vier Monate Freiheitsstrafe: Die Härte
2. »Kontrolldelikt«: Der Staat sieht bei Außenseitern genauer hin
3. Mother's little helper: Die Highs der gehobenen Gesellschaft
13 Vorschläge, wie es besser gehen könnte
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Autoreninfo: Ronen Steinke ist Redakteur und Autor der »Süddeutschen Zeitung«. Der promovierte Jurist recherchiert seit Jahren zu Justizskandalen. Im Berlin Verlag erschien zuletzt sein Buch »Terror gegen Juden« (2020). Seine Biografie über Fritz Bauer, den mutigen Ermittler und Ankläger der Frankfurter Auschwitz-Prozesse, wurde mit »Der Staat gegen Fritz Bauer« preisgekrönt verfilmt und in zahlreiche Sprachen übersetzt. Ronen Steinke lebt in Berlin.