"Die Einkommens- und Vermögenspolarisierung ist nur ein erster, allerdings wesentlicher Aspekt. Zweitens geht es um Reichtumsvernichtung. So hat beispielsweise der Krieg im Kongo eine ganze Volkswirtschaft zerstört und bis zu vier Millionen Menschen das Leben gekostet. Er wurde unter anderem um Rohstoffe wie das seltene Erz Coltan geführt, aus dem Tantal für elektronische Produkte gewonnen wird. Es landet über dunkle Kanäle zum Beispiel bei einem Tochterunternehmen des Bayer-Konzerns. Die Zerstörung von Leben und Lebenschancen hat heute gewaltige Dimensionen. Bis 2050 werden Umweltschäden durch Klimawandel, also Reichtumsvernichtung, in einer Höhe von insgesamt 214 Billionen Dollar erwartet. Drittens wächst der Reichtum zum Teil in Gestalten, die für die Bevölkerungsmehrheit einem Verlust von Lebenschancen gleichkommen. Beispiele sind die auf eine Billion Dollar angestiegenen Rüstungsausgaben, spekulative Finanzanlagen, mafioser Handel mit Drogen, Frauen, Kindern und knappen Ressourcen. Viertens werden potenzielle Reichtumsquellen blockiert. Nicht nur durch Umweltzerstörung, sondern auch durch Arbeitslosigkeit, Bildungsdefizite und vermeidbare Krankheiten, die Hunderte Millionen Menschen betreffen. Es geht also um viel mehr als um Verteilungsgerechtigkeit. Reichtum, der sich selbst deformiert und zerstört, ist Ausdruck einer kranken Gesellschaft. [...] Dass es eine Kluft gibt zwischen den eigenen, bisweilen durchaus humanitären Vorstellungen als Bürger und den ökonomischen Konkurrenzzwängen, haben einzelne Superreiche immer wieder reflektiert. In Deutschland leider viel zu wenig. Buffetts Warnung vor dem Reichtum, der sich in Familiendynastien verfestigt, hat man aus dem Munde deutscher Milliardäre noch nicht gehört. Aber jenseits individuellen Samaritertums brauchen wir vor allem eine Diskussion über Strukturen und Folgen heutiger Reichtumsformen. Für mich ist die entscheidende Frage dabei: Soll es künftig weiter um die Mehrung des gesellschaftlichen Reichtums als Kapitalreichtum gehen oder darum, den Humanreichtum, den Reichtum der Persönlichkeitsentfaltung als wirklichen Reichtum zum zentralen Maß gesellschaftlicher Entwicklung zu machen? Wer sich darauf einlässt, Menschen als Kostenfaktoren zu denken, kann schwerlich Alternativen denken. Der ist in Talkshows und erst recht in den Kämpfen vor Ort dem Mainstream hilflos ausgeliefert. Wenn aber Selbstbestimmung über das eigene Leben als wichtigstes Ziel die Politik leitet, dann sind beispielsweise Mindestlöhne und soziale Grundsicherungen eben nicht vorwiegend als Kostenfragen, sondern als elementare Bedingungen für ein menschenwürdiges Dasein zu behandeln." (Der Autor Dieter Klein im Interview)
/ AUS DEM INHALT: / / / 1Kapitel:
Kein Reichtum, nirgends?
7
1.1Das Problem 7
1.2Übliche Antworten 13
1.3Problematisierung der "einfachen Frage" 19
1.4Warum sozialer Krieg anstelle gewöhnlicher Reichtumsmehrung?
Kapitel 2:
Verbleib des Reichtums - skandalöse Polarisierung
35
2.1Einkommensreichtum 42
2.2Vermögensreichtum 47
2.3Reichtum an Wirtschaftsressourcen 58
2.4Reichtum an Boden und Immobilien 69
2.5Gebrauchsvermögen als Reichtumsform 71
2.6Zwischenfazit 76
2.7Der Zusammenhang von Reichtumsmehrung und Armut
Kapitel 3:
Zerstörung von ReichtumAbnehmender Wohlfahrtseffekt
rechnerischer Reichtumssteigerung
3.1Umweltkrise und Reichtumseinbußen 93
3.2Reichtumseinbußen durch Krieg und Rüstung 100
3.3Reichtum und kriminelles Handeln in der Wirtschaft 118
3.4Andere Strukturen erfordern eine neue Regulationsweise
Kapitel 4:
Defekte an den Quellen des Reichtums
4.1Umweltzerstörung - permanenter Reichtumsverlust
und dringliche Umkehr
4.2Verschleuderung menschlicher Arbeitskraft - permanenter
Reichtumsverlust
4.2.1 Ruinöser Umgang mit der Arbeitskraft 143
4.2.2Druck auf die allgemeinen Bedingungen menschlicher
Reproduktion
4.2.3Arbeitslosigkeit - augenfälligste Gestalt der Vergeudung
menschlicher Arbeitskraft
4.3Wirkungen der Arbeitslosigkeit auf die Reichtumsentwicklung
4.4Eine andere Arbeitswelt ist möglich 164
Kapitel 5:
Finanzmärkte als Bermudadreieck?
5.1Kredite, Kreditmärkte und Reichtum 168
5.2Aktienbestand, Wertpapierhandel und Reichtum 171
5.3Derivatenbestand, Derivatenhandel und Reichtum 172
5.4Devisen, Devisenmärkte und Reichtum 174
5.5Finanzgetriebenes Akkumulationsregime - Grundmerkmal
des neoliberalen Kapitalismus
5.6Profite auf den Finanzmärkten - Reichtumszuwachs
oder Reichtumsverlust?
5.7Den "wirklichen Reichtum" respektieren: die Finanzmärkte
re-regulieren
Kapitel 6:
"Grenzen des Wachstums" und steigende Kapitalintensität
191
6.1Nur lineares Wachstum des Reichtums 192
6.2Lineares Wachstum und steigende Kapitalintensität -
Schlussfolgerungen für Alternativen
Kapitel 7:
Der Mensch, der "wirkliche Reichtum"
202
7.1Der Reichtumsbegriff 203
7.2Humanreichtum - das Maß emanzipatorischer Alternativen
Literatur 235