Verlagstext:
Rund 80 Jahre nach dem »Schwarzen Freitag« 1929, der die erste Große Krise des Kapitalismus einleitete, befindet sich die Weltwirtschaft mit der 2007 ausgebrochenen zweiten Großen Krise wiederum in einer Periode zyklenübergreifender Stagnation und Depression. Damit legt die aktuelle Situation einen Vergleich mit den 1930er Jahren nahe. Vor diesem Hintergrund hat auch Keynes wieder an Aktualität gewonnen, dessen Hauptwerk, die »General Theory of Employment, Interest and Money«, der systematisch-theoretische Ausdruck des damaligen ökonomischen Kollapses ist. In der marxistischen Keynes-Rezeption war das schon lange vergriffene Buch »Marx und Keynes« von Paul Mattick aus dem Jahr 1974 das nahezu einzige Werk zu diesem Problemkomplex.
Nun liegt mit der Abhandlung von Stephan Krüger wieder eine systematische Darstellung und Kritik der Keynesschen Theorie vor. Ausgehend von den Fundamentalkategorien Geld, Arbeit und Zeit wird die »General Theory« vom Standpunkt der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie beurteilt. Das Hauptinteresse gilt dem Aufweis, an welchen Punkten Keynes zu einer, wenn auch in Kategorien der Oberfläche formulierten, korrekten Sicht der kapitalistischen Produktionsweise, ihrer immanenten Widersprüche sowie ihrer Bewegungsformen und Entwicklungstendenzen kommt.
Keynes ist, so lautet daher die zentrale These – und dies rechtfertigt die Einordnung dieses Textes als Band 4 der »Kritik der politischen Ökonomie und Kapitalismusanalyse« –, der einzige Ökonom bürgerlicher Provenienz, dessen Theorie in eine marxistische Analyse der kapitalistischen Produktionsweise sowie in eine moderne Sozialismuskonzeption integriert werden kann.
/ AUS DEM INHALT: / / /
Vorwort 11
Erster Abschnitt: Der entwickelte Kapitalismus als Geldwirtschaft
Kapitell: Wesentlichkeit des Geldes o , 21
a) Differentia specifica des gesamtwirtschaftlichen Zusammenhangs
in einer Geldwirtschaft 21
Soziales Handeln unter Unsicherheit und Geld als Verbindungsglied
zwischen Gegenwart und Zukunft 21
Keynes' Kritik der neoklassischen Anschauung des gesamtwirtschaftlichen
Zusammenhangs (am Beispiel der Beschäftigungstheorie) 30
b) Geld als Vermögensgegenstand 35
Eigenschaften dauerhafter Vermögensgegenstände 35
Die spezifischen Eigenschaften des Geldes
oder die Rigidität des Geldzinssatzes 42
c) Die Konfundierung von einfachen und entwickelten Bestimmungen
des Wertes und des Geldes bei Keynes 46
Keynes' unzureichende Fassung des Geldes als sachlich-gegenständliche
Ausdrucksform spezifisch gesellschaftlicher Verhältnisse 46
Keynes' verquere Form der Differenzierung zwischen verschiedenen
Geldfunktionen und sein Zusammenwerfen von einfachen
Grundbestimmungen des Geldes mit den auf Basis des Kreditsystems
ausgearbeiteten Verhältnissen 48
Kapitel 2: Arbeit und Profit '?.*752
a) Die Keynessche Profitableitung 52
Knappheitstheoretische Begründung des Profits 52
Keynes' Distinktion zwischen Profit und Zins als Kritik der Neoklassik 58
b) Keynes' "vorklassische Auffassung":
Arbeit als einziger Produktionsfaktor 62
c) Messung der Produktion in Arbeitseinheiten 65
Arbeitseinheiten (labour units) als Maß für den Umfang der Produktion
als statistische Operationalisierung einer Messung 65
Die Fixierung der Arbeitseinheiten
als unbewusste, implizite Wertabstraktion bei Keynes 70
Kapitel 3: Der "nicht-gleichgewichtige" gesamtwirtschaftliche Zusammenhang ..76
a) Theorie des "sich verschiebenden Gleichgewichts" 76
Die Erwartungen und ihre materielle Grundlage 76
Keynes' implizite Kritik der Gleichgewichts-
(und Ungleichgewichts-)Ökonomie als Denkform 81
b) "Gleichgewicht" oder (ex-post) "Gleichheit"
von Investition und Ersparnis? 87
c) Die werttheoretischen Dimensionen
in Keynes' Theorie des "sich verschiebenden Gleichgewichts" 91
Wert und Preis in der Marxschen Theorie 91
Die von Keynes erkannten oberflächlichen Dimensionen des
gesamtwirtschaftlichen Regulationszusammenhangs zwischen
Produktion und Konsumtion in der kapitalistischen Produktionsweise 98
Zweiter Abschnitt: Der reproduktive Kreislauf und die Neigung zum Konsum
Kapitel 4: Die mikroökonomische Basis bei Keynes 103
a) Keynes' produktionstheoretische Grundlagen 103
Stellenwert der Produktionstheorie im Keynesschen System 103
Ertragsgesetzliche Produktionsfunktion 104
b) Gebrauchskosten und Bestimmung des Einkommens 113
Kapitel 5: Die kreislauftheoretischen Grundlagen 120
a) Sukzession der Produktionsstufen
und das scheinbare Verschwinden des konstanten Kapitals 120
Der "aggregierte Angebotspreis" bei Keynes 120
Das scheinbare Verschwinden des konstanten Kapitals
für die Gesamtwirtschaft 124
b) Investition und Verbrauch 129
Investition als wesentliche Größe ""^ 129
Verbrauch und Ersparnis 133
Kapitel 6: Das psychologische Gesetz der "abnehmenden marginalen
Konsumneigung" und das Multiplikatortheorem 135
a) Determinanten des Konsums 135
Änderung der Lohneinheit 135
Änderung im Unterschied zwischen Roh- und Reineinkommen
bzwzwischen Einkommen und Nettoeinkommen 136
Änderungen im Wert des Vermögensbestandes 137
Änderungen in der Rate der Zeitdiskontierung, d.him Tauschverhältnis
zwischen gegenwärtigen und zukünftigen Werten 137
Änderungen in der Fiskalpolitik 138
Änderungen in der Erwartung über das Verhältnis zwischen
dem gegenwärtigen und dem zukünftigen Niveau des Einkommens 138
Subjektive Faktoren 139
Resümee: Das grundlegende psychologische Gesetz 139
b) Multiplikator 140
Dritter Abschnitt: Die Veranlassung zur Investition
Kapitel 7: Die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals
und der Zustand der langfristigen Erwartung der Investoren 147
a) Begriff und Bestimmungsgründe "o _ -
der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals 147
Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals und Rolle der Investition 147
Bestimmungsgründe der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals 152
b) Unternehmungslust und Spekulation 164
Das Fundament der langfristigen Erwartungen der Investoren 164
Widerspruch zwischen Unternehmertum und Spekulation 169
Kapitel 8: Liquiditätsvorliebe und Zinsfuß 175
a) Finanzmärkte und Zinsfuß 175
Begriff des Zinses bei Keynes 175
Angebot und Nachfrage von Leihkapital in Geldform
auf den Finanzmärkten 179
b) Die Liquiditätspräferenz 182
Die Beweggründe zur Liquidität 182
Geldmenge und Liquiditätsvorliebe 189
c) Geldangebot und Zentralbankpolitik 197
Kapitel 9: Die Theorie der Beschäftigung 204
a) Stellung und Stellenwert des Arbeitsmarktes bei Keynes .".,,, 204
Dominanz von Güter- und Finanzmärkten gegenüber dem Arbeitsmarkt..204
Die neoklassische Auffassung über den Geldlohn und ihre Kritik 207
Über die Nachfrage vermittelte Wirkungen von Geldlohnänderungen
auf die Beschäftigung \ 209
Restriktionen für die BeschäftigungsWirkungen expansiver Geldpolitik -
Komplizierung des Kerns der allgemeinen Theorie der Beschäftigung 214
Geldlohn und Reallohn 216
b) Stellenwert des Arbeitsmarktes im Marxschen System 218
Wert der Arbeitskraft und Mehrwertrate 218
Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt -
Attraktion und Repulsion von Arbeitskräften 224
c) Vergleich der Marxschen und der Keynesschen Auffassungen
zum Arbeitsmarkt 228
Kapitel 10: Die Kapitalakkumulation in der kurzen Frist- Konjunktur und Krise 231
Vierter Abschnitt:
Langfristige Entwicklungstendenzen der Kapitalakkumulation
Kapitel 11: Langfristige Entwicklungstendenzen
der reproduktiven Kapitalakkumulation 251
a) Beschleunigte Kapitalakkumulation
und strukturelle Überakkumulation von Kapital 251
Gesetz des tendenziellen Falls der Durchschnittsprofitrate 251
Übergang der beschleunigten Akkumulation "
in strukturelle Überakkumulation von Kapital 256
b) Der Gegensatz zwischen Produktion
und Konsumtion in der langen Frist bei Keynes 262
Kapitel 12: Widerspruch zwischen reproduktiver
und Geldkapitalakkumulation 268
a) Verselbstständigung der Geldkapitalakkumulation
von ihrer reproduktiven Grundlage 268
Reproduktive Kapitalakkumulation und Geldkapitalakkumulation 268
Spekulation und "Finanzinnovationen" 272
b) Der "funktionslose Investor" bei Keynes 273
Fünfter Abschnitt: Wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen von Keynes
Kapitel 13: Wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen bei Keynes 279
a) Keynes' Kritik am Kapitalismus 279
b) Keynes' Vorstellungen zur Lösung der Probleme
in der "General Theory" und anderen Schriften ..^.sy 282
Nachfragesteigerung durch öffentliche Investitionsprogramme 282
.Sozialisierung der Investitionsfunktion
und allmählicher Tod des Rentiers 286
Die langfristige Vision: Von der Knappheit zum Überfluss 293
c) Keynes' Konzeptionen für nationale Binnen wirtschaften
und eine neue Weltmarktverfassung 298
Nationale Selbstgenügsamkeit und Freihandel 298
International Clearing Union 301
Kapitel 14:
Sozioökonomischer und theoretischer Kontext der Keynesschen Theorie 305
a) Die ökonomische Entwicklung in der Zeit
zwischen den beiden Weltkriegen und die Weltwirtschaftskrise 305
b) Die wirtschaftspolitische Diskussion
im Deutschland der 1920er und 1930er Jahre 310
c) Keynes' "General Theory" im Kontext der wirtschaftspolitischen
Diskussion über die Weltwirtschaftskrise 313
Kapitel 15: Keynesianische Wirtschaftspolitik und
"Keynesianisierung" der Gesellschaft während der Nachkriegsprosperität 318
a) Keynesianisch geprägte Wirtschaftspolitik während des "goldenen
Zeitalters" nach dem Zweiten Weltkrieg: "We are all Keynesians now" 318
b) Das Versagen (bastard-)keynesianischer Wirtschaftspolitik mit dem
Übergang in die strukturelle Überakkumulation von Kapital
in den 1970er Jahren 326
c) Das theoretische Erbe des Versagens des Keynesianismus - die monetaristische
Konterrevolution: "Nobody is a Keynesian any more" 331
Sechster Abschnitt: Linker Keynesianismus und Sozialismus
Kapitel 16: Wirtschaftspolitik in der zweiten Großen Krise
des Kapitalismus seit ihrem Beginn 2007 337
a) Die Re-Aktivierung des Staates zur Stützung der gesamtwirtschaftlichen
Nachfrage und zur Rettung des kapitalistischen Finanzsystems 337
Staatliche und Zentralbank-Politik zur Verhinderung des
Zusammenbruchs des internationalen Banken- und Finanzsystems 337
Staatliche Ausgaben- und Arbeitsmarktpolitik am Beispiel Deutschlands ..342
Der naturwüchsige Fortgang der Großen Krise: "De-Leveraging"
bei Banken, Unternehmen, Staaten und Privathaushalten "^ 344
b) Keynesianische Lösungsvorschläge zur Weltwirtschaftskrise
und der Krise in der Euro-Zone 346
Kann es einen "guten Kapitalismus" geben? 346
Der "seichte Keynesianismus" in der Euro-Krise: Lohnerhöhungen
in den EU-Überschussländern und permissive Geldpolitik
der Europäischen Zentralbank als Krisenbewältigungsstrategie 351
Kapitel 17: Weiterführende sozialistische Alternativen 356
a) Marktsozialismus als Sozialismus-Konzeption
für entwickelte Ökonomien 356
Knappheit, Überfluss und marktwirtschaftliche Ressourcenallokation 356
Stellenwert der Eigentumsverhältnisse an den Produktionsmitteln
und an Grund und Boden 364
b) Die neue "postfordistische" Betriebsweise als Gestaltungsaufgabe 369
c) Sozialistische Wirtschaftspolitik 374
Sektorale und regionale Strukturpolitik
innerhalb der europäischen Volkswirtschaft 374
Makroökonomische Steuerungsinstitutionen und -instrumente 377
Refokussierung und Restrukturierung des Finanzsektors 381
Sozialistischer Ausbau des Sozialstaates: Neue Arbeitsteilung
zwischen öffentlich und gemeinwirtschaftlich organisierten
Humandienstleistungen 386
Wirtschaftsdemokratische Unternehmensverfassung 390
d) Kommunistische Perspektiven 392
Literatur 398