(I-22/20-C3) (GM ZWs / PL)
Va · ga · bon · da · ge: Der – laut Duden – spezifisch österreichische Ausdruck benennt die Lebensform einer Gruppe sozial bestimmter Figuren, oder kurz: Landstreicherei, Herumtreiberei. Im vorliegenden Band fokussiert der Begriff vor allem die künstlerischen und politischen Aspekte jener Bewegungen, die sich in den 1920er Jahren mit großem Selbstbewusstsein formierten und sogar »Vagabundenkongresse « abhielten. Ein solcher war, nach einer ersten Veranstaltung in Stuttgart 1929, für das Jahr 1930 auch in Wien geplant, wurde allerdings nicht realisiert. Wien, als eines der Gravitationszentren der Landstreichenden, bildet den Ausgangspunkt und den Schauplatz einer eingehenden Untersuchung von Vagabund*innenbewegungen. Dabei werden historische und kulturwissenschaftliche Perspektiven mit zeitgenössischen Analysen, Stellungnahmen und Berichten verschränkt: Auf diese Weise werden Brüche und Kontinuitäten hinsichtlich sozialer Mechanismen, künstlerischer Ausdrucksformen und politischer Organisationsformen ausgelotet und zur Sprache gebracht. Der Band stellt dabei sowohl einen Grundlagenbeitrag als auch eine zur weiteren Forschung anregende Anthologie dar.Wie facettenreich und vielschichtig jene Bevölkerungsgruppen sind, die als Vagabund*innen, als ›Nicht-Sesshafte‹ und / oder Wandernde tituliert werden bzw. sich selbst als solche bezeichnen, zeigt sich in den historischen und kulturwissenschaftlichen Auseinandersetzungen ebenso wie in dem Kaleidoskop zeitgenössischer Initiativen, Bewegungen, Forschungs- und Kunstprojekten, die sich mit Systemen sozialer Beziehungen befassen, die außerhalb einer etablierten gesellschaftlichen Ordnung angesiedelt werden.Mit Beiträgen von: Averklub Collective, Lisa Bolyos, Ljubomir Bratic, Natalie Deewan, Enesi M., Georg Fingerlos, Peter Haumer, Anna Leder, Alexander Machatschke, Elena Messner, Andreas Pavlic, Maren Rahmann, Georg Rosenitsch, Eva Schörkhuber und Christa Stippinger. [Verlagstext]
INHALT
Vorwort
Andreas Pavlic und Eva Schörkhuber
Wegmarken
Routen der Subversion
Streifzüge durch Theorie und Praxis der Vagabondage
Eva Schörkhuber
Vagabondage in Wien
Ein historischer Parcours
Peter Haumer und Andreas Pavlic
Die Ballade vom Elend und die Rede von der Revolution.
Über Jo Mihàlys 1929 erschienene Ballade und Rudolf Geists
Rede am Vagabundenkongress 1929
Andreas Pavlic
Über die Pässe
Gestaltenverzeichnis
Natalie Deewan
Eine Perspektive auf das Konzept des „Vagabundierens“ eines Mitglieds der
Afro Rainbow Austria Community, welche gelebte Erfahrungen als schwarz/
braune, queere Frau in Österreich anspricht und auch beeinflusst wurde von
Emilia Roigs Buch Das Ende der Unterdrückung
Enesi M.
Vor allem anderen muss sich das System ändern.
Averklub Collective im Gespräch mit What, How & for Whom / WHW
Auf den Straßen
Vagabondage am Boulevard.
Die Geschichte der Wiener Straßenzeitung Augustin, von fünf Seiten betrachtet
Lisa Bolyos
Wo die Straßen uns tanzen lassen.
Historische und zeitgenössische Perspektiven auf Straßenmusik in Wien
Maren Rahmann und Georg Rosenitsch
Obdach- oder wohnungslos in Wien. Eine Bestandsaufnahme
Alexander Machatschke
Auf Wanderungen
Gabriela
Anna Leder
Phantomerlebnis Migrationsmuseum Wien.
Annäherung an ein (be-)geisterndes Phänomen
Ljubomir Bratic´ und Elena Messner
„zentrum und verein exil muss ich das Ding nennen“.
Christa Stippinger im Gespräch mit Andreas Pavlic und Eva Schörkhuber
Mein und deren Wardenmarsch. Auf den Spuren eines Roadtrips von 1928
Georg Fingerlos