Unter dem Begriff ‚Pen-and-Paper-Rollenspiel‘ oder ‚Tabletop-Rollenspiel‘ wird eine Form des Gesellschaftsspiels verstanden, in dem eine Gruppe von Spielenden unter Berücksichtigung eines Regelsystems die Rollen fiktionaler Figuren einnimmt, die innerhalb einer von ihnen erschaffenen fiktionalen Welt existieren und handeln. Aus der Verbindung dieser ludischen und fiktionalen Komponenten ergeben sich Potenziale für das Erzählen, die je nach Gruppenpräferenz und zugrundliegendem Spielsystem auf unterschiedliche Weise realisiert werden. Die vorliegende Studie liefert eine prozessorientierte Erzähltheorie des Pen-and-Paper-Rollenspiels, die durch ihre umfassende theoretische Fundierung Anbindung an die klassische und postklassische Narratologie sowie zentrale ludonarratologische Arbeiten der Game Studies bietet.
Entlang der Analyse aufgezeichneter Spielsitzungen und publizierter Spielmaterialien wird ein Erzählmodell entwickelt, das sowohl die Eigenschaften narrativer Kommunikation abbildet als auch zentrale Kategorien inhaltlicher und diskursiver Parameter aufgreift. Aus dieser Konzeption werden literaturvermittelnde Potenziale des Spiels abgeleitet, die den Blick für vielfältige empirische Settings öffnen. (Verlagstext)
Aus dem Inhalt:
Vorwort—V
1 Einleitung —1
1.1 Rollenspiele und Erzähltheorie —3
1.2 Rollenspiele und Didaktik —7
1.3 Erzähltheorie und Didaktik —9
1.4 Zielsetzung, Methodik, Aufbau —12
2 Mindset, Gattung, Medium?—20
2.1 Das Rollenspiel als make-believe —21
2.2 Das Rollenspiel als Spielgattung —25
2.3 Das Pen-and-Paper-Rollenspiel —31
3 Ludische Prozessualität im Pen-and-Paper-Rollenspiel —35
3.1 Spiele im Spiegel erzähltheoretischer Konzepte —36
3.1.1 Rollenspiele in den Spieldefinitionen der frühen Game Studies — 36
3.1.2 Rollenspiel-Fantheorie —39
3.1.3 Erzähltheoretischer Zugang —42
3.2 Modellierung: Ludische Prozessualität und narrative Rezeptionsangebote —48
3.2.1 Konzepte der digitalen Ludonarratologie —49
3.2.2 Das Spielsystem —51
3.2.3 Setting und Szenario — 60
3.3 Zusammenfassung —66
4 Erzählerische Kommunikation im Pen-and-Paper-Rollenspiel —70
4.1 Eigenschaften kommunikativer Prozesse im Pen-and-Paper-Rollenspiel —73
4.1.1 Performativität — 77
4.1.2 Improvisation und Inszenierung —85
4.2 Modellierung der Erzählkommunikation —87
4.2.1 Autor- und Rezipientenschaft — 91
4.2.2 Narrative Instanzen — 93
4.2.3 Konstruktion und Rezeption von storyworlds—100
4.2.4 Andere kommunikative frames und ihr Einfluss auf die Narration —103
4.2.5 Zusammenfassung —108
5 Strategien und Parameter des Erzählens im Pen-and-Paper-Rollenspiel —111
5.1 Strategien des Erzähldiskurses —113
5.1.1 Erzählposition —114
5.1.1.1 Narrative Ebenenverhältnisse—115
5.1.1.2 Beteiligung der Erzählinstanz am Erzählten —117
5.1.1.3 Erzählposition verschiedener narrativer Instanzen —119
5.1.2 Erzählperspektive —122
5.1.2.1 Formen der Perspektivierung—124
5.1.2.2 Erzählperspektive der Spielleitenden-Erzählinstanz —130
5.1.3 Wissensvermittlung und Informationsvergabe—135
5.1.3.1 Informationslenkung durch Spielleitende—137
5.1.3.2 Informationsdestabilisierung und -begrenzung —140
5.1.3.3 Affektsteuerung durch die Wissens- und Informationsvergabe—150
5.1.4 Präsentation von Rede und mentalen Prozessen —155
5.1.4.1 Stimmliche Präsenz der zitierten Figurenrede —156
5.1.4.2 Formen der figuralen Gedankenrede—162
5.1.4.3 Formen der narratorialen Rede —164
5.1.5 Zeitgestaltung —166
5.1.5.1 Zeitpunkt des Erzählens —166
5.1.5.2 Ordnung —167
5.1.5.3 Dauer—171
5.1.5.4 Frequenz —175
5.2 Parameter des Erzählinhalts —176
5.2.1 Elemente der Handlung—177
5.2.1.1 Narrative Ereignisse —177
5.2.1.2 Geschehen und Geschichte—185
5.2.1.3 Handlungslogik —189
5.2.1.4 Serialität—192
5.2.2 Semantische Ordnung und thematische Struktur—193
5.2.2.1 Analyse semantischer Ordnungen in Rollenspiel-Regelwerken —196
5.2.2.2 Semantische Ordnungen als Settingelemente —201
5.2.3 Figuren —204
5.2.3.1 Spielfunktionale Elemente der Figurenentwicklung —206
5.2.3.2 Das Figurenbewusstsein als Indikator für Narrativität —208
5.2.3.3 Figurenkonstitution im Spielprozess —213
5.2.4 Raum —216
5.2.4.1 Narrativer und ludischer Ereignisraum —216
5.2.4.2 Semantisierung des Raumes —221
5.3 Zusammenfassung —222
6 Literar-ästhetisches Verstehen im Rollenspielprozess — 226
6.1 Ästhetische Illusion und die Konstruktion einer intersubjektiven storyworld — 234
6.1.1 Konsistenzbildung als illusionsstiftende Strategie —241
6.1.2 Reichhaltigkeit als illusionsstiftende Strategie —247
6.1.3 Transtextuelle Referenzen als illusionsstiftende Strategien —251
6.2 Narrative und figurale Immersion —263
6.2.1 Emotionale Involviertheit als illusionsstiftende Strategie —266
6.2.2 Perspektivität als illusionsstiftende Strategie —271
6.3 Zusammenfassung —277
7 Pen-and-Paper-Rollenspiele und literarisches Lernen —282
7.1 Grundaspekt Erzählen —288
7.2 Teilbereich 1: Umgang mit Fiktionalität—298
7.3 Teilbereich 2: Aufdecken von Wissenskorrespondenzen und -differenzen —304
7.4 Teilbereich 3: Auseinandersetzung mit populärer Kultur—307
7.5 Teilbereich 4: Empathie und Perspektivübernahme —312
7.6 Zusammenfassung —319
8 Rollenspiele im Literaturunterricht —322
8.1 Dramenpädagogik und szenische Interpretation —325
8.2 Computerspieldidaktik—330
8.3 Skizzierung eines methodischen Konzeptes: Pen-and-Paper-Rollenspiele im Literaturunterricht—335
8.3.1 Die literarische Pen-and-Paper-Rollenspieladaption —337
8.3.2 Game-based learning mit Pen-and-Paper-Rollenspielen —340
9 Fazit —344
Literaturverzeichnis —353
Transkriptionssymbole —373
Personenregister —375
Spielregister—379
Sachregister—381