Im Anstaltsbereich des heutigen Otto Wagner-Spitals befand sich von 1940 bis 1945 die zweitgrößte "Kinderfachabteilung" des "Deutschen Reiches". Mit deren wiederholter Umbenennung von "Wiener städtische Jugendfürsorgeanstalt" auf "Heilpädagogische Klinik der Stadt Wien - Am Spiegelgrund" und "Wiener städtische Nervenklinik für Kinder" wurde eine Spezialklinik vorgetäuscht, um kranker, behinderter und vermeintlich erblich belasteter Kinder und Jugendlicher leichter habhaft zu werden. ÄrztInnen und Hebammen wurden durch einen geheimen Runderlass verpflichtet, jede Auffälligkeit an die Gesundheitsämter zu melden, denn im NS-Staat durften Menschen mit psychischer, physischer oder sozialer Beeinträchtigung das Bild einer heilen Gesellschaft nicht stören. Der "Reichsausschuß zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden" befand sich in Berlin. Von dort erfolgte auf Grund der Meldungen die Verfügung zur weiteren Behandlung oder Beobachtung der in die "Klinik" eingewiesenen PatientInnen, wobei Behandlung "Tötung" und Beobachtung "noch zu warten" bedeutete. Alles war "geheime Reichssache", nichts durfte an die Öffentlichkeit dringen. "Am Spiegelgrund" wurden hunderte Kinder und Jugendliche von den Ärzten medizinischen Versuchen unterzogen. Gesunde wurden krank gemacht, um natürliche Todesursachen, wie z. B. "Lungen- oder Darmentzündung" usw. vorzutäuschen. Mit Überdosierung von Barbituraten, vor allem mit Luminal, wurden Säuglinge, Kleinkinder und Jugendliche ermordet. Die Ärzte nannten es "einschläfern" oder "behandeln". Die Gehirne und andere Körperteile wurden in Gläsern konserviert und auch nach dem Krieg für weitere "wissenschaftliche" Tätigkeiten und Publikationen benützt. Die genaue Anzahl der Opfer wird sich wahrscheinlich nie mehr eruieren lassen, da ein großer Teil der Unterlagen beim Einmarsch der Alliierten vernichtet wurde. Trotzdem gelang es in mühevoller Kleinarbeit, aus den wenigen erhaltenen Unterlagen, wie Krankengeschichten, Fotos, Gutachten und der Korrespondenz zwischen den Angehörigen und der Anstaltsleitung herauszufiltern, was sich in der "Mordklinik Am Spiegelgrund" zugetragen hat. In der vorliegenden Publikation "Die ermordeten Kinder vom Spiegelgrund" sind 788 Namen der Opfer abgesichert. Von 541 Kindern und Jugendlichen konnte ihre Geschichte annähernd wiedergegeben werden.
Inhalt
Geleitwort (Marianne Enigl) ................................................................................. 7
Einleitung (Waltraud Häupl) ............................................................................... 11
Kindereuthanasie in Wien 1940-1945.
(Brigitte Rigele)..................................................................................................... 25
Der organisierte Massenmord: Lebensbilder, Auszüge und Kurzfassungen
aus den noch erhaltenen Krankengeschichten und anderen Unterlagen ........... 47
Fotos von ermordeten Kindern ......................................................................... 623
Namen von Kindern aus dem Totenbuch,
deren Krankengeschichten nicht auffindbar sind und von Kindern
aus Hamburg, die in den Pavillons 19, 21 und 24 getötet wurden .................... 635
Epilog (Friedrich Zawrel) ................................................................................. 645
Dokument des „Reichsausschuss“ ..................................................................... 649
Zeitungsmeldungen zu den Volksgerichtsprozessen 1946 und
zur Verhaftung von Dr. H. Gross 1948 .............................................................. 653
Glossar ................................................................................................................ 661
Quellen................................................................................................................ 666
Verfasser*innenangabe:
Waltraud Häupl
Jahr:
2006
Verlag:
Wien ; Köln ; Weimar, Böhlau
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Systematik:
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GE.SVO
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ISBN:
978-3-205-77473-0
2. ISBN:
3-205-77473-6
Beschreibung:
1. Aufl., 663 S. : Ill.
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Sprache:
Deutsch
Fußnote:
Literaturangaben
Mediengruppe:
Buch