Angriffe auf die Wissenschaft sind alltäglich geworden: Der Klimawandel sei keine "anständige" Wissenschaft, die Evolution "nur eine Theorie", die "Wahrheit" über Impfstoffe werde vertuscht. Die Verteidiger der Wissenschaft verweisen oft auf die Erfolge der Wissenschaft - ohne auf ihr eigentliches Wesen einzugehen. In diesem Buch diskutiert Lee McIntyre, was Wissenschaft von Nicht-Wissenschaft unterscheidet: der Stellenwert der Evidenz und die Bereitschaft, Theorien auf Basis neuer Evidenz zu verwerfen. Diese beiden wesentlichen Eigenschaften nennt er die "wissenschaftliche Grundhaltung". Die Geschichte der Wissenschaft ist übersät mit Theorien, die zwar eine wissenschaftliche Grundlage hatten, sich aber als falsch herausstellten; die ¿wissenschaftliche Grundhaltung¿ zeigt, warum selbst eine gescheiterte Theorie uns helfen kann, das Besondere der Wissenschaft zu verstehen.
McIntyre führt Beispiele an, die sowohl den wissenschaftlichen Erfolg (eine Verringerung des Kindbettfiebers im 19. Jahrhundert) als auch das Scheitern (die fehlerhafte "Entdeckung" der kalten Fusion im 20. Jahrhundert) veranschaulichen. Er beschreibt den Wandel der Medizin von einer weitgehend auf Vermutungen beruhenden Praxis zu einer Wissenschaft, die sich auf Beweise stützt; er betrachtet wissenschaftlichen Betrug und untersucht die Positionen von ideologiegetriebenen Leugnern, Pseudowissenschaftlern und "Skeptikern", die wissenschaftliche Erkenntnisse ablehnen. Er argumentiert, dass Sozialwissenschaften, genauso wie Naturwissenschaften, die "wissenschaftliche Grundhaltung" annehmen sollten. Damit bietet die wissenschaftliche Grundhaltung - die Fundierung der Wissenschaft auf Beweise - ein einzigartig wirkungsvolles Instrument zur Verteidigung der Wissenschaft.
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung 1
2 Die wissenschaftliche Methode und das Abgrenzungsproblem 11
Die Relevanz des Abgrenzungsproblems 13
3 Irrtümer und Missverständnisse: Wie funktioniert Wissenschaft wirklich? 3 5
Das Problem der Wahrheit und Gewissheit 36
"Nur eine Theorie" 42
Die Rolle der Rechtfertigung 51
4 Warum eine wissenschaftliche Grundhaltung wichtig ist 59
Zwei Beispiele für eine wissenschaftliche Grundhaltung 65
Die Wurzeln der wissenschaftlichen Grundhaltung 72
Fazit 77
5 Die wissenschaftliche Grundhaltung muss keine Lösung des Abgrenzungsproblems liefern 81
Kann die wissenschaftliche Grundhaltung die notwendigen und hinreichenden Bedingungen für Wissenschaft bieten? 81
Können wir dennoch versuchen, zwischen Wissenschaft und Pseudowissenschaft zu unterscheiden? 87
Sollte man "alltägliches Forschen" auch zur Wissenschaft zählen? 91
Könnte man aus der wissenschaftlichen Grundhaltung nicht trotzdem ein modifiziertes Abgrenzungskriterium machen? 95
6 Wie Wissenschaftler die wissenschaftliche Grundhaltung ein- und umsetzen 101
Drei Fehlerquellen in der Wissenschaft 102
Die kritische Gemeinschaft und die Intelligenz der Masse 106
Methoden zur Umsetzung der wissenschaftlichen Grundhaltung bei der Fehlerminderung 114
Quantitative Methoden 114
Das Peer-Review-Verfahren 123
Das Zugänglichmachen von Daten und die Replikation 133
Fazit 140
7 Wie die wissenschaftliche Grundhaltung die moderne Medizin veränderte 143
Die barbarische Vergangenheit 145
Die Entstehung der wissenschaftlichen Medizin 146
Der lange Übergang in die klinische Praxis 152
Die Früchte der Wissenschaft 159
Fazit 163
8 Wissenschaft falsch gemacht: Betrug und andere Fehlschläge 165
Warum betrügen manche Menschen? 171
Der schmale purpurne Grad 174
Das Impfen-und-Autismus-Fiasko 178
Ein Silberstreif am Horizont 183
9 Wissenschaft auf Abwegen: Leugner, Pseudowissenschaftler und andere Scharlatane 185
Ideologie und vorsätzliche Ignoranz 188
Sagans Matrix 190
Wissenschaftsleugner sind keine Skeptiker 193
Leugner in Aktion: Der Klimawandel 198
Was passiert, wenn der "Spinner" recht hat? 206
Pseudowissenschaftler sind nicht wirklich offen für neue Erkenntnisse 216
Pseudowissenschaft in Aktion: Kreationismus und Intelligent Design 218
Das Princeton Engineering Anomalies Research Lab 225
Fazit 229
10 Die wissenschaftliche Grundhaltung und die Sozialwissenschaften 231
Die Herausforderungen einer Wissenschaft des
menschlichen Verhaltens 232
Die Strategie: die Medizin zum Vorbild nehmen 239
Beispiele für gute und für schlechte Sozialwissenschaft 242
11 Wissenschaft schätzen lernen 251
Anmerkungen 257
Literatur 305