Der Dichter und Schriftsteller Warlam Schalamow hegte keine Zweifel daran, ein eigenständiges Wort in der Literatur gesprochen zu haben. Die ersehnte Anerkennung blieb ihm jedoch zeitlebens versagt. Sein Hauptwerk, die sechs Zyklen der Erzählungen aus Kolyma, die das Geschehen in den Zwangsarbeitslagern des Gulag am Kältepol der Erde reflektieren, erschien posthum nach Auflösung der Sowjetunion. Schalamow lebte in einer von Brüchen und Verlusten gezeichneten Zeit russischer Geschichte, in der sich kaum jemand der bedrohlichen Macht der Politik zu entziehen vermochte. Zum Widerstand wurde ihm dabei die Dichtkunst. Franziska Thun-Hohenstein erzählt in der ersten umfassenden Biographie fesselnd vom Leben und Werk Schalamows, ohne sie einer einfachen Entwicklungslogik unterzuordnen. So stehen auch hier Widersprüchliches und Fragmentarisches nebeneinander und beleuchten ein einzigartiges und auf brutale Weise von seiner Zeit geschundenes Leben. Die Kraft, seiner Zeit zu widerstehen und einen lebenslangen Kampf um die Wahrung der Eigenständigkeit im Leben wie im Schreiben zu führen, schöpfte Warlam Schalamow sein Leben lang – als Kind, als junger Mann wie nach der Kolyma – aus der Kunst, aus der Dichtung. (Verlagstext)
Inhalt
Einleitung.......................................................................... 13
1. Spuren der Kindheit ........................................................ 31
Wologda .......................................................................................... 32
Die Familie ..................................................................................... 44
Lesehunger ..................................................................................... 56
Revolution in Wologda ................................................................. 62
Revolte und Aufbruch .................................................................... 71
2. Auf der Suche nach Anschluss ........................................ 83
Sehnsuchtsort Moskau .................................................................... 83
Umweg über die Produktion.......................................................... 93
An der Universität........................................................................... 98
Literarische Avantgarde: Faszination und Enttäuschung .......... in
Verspäteter Himmelssturm ............................................................... 129
1929: Erste Verurteilung. Wischera .....................................137
3. Zwischen Zeitungsarbeit und Literatur ............................ 147
Familiäres ........................................................................................ 150
Kein Faktum ohne die Form seiner Fixierung ................................... 156
Frühe Erzählversuche...................................................................... 170
1937: Zweite Verurteilung. Kolyma.................................... 185
1943: Dritte Verurteilung .................................................. ...193
4. Auferweckung der Dichtung............................................ ...197
Der Arzthelfer ................................................................................ 197
»Attische Nächte« ........................................................................... 208
Schreibszenen an der Kolyma ....................................................... 214
Widerschein der Hölle ...................................................................... 223
5. Erinnern und Schreiben .....................................................233
Zurückkehren ................................................................................. 233
Schwieriger Neuanfang .....................................................................240
Wider das Vergessen ....................................................................... 254
Poetisches Tagebuch ....................................................................... 261
Körper - Gedächtnis - Erinnerung .................................................266
6. Das Lager erzählen...............................................................283
Eine Prosa, durchlitten wie ein Dokument ...................................... 285
Wie von alldem erzählen? .......................................................... 288
Literarisches Neuland ............................................................. 293
Dokument der Seele .................................................................... 301
Das >andere< Lager............................................................................ 312
Erinnerungen an die Kolyma ........................................................ 333
7. In Moskauer Literaturkreisen ............................................ 343
Im Dickicht der Redaktionen ........................................................ 345
Freundschaften und Zerwürfnisse ................................................... 360
Das Idol: Boris Pasternak ........................................................ 363
Der Antipode: Aleksandr Solshenizyn ................................. 376
Gleichklänge und Dissonanzen: Nadeshda Mandelstam . . 388
8. Grenzen der Annäherung ................................................ 411
Streitfall Dissidenz ......................................................................... 415
Sehnsucht nach Biographie? .......................................................... 438
Letzte Jahre ...................................................................................... 452
Epilog: Alles oder Nichts .......................................................461
Anhang.................................................................................471
Bildteil ............................................................................................. 473
Danksagung ...................................................................................... 491
Siglenverzeichnis ............................................................................ 493
Anmerkungen ................................................................................. 495
Personenverzeichnis ....................................................................... 521
Abbildungsnachweis ....................................................................... 535