»Die Psychoanalyse darf und wird vor organischen Leiden nicht haltmachen.« Mit diesem Postulat trat Georg Groddeck 1917 nach fast zehnjähriger praktischer Erfahrung auf diesem Gebiet an die Öffentlichkeit. Der Baden-Badener praktische Arzt und Sanatoriumsleiter gilt als Pionier der psychoanalytischen Psychosomatik. Er wandte als erster die Methoden von Übertragungs- und Widerstandsbearbeitung nicht nur bei neurotischen Leiden an, sondern nutzte sie auch erfolgreich zur Behandlung von Kranken, die z. B. unter Herzinsuffizienz, Nierensteinen, Netzhautblutungen oder rheumatischen Erkrankungen litten. Der von ihm geschaffene Es-Begriff als Ausdruck der unbewußten Lebenskraft und die Aufhebung des Dualismus von Leib und Seele sowie der theoretischen Unterscheidung von körperlicher und seelischer Erkrankung dienten ihm dabei als Arbeitshypothese. In den organischen Erkrankungen symbolisieren sich Konflikte zwischen Es-Strebungen und Realitätsanforderungen, die mittels der psychoanalytischen Behandlung ihrer psychischen Anteile angesprochen und behandelt werden können. Die positive Nutzung der Gegenübertragung und die Beziehungsanalyse sowie die Bedeutsamkeit der Mutterübertragung in der Behandlung somatischer Erkrankungen, die in der späteren Psychoanalyse eine wesentliche Rolle spielen werden, lassen sich bereits in seinen Arbeiten finden. Groddeck erweist sich in diesen Schriften vor allem als Kliniker und Praktiker, der mit seinen Ideen zahlreiche Impulse für ein neues Verständnis für körperliche Erkrankungen gegeben und Wege für deren Therapie ergänzend zu einem rein naturwissenschaftlichen Ansatz erschlossen hat. Mit vielen Therapiebeispielen werden neue Blickwinkel auf die unendlichen Äußerungen des menschlichen Körpers und dessen phantasievoller Sprache eröffnet. Einen solchen individualisierenden und poetologischen Zugang auf den leidenden Mensch zu betonen, ist auch heute in einem Zeitalter immer noch ausufernder Apparate- und Labormedizin bereichernd.
In diesem Band sind erstmals sämtliche Aufsätze und Vorträge Groddecks zur psychoanalytischen Psychosomatik, davon eine Reihe bisher unveröffentlichter, erfaßt und mit Anmerkungen versehen. Ausgenommen hiervon sind die in seiner Hauszeitschrift »Die Arche« erschienen Arbeiten, die im Rahmen der Groddeck-Werkausgabe bereits als Reprint erhältlich ist.
/ AUS DEM INHALT: / / /
Aufsätze und Vorträge
Psychische Bedingtheit und psychoanalytische Behandlung
organischer Leiden 9
Eine psychoanalytische Krankengeschichte 37
Wunscherfüllungen der irdischen und göttlichen Strafen 42
Eine Symptomanalyse 57
Über die psychoanalytische Behandlung organischer Krankheiten 66
Über die Psychoanalyse des Organischen im Menschen 67
Der Symbolisierungszwang 82
Die Flucht in die Philosophie 99
Nachlust und Nachbewußt 100
Symbole und Gesundheit 106
Symbole und Krankheit 115
Der Arzt und die Symbole in der Behandlung 125
Selbstbetrachtung, Selbsterkenntnis, Selbstheilung 136
Der Sinn der Krankheit 150
Die Psychoanalyse und das Es 157
Rede zum Dessert beim Bankett des IX. Internationalen Psychoanalytischen
Kongresses 158
Schicksal und Zwang 165
Traumarbeit und Arbeit des organischen Symptoms 184
Über die psychische Behandlung der Nierensteinbildung 196
Klinische Mitteilungen aus einer zwanzigjährigen psychotherapeutischen
Tätigkeit (Leitsätze) 203
Klinische Mitteilungen aus einer zwanzigjährigen psychotherapeutischen
Tätigkeit (Vortrag und Diskussion) 204
Grundsätzliches über Psychotherapie 220
Psychical Treatment of Organic Disease 232
Über die psychische Behandlung organischer Erkrankungen 241
Ernst Schweninger 251
Geleitwort 263
Verfasser*innenangabe:
Georg Groddeck. Hrsg. von Michael Giefer. [Im Auftr. der Georg-Groddeck-Gesellschaft]
Jahr:
2011
Verlag:
Frankfurt am Main [u.a.], Stroemfeld/Roter Stern
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Systematik:
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ISBN:
978-3-86600-081-0
2. ISBN:
3-86600-081-2
Beschreibung:
571 S.
Sprache:
Deutsch
Fußnote:
Literaturverz. S. 546 - 549
Mediengruppe:
Buch