Die Typisierung „des“ Russen mit allerlei negativen Adjektiven beherrscht aufs Neue die Schlagzeilen deutschsprachiger Medien. Der dabei verwendete Singular ist ein untrügliches Zeichen für Distanz, Abscheu, Hass. Die meinungsbildenden Kräfte im Westen, so lehrt uns die Zeitgeschichte, freundeten sich mit Russland und seinen Führern nur in der Phase der Zerstörung der Sowjetunion an. Schon kurz darauf schlug die Freude über das Ende der kommunistischen Epoche in Skepsis um. Das alte Feindbild entstand neu.
Hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg herrscht im Westen wieder eine russophobe Grundstimmung. Washington und Brüssel erlassen Einreiseverbote gegen Diplomaten, verhängen Sanktionen, sperren Konten, schließen Russland aus internationalen Gremien aus, boykottieren sportliche Großereignisse und mobben „Russlandversteher“ in den eigenen Reihen. Ein Stellvertreterkrieg in der Ukraine verfestigt das gegenseitige Misstrauen.
Hannes Hofbauer verfolgt das Phänomen der Russophobie zurück bis ins 15. Jahrhundert, als der Zar im Zuge der kriegerischen Reichsbildung gegen Nordwesten zog. Es ging um Herrschaft, Konkurrenz und Meereszugang. Der Kampf um reale wirtschaftliche und (geo)politische Macht wurde auch damals schon ideologisch begleitet: Der Russe galt seinen Gegnern als asiatisch, ungläubig, schmutzig und kriecherisch, Stereotypen, die sich über Jahrhunderte erhalten haben.
Das Feindbild-Paradigma zieht sich wie ein roter Faden durch die Rezeption Russlands im Westen. Aktuell reagiert diese empört auf die Politik des Kreml, der mit der Machtübernahme Wladimir Putins innenpolitisch auf Konsolidierung und außenpolitisch auf Selbständigkeit setzt. Die Wegmarken der neuen Feindschaft sind zahlreich. Sie reichen vom Krieg der NATO gegen Jugoslawien (1999) über die Verhaftung des Oligarchen Michail Chodorkowski (2003) und die Osterweiterung der NATO, den mit US- und EU-Geldern unterstützten „Farbrevolutionen“ bis zum Krieg um die georgischen Provinzen Abchasien und Südossetien (2008) und hinterlassen die bislang tiefste Kluft im Kampf um die Ukraine (2015), die am überwunden geglaubten West-Ost-Konflikt auseinander gebrochen ist.
„Feindbild Russland“ erzählt die Beziehungsgeschichte des Westens mit Russland und spürt den wirtschaftlichen und geopolitischen Grundlagen der Russophobie nach. (Verlagstext)
/ AUS DEM INHALT: / / /
Vorwort / Russische Reichsbildung / Länder sammeln / Das Russlandbild im Westen / Überdehnte Expansion / "Kaiser aller Reußen/Russen / Eurasisches Herzland / Napoleons großer Feldzug / Allianz gegen Russland: Vom Krimkrieg zum deutschrussischen Zerwürfnis / Befreier oder Barbaren / Konträre Russenbilder im 19Jahrhundert / Von den Liberalen gehasst, von den Reaktionären verehrt / Aufruf zum Krieg gegen die Barbaren / Im Krieg gegen Russland (1914-1945) / Von der britischen "Heartland-Theorie zur deutschen Kriegserklärung / Die Ukraine zwischen den Fronten / Vom "Drang nach Osten" zum "Volk ohne Raum" / Deutsche Großraumpläne / Vom heißen zum Kalten Krieg (1945-1991) / Von Bretton Woods zum Containment / Schwierige Zeiten für US-Hegemonie: die 1970er Jahre / Amerikanische Mission unter antikommunistischer Flagge, / Waffen in Stellung bringen / Moskau tappt in die Falle: Afghanistan / Keynesianismus auf Amerikanisch / Moskau bankrott / Auf die Knie! Die Ära Jelzin / Das Ende der Sowjetunion / Von der IWF-gesteuerten Schocktherapie … / ..zum militärischen Vormarsch der NATO / Jelzin'sche Nachwehen / Stabilisierung in Moskau (2000.2012) / Konsolidierung der Macht / Administrative Re-Zentralisierung / Ökonomische Integrationsversuche / Der starke Staat / Das Ende der Entspannung / Das georgische Abenteuer / Soft Power: das Konzept "Farbrevolution" / Den Anfang macht die Bundesrepublik / Zivilgesellschaftliches Intervenieren / Das Geld kommt aus dem Westen / An Russlands Grenzen / Wer revoltiert? / Proteste in Russland / Moskau ist gewarnt / Kampf um die Ukraine / Die Europasche Union prescht vor: das Assoziierungsabkommen / Vom Majdan zum Bürgerkrieg / Die Ukraine zerfällt - die Krim wird bzwbleibt russisch / Massaker in Odessa und Repression in Kiew / Krieg im Donbass / Die Volksrepubliken / Aus Fronten werden Grenzen / Vom Einsatz gegen "Terroristen" zum Stellvertreterkrieg gegen Russland / Bringt Minsk II den Frieden? / Wirtschaftlich am Ende / Sanktionsregime gegen Moskau / Prophylaxe gegen den Anschluss der Krim / Von Personensanktionen zum Wirtschaftskrieg / Olympia-Boykott / Mobbing und Russen-Bashing / Sanktions- und Embargofolgen für den Westen / Moskau reagiert / Die große Schlacht um Ö1 und Gas / Zäsuren westlicher Russophobie (ab 1999) / Gegen Putin, die Inkarnation des Bösen / Russland eindämmen / Medienmeute losgelassen / "Medizinische Diagnose" statt politischer Analyse / Feind-Freund-Wahrnehmung / Die Putin-Versteher / RussIand-Deutung: national, etatistisch, eurasisch / Literaturverzeichnis /
Verfasser*innenangabe:
Hannes Hofbauer
Jahr:
2016
Verlag:
Wien, Promedia
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ISBN:
978-3-85371-401-0
2. ISBN:
3-85371-401-3
Beschreibung:
303 S.
Schlagwörter:
Feindbild, Geopolitik, Geschichte 1480-2015, Russland, Stereotyp, Ursache, Wirtschaft, Beziehung, Westliche Welt, Economy (eng), Großrussland, Rossija (GKD), Rossijskaja Federacija (GKD), Russische Föderation, Rußland, Sozialstereotyp, Stereotypen, Ursachen, Wirtschaftsleben, Ökonomie <Wirtschaft>, Beziehungen, Wechselbeziehung, Westen, Westliche Staaten
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Fußnote:
Literaturverz.: S. 296-303
Mediengruppe:
Buch