The Great Transformation, 1944 erschienen, geht von der These aus, daß erst die Herausbildung einer liberalen Marktwirtschaft mit ihrem "freien Spiel der Kräfte" zu jener charakteristischen "Herauslösung" und Verselbständigung der Ökonomie gegenüber der Gesellschaft geführt hat, die historisch ein Novum darstellt und die bürgerliche Gesellschaft von allen anderen Gesellschaftsformationen unterscheidet. The Great Transformation - das bezeichnet den Übergang von "integrierten" Gesellschaften, in denen die wirtschaftlichen Aktivitäten der Individuen in einen übergreifenden kulturellen Zusammenhang eingebettet waren, zur nicht integrierten Gesellschaft vom Typ der freien Marktwirtschaft. Während in nicht-marktwirtschaftlichen Gesellschaften "die Wirtschaftsordnung bloß eine Funktion der Gesellschaftsordnung", jene also von dieser abhängig ist, kehrt der Kapitalismus dieses Verhältnis um. Seine Ökonomik ist in einem spezifischen Sinne "autonom" gegenüber allen übrigen sozialen Bereichen und Bedürfnissen. In dieser Verselbständigung der Ökonomie gegenüber der Gesellschaft sieht Polanyi den Grund dafür, daß die westlichen Industriegesellschaften dabei sind, ihre eigenen sozialen Voraussetzungen, ja ihre physische Substanz zu zerstören. Polanyi begnügt sich nicht mit der Analyse und Kritik des laissez-faire-Kapitalismus; im Anschluß an die Arbeiten etwa von Marcel Mauss, Malinowski und Radcliffe-Brown befaßt er sich eindringlich mit solchen Gesellschaften, in denen die ökonomischen Transaktionen Teil der "faits sociaux totaux" (Mauss) sind. Diese Gesellschaften beruhen auf Prinzipien, z. B. dem der Reziprozität und der eigenbedarflichen Haushaltung, die einen Lebenszusammenhang garantieren, der auf Erhaltung und Schutz des sozialen und ökologischen Gleichgewichts basiert. Es sind nicht zuletzt Polanyis Untersuchungen "primitiver" Wirtschafts und Gesellschaftsformen, die bedeutenden Einfluß auf spätere anthropologische und ethnologische Forschungen ausgeübt haben.
/ AUS DEM INHALT: / / /
Erster Teil
Das internationale System 17
1Der hundertjährige Friede 19
2Die konservativen zwanziger und die revolutionären
dreißiger Jahre 41
Zweiter Teil
Aufstieg und Niedergang der Marktw:rtschaft 57
IDie Teufelsmühle 59
3"Behausung kontra Verbesserung" 59
4Gesellschaftsformen und Wirtschaftssysteme 71
5Die Entwicklung des Marktwesens 87
6Der selbstregulierende Markt and die fiktiven Waren:
Arbeit, Boden und Geld 102
7Speenhamland, 1795 113
8Vorgeschichte und Nachwirkt ngen 124
9Pauperismus und Utopia 147
10Nationalökonomie und die Entdeckung der Gesellschaft
IIDer Selbstschutz der Gesellschaft 182
11Mensch, Natur und Organisation der Produktion 182
12Die Geburt des liberalen Kredo 187
13Die Geburt des liberalen Kredo (Fortsetzung): Klasseninteresse
und gesellschaftliche Veränderung 208
14Markt und Mensch 224
15Markt und Natur 243
16Markt und Organisation der Produktion 260
17Die gestörte Selbstregulierung 270
18Störfaktoren 280
Dritter Teil
Die Transformation schreitet fort 295
19Demokratie und Marktwirtschaft 297
20Geschichte im Triebwerk gesellschaftlicher
Veränderungen 314
21Freiheit in einer komplexen Gesellschaft 329
Anmerkungen 345
Anhang
Quellenhinweise 351
1Das Kräftegleicgewicht als Politik, historisches
Gesetz, Prinzin und System 351
2Der hundertjährige Friede 356
3Der goldene Faden reißt 357
4Der Ausschlag des Pendels nach dem Ersten Weltkrieg
358
5Finanzen und Friede 359
6Ausgewählte Hinweise zu "Gesellschaftsformen und
Wirtschaftssysteme" 360
7Ausgewählte Hinweise zu "Entwicklung des Marktwesens
" 365
8Literatur über Jas Speenhamland-System 371
Zeitgenössisch!? Quellen über Pauperismus und das
Alte Armenrechtsgesetz 375
9Speenhamland und Wien 377
10Whitbreads Gesetzesvorschlag 379
11Disraelis "zwe Nationen" und das Problem der farbigen
Völker 381
12Zusätzliche Anmerkung, Armenrechtsgesetz und
Arbeitsorganisation 385