Welche Form der Demokratie sollten wir in Zeiten von Rechtspopulismus, Wutbürgern und Fake News anstreben? In ihrem neuen Buch entwickelt die Philosophin Cristina Lafont eine partizipatorische Konzeption der deliberativen Demokratie, die das Ideal der Selbstregierung trotz aller Unkenrufe ernst nimmt. Sie plädiert dafür, das Mitspracherecht der Bürgerinnen und Bürger nicht nur zu verteidigen, sondern sogar zu stärken.
Lafont entwickelt ihre Position in kritischer Auseinandersetzung mit pluralistischen, epistokratischen und lottokratischen Konzeptionen von Demokratie. Diese sehen verschiedene »Abkürzungen« vor, um Probleme der demokratischen Regierung - unüberwindliche Meinungsverschiedenheiten, politische Ignoranz, die schlechte Qualität politischer Deliberationen - zu lösen. All diese Abkürzungen untergraben jedoch die Demokratie, weil sie nur funktionieren, wenn die Bürgerinnen und Bürger sich blindlings Akteuren unterwerfen, deren Entscheidungen sie nicht mehr kontrollieren können. Auch die Annahme, dass eine Gemeinschaft bessere Ergebnisse erzielen kann, wenn sie ihre Mitglieder übergeht, erweist sich als falsch. Es gibt keine »Abkürzungen«, sondern nur den langen, bisweilen beschwerlichen partizipatorischen Weg, der beschritten wird, wenn die Bürgerinnen einen kollektiven Willen schmieden. Das ist unverkürzte Demokratie.
Inhalt
Einleitung. Demokratie für uns Bürger.................................. 11
I. Warum deliberative Demokratie?.................................... 35
1. Das demokratische Ideal der Selbstregierung.................... 37
1.1 Politische Gleichheit versus demokratische Kontrolle:
Das Problem blinder Überantwortung...................... 39
1.2 Demokratie aus partizipatorischer Perspektive ......... 49
1.3 Teilnehmer- versus Beobachterperspektive................. 64
2. Radikalpluralistische Demokratiekonzeptionen............... 67
2.1 Die radikalpluralistische Lösung für das Problem der
Uneinigkeit: Die prozedurale Abkürzung.................. 70
2.2 Die radikalpluralistische Lösung für das Problem
politischer Entfremdung: Hinnehmen oder aufgeben 87
2.3 Kann der Dissens beliebig tief reichen?...................... 102
2.4 Die agonistische Kritik an der Politik deliberativer
Verständigung............................................................ 119
II. Warum partizipatorische deliberative Demokratie? ...... 135
3. Rein epistemische Demokratiekonzeptionen.................... 137
3.1 Die Elitenepistokratie und das Versprechen besserer
Ergebnisse: Die expertokratische Abkürzung............ 144
3.2 Demokratische Epistokratie und das Ideal der
Selbstregierung........................................................... 160
4. Lottokratische Konzeptionen deliberativer Demokratie... 179
4.1 Deliberation versus Bürgerbeteiligung: Die
mikrodeliberative Abkürzung ................................... 193
4.2 Die Illusion von Demokratie oder »Vorsicht vor
Usurpatoren!«............................................................. 208
4.3 Keine Abkürzungen: Zurück zur makrodeliberativen
Strategie....................................................................... 236
5. Lottokratische Institutionen aus partizipatorischer
Perspektive.......................................................................... 243
5.1 Das demokratische Argument für den politischen
Gebrauch von Mini-Öffentlichkeiten ........................ 244
5.2 Deliberatives Aktivistentum: Einige partizipatorische
Verwendungsweisen von Mini-Öffentlichkeiten......... 257
6. Eine partizipatorische Konzeption deliberativer
Demokratie: Gegen Abkürzungen..................................... 280
6.1 Die demokratische Bedeutung politischer
Deliberation: Gegenseitige Rechtfertigung ............... 283
6.2 Würde die gegenseitige Rechtfertigung zu viele freie
Abende kosten? Eine erste Bestimmung des
angemessenen Umfangs öffentlicher Deliberation.... 297
6.3 Noch einmal zum Einwand der Überforderung:
Hypothetische, aspirationale und institutionelle
Modelle der gegenseitigen Rechtfertigung................. 312
III. Eine partizipatorische Konzeption der öffentlichen
Vernunft.......................................................................... 329
7. Kann öffentliche Vernunft inklusiv sein? ......................... 331
7.1 Die Debatte um die Rolle der Religion in der
Öffentlichkeit ..................................................... 336
7.2 Politische Rechtfertigung und die Religiös/säkular-
Unterscheidung: Exklusions-, Inklusions- und
Übersetzungsmodelle ......................................... 343
7.3 Und wenn die Religion kein Sonderfall ist? Politische
Rechtfertigung jenseits der Religiös/säkular-
Unterscheidung........................................................... 354
7.4 Die Konzeption politischer Rechtfertigung im Sinne
der öffentlichen Vernunft aus einer institutionellen
Perspektive................................................................. 363
8. Bürger in Roben............................................................... 379
8.1 Die Normenkontrolle als expertokratische
Abkürzung: Ermächtigung des Volkes versus blinde
Überantwortung an Richterinnen.............................. 380
8.2 Die demokratische Rechtfertigung der
Normenkontrolle: Eine partizipatorische
Interpretation ............................................................ 385
8.3 Können wir uns die Verfassung zu eigen machen?
Eine Verteidigung des partizipatorischen
Konstitutionalismus .................................................. 405
Danksagung............................................................................ 419
Literaturverzeichnis................................................................ 422
Namenregister........................................................................ 442
Sachregister ............................................................................ 444