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Otto F. Kernberg entwickelt in seinem Werk eine Psychologie der Gruppen und Organisationen aus analytischer Sicht. Dabei setzt er sich mit den regressiven Tendenzen von Gruppenprozessen, der potentiell lähmenden oder stabilisierenden Wirkung von Bürokratie und Ideologie und der moralischen Dimension von Führung auseinander. / Warum kann sich ein psychisch kranker Patient in einer fest strukturierten Gruppe mit klar definierten Arbeitsaufgaben ganz normal verhalten? Und warum können völlig gesunde, unauffällige Berufstätige, die innerhalb einer regressiven Gruppe mit unangemessener Arbeitsstruktur und/oder psychisch instabilen Vorgesetzten arbeiten, sehr schnell zu abnormem Verhalten regredieren? Die Beziehungen zwischen den unbewußten Konflikten des Individuums, den regressiven Gruppenprozessen und den Einflüssen der Organisationsführung können die latent immer vorhandene Angst und Aggression abschwächen oder verstärken. / / Otto F. Kernberg entwirft in diesem Buch eine Psychologie der Gruppen und Massen, der Macht und der Führung. Er untersucht dabei die Reaktionen von Individuen, wenn sie sich als Teil einer großen, nicht organisierten Masse erfahren, und die Bedingungen, unter denen in regredierten unstrukturierten Gruppen Aggression freigesetzt wird. In diesem Zusammenhang zeigt Kernberg auf, inwieweit Ideologie und Bürokratie als Schutzmaßnahmen beziehungsweise als soziale Abwehr gegen Aggression fungieren können. / / Ein eigenes Kapitel ist der "moralischen Dimension der Führung" gewidmet und behandelt narzißtische und paranoide Persönlichkeitsmerkmale ebenso als positive Aspekte und Voraussetzung für eine Führungspersönlichkeit wie auch als Gefahr im Hinblick auf ihre moralische Integrität und das Funktionieren der Organisation.

 

"Keine Rose ohne Dornen, keine funktionierende Gruppe ohne Narzissmus und Paranoia. Das dürfte die Quintessenz von 350 Seiten Kernberg sein. Denn jede Gruppe braucht einen Grund, zusammen zu bleiben. Entweder schafft sie etwas, was der Einzelne nicht zu leisten vermag, oder sie wird von außen bedroht. Aber was geschieht, wenn das sensible Gleichgewicht gestört wird, wenn Eitelkeit und Misstrauen und die damit verbundene Ausgrenzung innerhalb und außerhalb der Gruppe überhand nimmt? Welche Rolle spielt dabei Bürokratie, selbst immer gefährdet durch Korruption und institutionelle Erstarrung? Welche Rolle spielen Politik und Massenmedien? Wie wirken sich verschiedene Führungsstile aus? Und wie unterscheidet sich überhaupt die Kommunikation in der Großgruppe vom individuellen Gespräch? Vor dem Hintergrund der Erfahrungen des 20. Jahrhunderts mit totalitären Regimes und auf der Grundlage seiner realitätsgesättigten Institutionenerfahrungen als leitender Arzt und Psychoanalytiker gelingt es Kernberg, eine philosophisch dichte Konflikttheorie der etwas anderen Art zu entwerfen. / Fazit: Jenseits von hohlen Managementphrasen, zersplittertem Fakultätsdenken und kurzatmigem Empirismus, besitzt Kernberg die Sprache und das Wissen, zusammenzufügen, was zusammengehört. Lesen!" Rezensiert von Dr. Stefan Rusche - Wissenschaftsjournalist

 

Inhalt / / Vorwort zur deutschen Ausgabe von Peter Buchheim 9 / Vorwort des Verfassers 11 / Erster Teil / Psycboanalytische Untersuchungen von Gruppenprozessen: Theorie und Anwendung / 1 Psychoanalytische Theorien der Gruppenpsychologie 17 / 2 Identität, Entfremdung und Ideologie in Adoleszentengruppen 38 / 3 Massenpsychologie in analytischer Sicht 52 / Zweiter Teil / Institutionelle Dynamik und Führung / 4 Führung und Funktionalität in der Organisation 67 / 5 Regression in der Organisationsführung 87 / 6 Die Couch - ratlos: Die Psychoanalyse von Organisationen 111 / 7 Die moralische Dimension der Führung 125 / 8 Paranoiagenese in Organisationen 145 / 9 Führungsstile 165 / Dritter Teil / Therapeutische Anwendungen / 10 Interventionen in Gruppen: Eine systemtheoretische Untersuchung der Prioritäten 185 / 11 Die therapeutische Gemeinschaft - eine Neubewertung 209 / Vierter Teil / Anwendungen auf die psychoanalytische Ausbildung / 12 Institutionelle Probleme der psychoanalytischen Ausbildung 233 / 13 Autoritarismus, Kultur und Persönlichkeit in der psychoanalytischen Ausbildung 262 / 14 Dreißig Methoden zur Unterdrückung der Kreativität von Kandidaten der Psychoanalyse 271 / Fünfter Teil / Ideologie, Moral und der politische Prozeß / 15 Die Versuchungen der Konventionalität 285 / 16 Ideologie und Bürokratie als soziale Abwehr gegen Aggression . 308 / 17 Regression im politischen Prozeß 321 / Literatur 337 / Quellennachweise 348 / Register 349