Wurde Dionysos erst in der Moderne dionysisch? Dionysos, Sohn des Zeus, Gott der Ekstase, wurden viele Eigenschaften zugeschrieben. Aber nur eine unterscheidet ihn von allen anderen Göttern: sein plötzliches »Erscheinen«, jene mysteriöse Ereignishaftigkeit, die mit seinem Auftreten verbunden war und schon in den griechischen Texten thematisch wurde. Karl Heinz Bohrer begibt sich in seinem neuen Buch auf die Spuren dieser Eigenschaft des Dionysos und zeigt, wie sie sich sukzessive vom Mythos abgelöst hat und nach 1800 zum Signum der romantisch-modernen Literatur und Philosophie wurde.
Hölderlins dionysischer Augenblick, Nietzsches dionysische Ästhetik und die mythopoetische Metapher der modernen Lyrik bei Pound, T. S. Eliot, Rilke und Paul Valéry sind die wichtigsten Stationen, an denen das Dionysische des modernen Dionysos erkennbar wird: als Ausdrucksform des »Ereignisses« und des »Erscheinens«, die zu zentralen Kategorien der zeitgenössischen Kunst- und Literaturtheorien werden. Die Diskussion der Theorie des »Ereignisses« im Surrealismus sowie prominent bei Martin Heidegger und Jean-François Lyotard schließt diese fesselnde Studie zum dionysischen Diskurs der Moderne ab.
Inhalt
Vorwort 7
Siglenverzeichnis und Hinweis zur Zitierweise 9
Prolog: Wie dionysisch war,
wie dionysisch wurde Dionysos ? 11
I. Poetische Erfindung
im dionysischen Feuer: Hölderlin 39
1. Der dionysische Augenblick 53
2. Die poetologische Identifikation 66
3. "Das Heilige sei mein Wort" 86
4. Mythologie, Mythos, Metapher 103
5. Götterferne Mythologeme: Keats, Shelley, Kleist 121
II. Ästhetik des dionysischen Affekts: Nietzsche 135
1. Schrecken, Schein, Maske 145
2. Das "Wunder" des "aesthetischen Zuschauers" 162
3. Die neue Maske des Dionysos 176
4. Das Dionysische nach der Tragödie 193
5. Mythisch-Machen statt Mythos 215
III. Avantgarde mit dionysischen Wörtern:
Pound, Eliot, Valery 241
1. Das Ereignis dionysischer Wörter bei Pound 252
2. Eliots melancholische Aktualisierung
der Mythologie 280
3. Valerys mythopoetische "Erregung" 304
4- Kanonisierung des Mythos bei
Rainer Maria Rilke 331
5. Fazit: Neue Sichtweisen brauchen
ästhetische Argumente 347
Epilog: Warum Ereignis ? 355
Namenregister 385