Regeln ordnen fast jeden Aspekt unseres Lebens. Sie legen unsere Arbeitszeiten fest, bestimmen unser Verhalten im Straßenverkehr und ob es angebracht ist, zur Begrüßung die Hand zu geben oder die Wange hinzuhalten. Regeln organisieren die Riten des Lebens von der Geburt bis zum Tod. Nicht alle Regeln, die wir haben, mögen uns gefallen, und manche, die uns abgehen, sehnen wir herbei. Doch keine Kultur kann ohne sie auskommen.
In ihrem reich bebilderten Buch zeichnet die Historikerin Lorraine Daston nach, wie sich Regeln in der westlichen Tradition seit der Antike entwickelt haben. Sie dokumentiert deren verwirrende Vielfalt anhand einer Fülle von Beispielen – von juristischen Traktaten über Militärhandbücher bis hin zu Kochrezepten –, entdeckt aber auch, dass es nur wenige Grundarten gibt, die über die Zeiten Bestand hatten: Algorithmen, Gesetze und Modelle. Und sie zeigt, wann Regeln funktionieren, wie sie sich verändern können und warum einige philosophische Fragen zu Regeln so alt sind wie die Philosophie selbst, andere hingegen so modern wie Rechenmaschinen. Ein souverän geschriebenes, fesselndes Buch über die Zwänge, die uns leiten – ob wir es wissen oder nicht.
Inhalt
1 Einleitung: Die verborgene Geschichte der Regeln 11
Hinweise auf eine verborgene Geschichte 11
Regeln als Paradigmen und Algorithmen 16
Universalien und Einzeldinge 27
Eine Geschichte des Selbstverständlichen 32
2 Antike Regeln: Richtscheite, Modelle und Gesetze 37
Drei semantische Cluster 37
Die Regel ist der Abt 46
Vorbildern folgen 57
Schluss: Regeln zwischen Wissenschaft und Handwerk 62
3 Die Regeln: der Kunst: Kopf und Hand vereint 67
Die verstehende Hand 67
Füllige Regeln 76
Regeln im Krieg 84
Kochbuchwissen 91
Schluss: Hin und her, weder das eine noch das andere 99
4 Algorithmen vor der mechanischen Berechnung 105
Das Klassenzimmer 105
Was war ein Algorithmus? 108
Allgemeinheit ohne Algebra 119
Rechner vor den Rechnern 132
Schluss: Schlanke Regeln 144
5 Algorithmische Intelligenz im Zeitalter der
Rechenmaschinen 151
Mechanische Befolgung von Regeln: Babbage und Wittgen-
stein 151
»Erst organisieren, dann mechanisieren«: Der Mensch-Maschine-
Workflow 157
Mechanische Achtsamkeit 165
Algorithmen und Intelligenz 172
Schluss: Von der mechanischen zur künstlichen Intelligenz 179
6 Regeln und Vorschriften 183
Gesetze, Regeln und Vorschriften 183
500 Jahre Regelversagen: Der Kampf gegen die Mode 188
Regeln für eine widerborstige Stadt: Die Straßen im Paris der
Aufklärungszeit unter Kontrolle bringen 204
Allzu erfolgreiche Regeln: Die Rechtschreibung 225
Schluss: Von Regeln zu Normen 248
7 Gesetze des Naturrechts und Naturgesetze 255
Die grandiosesten Regeln von allen 255
Naturrecht 258
Naturgesetze 270
Schluss: Universelle Gesetzlichkeit 280
8 Das Beugen und Brechen von Regeln 285
Am Limit 285
Kasuistik: Harte Fälle und zarte Gemüter 289
Billigkeit: Wenn Recht zu Unrecht wird 297
Vorrecht und Ausnahmezustand: Herrscher und die Herrschaft
des Rechts 305
Schluss: Was war zuerst, die Regel oder die Ausnahme? 316
Epilog: Wovon der Bruch mehr ehrt 321
Dank 330
Anmerkungen 333
Verzeichnis der Abbildungen 385
Literatur 387
Register 417