Das Wiederentstehen autoritärer Gesellschaften lässt die Frage aufkommen, welche Bedeutung die Persönlichkeit von Politikern wie Putin, Orban oder Trump für diese Entwicklung hat. Die allgemeinere Frage dahinter lautet: Passen sich soziale Systeme eher psychischen Strukturen an, oder ist es umgekehrt?
Fritz B. Simon studiert ein lehrreiches Beispiel: Stalin und die Sowjetunion. Sein Buch verbindet drei thematische Stränge: die Lebensgeschichte Stalins in ihrem historischen Kontext; die Dynamik der zum jeweiligen Zeitpunkt für ihn relevanten sozialen Systeme; und die psychische Entwicklung Stalins zur beschriebenen Zeit.
Für die Analyse der sozialen Systeme, deren Mitglied Stalin war – von der Familie bis zum Staat –, zieht Simon Konzepte der Familienforschung und der soziologischen Systemtheorie heran. Die Analyse von Stalins psychischer Entwicklung ruht auf psychoanalytischen Konzepten. Dieser methodische Doppelzugang deckt eine Koevolution auf, die zu einer schrecklichen Diktatur mit einem der grausamsten Diktatoren der Weltgeschichte fu¨hrte. Stalin und die UdSSR erweisen sich dabei als Lehrstück, das einen sehr erhellenden Blick auf die Gegenwart eröffnet. (Verlagstext)
Inhaltsverzeichnis:
Vorbemerkung..................................................................................................9
1 Theoretische Grundlagen........................................................................12
Die Undurchschaubarkeit der Psyche................................................. 12
Organisation als Apparat......................................................................14
2 Historischer Kontext................................................................................16
Das zaristische Imperium.................................................................. 16
Die Geheimpolizei/ Der Apparat....................................................... 26
Gesellschaft und Kultur in Stalins Georgien.....................................27
Kulturelle und staatliche Muster........................................................29
3 Kindheit und Jugend Stalins (1878-1899)..............................................33
Die Herkunftsfamilie........................................................................... 33
Familiendynamik der Dshugaschwilis.............................................. 40
Jossebs frühe psychische Entwicklung.............................................. 42
Die Schule...........................................................................................48
Die autoritäre Struktur der Schule.....................................................56
Sosos Beziehung zu Peers und Schule................................................57
Die Geschichte Kobas...........................................................................58
Das Priesterseminar............................................................................. 62
Die totale Institution............................................................................ 68
Vom gläubigen Christen zum Revolutionär......................................69
4 Die vorrevolutionäre Zeit (1899-1917)...................................................71
Im Untergrund.....................................................................................71
Die Gründung der Partei..................................................................... 75
Der Berufsrevolutionär........................................................................ 78
Iskra und die »Iskra-Männer«............................................................78
Die Strukturierung der Partei............................................................ 82
Strategisches Publizieren.....................................................................83
Verbannungen/Gefängnis.................................................................84
Autodidakt und subdepressiver Müßiggänger..................................87
Kobas Privatleben............................................................................... 88
Merkmale der Paarbeziehungen Kobas.............................................91
Kobas Überlebensstrategien..............................................................93
Selbstkontrolle................................................................................... 95
5 Revolution(en) und Bürgerkrieg (1917-1920).................................... 97
Februar- und Oktoberrevolution......................................................... 97
Staat und Partei....................................................................................102
Der Bürgerkrieg...................................................................................105
Chaos-Muster.......................................................................................108
Argwöhnische Vorsicht....................................................................... 110
Ein Apparat, genannt »Tscheka«.......................................................III
Der Machtgewinn der Tscheka............................................................115
Stalin in Zarizyn.................................................................................. 117
Kommunikation in der Partei............................................................. 120
Private Kommunikation: Stalins zweite Ehe......................................124
6 Der Weg zur Macht (1921-1927).............................................................127
Die Partei..............................................................................................127
Die Macht des Generalsekretariats..................................................... 137
Im Politbüro.........................................................................................141
GPU/OGPU........................................................................................ 145
In der Großfamilie...............................................................................147
7 Willkürherrschaft/Terror (1928-1941)...................................................150
Entkulakisierung................................................................................. 150
Die Macht des Funktionärs................................................................. 154
Das Maschinenmodell der Gesellschaft............................................. 156
Industrialisierung................................................................................157
Die Geheimpolizei als Machtmittel.................................................... 161
Der Personenkult.................................................................................165
Narzisstische Bedürftigkeit?................................................................166
Das Narrativ des geliebten Führers.................................................... 169
Die »Säuberungen«.............................................................................173
NKWD oder: Die Organisation des Terrors........................................181
Das Ende der Großfamilie.................................................................. 185
Innerfamiliäre Asymmetrien..............................................................188
8 Der »Große Vaterländische Krieg« (1941-1945)................................. 191
Der Kontrollverlust.............................................................................. 191
Die Beziehung zu Hitler..................................................................... 195
Die Beziehung zum Generalstab....................................................... 196
Entscheidungsfindung in der Gruppe...............................................201
Das NKWD im Krieg.......................................................................... 202
9 Vater und Söhne.......................................................................................204
Jakow................................................................................................... 204
Wassilij................................................................................................ 207
Artjom................................................................................................. 210
Vater-Sohn-Identifikation und Nähe-Distanz-Regelung................... 211
10 Nachkriegszeit/Kalter Krieg (1945—1953)............................................ 216
Teheran, Jalta, Potsdam......................................................................216
Die letzten Jahre Stalins..................................................................... 220
Weltpolitik...........................................................................................222
11 Koevolution: Stalins psychische Strukturen
und ihre sozialen Umwelten..................................................................225
Familie / Soso.......................................................................................228
Schule /Soso........................................................................................230
Priesterseminar/ Koba........................................................................232
Untergrund, Gefängnis, Verbannung/Koba.....................................234
Paarbeziehungen, Familie/Josseb..................................................... 235
Staat, Partei/ Stalin............................................................................. 237
Politbüro, ZK/Stalin...........................................................................240
Geheimpolizei / Stalin.........................................................................241
Das sowjetische Volk/Stalin.............................................................. 243
Die Großen Drei/ Stalin..................................................................... 243
12 Putin - Das Erbe Stalins.........................................................................246
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel......................................................246
Der Apparat und Putin.......................................................................247
Ausblick............................................................................................................252
Literatur............................................................................................................256
Über den Autor...............................................................................................262