Der in London lebende und lehrende Literaturwissenschaftler und Autor Rüdiger Görner ist ein Experte für österreichische Literatur und Kultur. Die Perspektive von außen, fernab eines kulturellen "Betriebs", schärft den Blick auf die dialektische Verquickung von Sprachrausch und Sprachverlust, die Literatur aus Österreich antreibt und mitunter sabotiert. Görner ergründet Erfolg, künstlerische Tiefenwirkungen und die faszinierende Bandbreite dieser Literatur und agiert dabei erfrischend unbeeindruckt von Konjunkturen.
Rüdiger Görner verortet den Platz der österreichischen Literatur in einem gesamteuropäischen Kontext und ist dabei ihrer Essenz auf der Spur: "Es sind die scheinstabilen poetischen Verhältnisse, welche die Literatur Österreichs seit 1900 beschreibt und uns als ästhetische Wirklichkeit vorführt; darin liegt ein Gutteil ihres Faszinosums." Görner beobachtet in Österreichs Kultur eine "extrovertierte Inwendigkeit" auszeichnet und deren Literatur die "sabotierende Wirkung des Schreibens" mitunter grenzenlos feiert.
Görners literarische Topographie Österreichs leuchtet unbekannte Aspekte des Bekannten ebenso aus wie das in Kritik und Wissenschaft zu wenig Beachtete, etwa die Lyrik Franz Werfels oder Thomas Bernhards. Die luziden Essays spannen den Bogen von Nikolaus Lenau und Hugo von Hofmannsthal über Jean Améry und Heimito von Doderer bis zu Ernst Jandl, Friederike Mayröcker und Evelyn Schlag.
"Es bedarf einer besonderen Art der "Erzählweise", mit der ein Autor einen umfassenden Überblick über eine bestimmte Literatur schaffen und, wichtiger noch, den Lesern dabei mal unterhaltend, mal kritisch belehrend und mal nachdenklich machend zum Fragen ermutigen kann: Rüdiger Görner macht genau dies in seinem neuen Buch zur österreichischen Literatur, und er macht es meisterlich. Görners Buch ist nicht nur eine tour d'horizon, sondern auch eine tour de force, wenn man sieht, wie er aus einer spezifisch österreichischen Sprachskepsis geborenen Hyperbolität dieser Literatur einen Bogen schlägt zu einer alle Kunstformen des 20. Jahrhunderts umfassenden Diskussion der Avantgarde." Swati Acharya, literaturkritik.de (Verlagstext)
AUS DEM INHALT:
Inhalt
Landschaft mit Urnen. Zum Geleit
Leitmotive oder: Österreichs (literarische) Kultur der Hyperbel
I Prisma Tradition
Wer will mich? - Land ohne Goethe
Eine Polemik zum 250. Geburtstag
Ringstraße oder Square - Junges Wien und Dandyismus
Von Schwierigkeiten und Hofmannsthals lustspielhaftem Umgang damit
Was wirklich ist. Zu H.G. Adlers Vorschule einer Experimentaltheologie
Ilse Aichingers Sprachprismen
II Lyrische Momente
"Am Strand des Lebens irr ich"
Eine Annäherung an Nikolaus Lenau
Notizen aus der Gegenwelt. Lyrik in Wien von Hugo von Hofmannsthal bis zu Ernst Jandl
Farbintervall und Wortverschattung. Versuch über Trakl
"Das Ich versagt am Es." Zur Krise des "reinen Bezugs" am Beispiel von Rainer Maria Rilkes "Briefwechsel in Gedichten mit Erika Mitterer"
In Kronos' austriakischem Gehöft
Etüde über Alexander Lernet-Holenias lyrisches Schaffen
"Ein solitärer Spannungs-Zustand". Doderers Lyrik oder die Problematik des Poetischen
Vernunft der poetischen Kritik
Erich Frieds lyrisches Denken. Eine Rezension
"Ein Krüglein Bläue". Überlegungen zum Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan
Drei Gedichtinterpretationen. Franz Werfel - Thomas Bernhard - Evelyn Schlag
III Prosa im Gestern
Gewebe aus Vergangenheiten. Zu Hugo von Hofmannsthals Prosa
Gewesene Zukunft. Zu Stefan Zweigs "Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers"
"Rezeption ohne Eigenschaften". Robert Musils Einfluss auf österreichische und deutsche Schriftsteller nach 1945
Fahnen von Gestern. über Alexander Lernet-Holenias Roman "Die Standarte"
IV Spätmoderner nie
Den Fenstersturz in der Tasche. Thomas Bernhards Idee von "Weltbezug"
Wie man den Mainstream sabotiert. Eine kurze Betrachtung zum langen Werk der Friederike Mayröcker
Dem Späten voraus sein oder: Kunst zwischen Arriéregarde und Avantgarde
Anmerkungen
Quellennachweis