Ein augenöffnender philosophischer Beitrag zur Debatte um Umwelt und Kapitalismus: Der französische Philosoph Pierre Charbonnier gilt als »der neue philosophische Kopf einer politischen Ökologie« (so die französische Zeitschrift Libération). In »Überfluss und Freiheit« entwirft er die erste philosophische Ideengeschichte zum Verhältnis zwischen Mensch und Natur. Die ökologische Krise der Gegenwart sieht er als Chance, sozial und politisch umzudenken und als Gesellschaft neue Wege zu gehen. Dabei setzt Charbonnier auf eine radikal andere Politik, die nicht notwendig mit Verzicht verbunden ist.
Bei jedem Klimagipfel werden Ziele formuliert – doch die vereinbarten politischen Regelungen genügen nicht, um diese zu erreichen. Warum ist das so? Weil, so zeigt Pierre Charbonnier, die Erde seit dem 17. Jahrhundert als unerschöpfliche Quelle von Wohlstand und Wachstum gesehen wird. Alle seither entwickelten politischen Ideen beruhen darauf, vor allem die zentralen Begriffe von Freiheit und Gleichheit, von Autonomie und von Wachstum bzw. Überfluss.
Das ist eine fatale Sicht auf das Verhältnis von Mensch und Natur. Wir brauchen eine philosophische Neudefinition dieser Beziehung, wenn wir nachhaltige politische, soziale und wirtschaftliche Ideen und Konzepte wollen. Pierre Charbonnier liefert die Grundlage dafür – klug und anregend, optimistisch und radikal!
Inhalt
Einleitung 9
1 Kritik der ökologischen Vernunft 19
Der Stoff der Freiheit 19
Die andere Geschichte: Ökologie und soziale Frage 26
Für eine ökologische Ideengeschichte 30
Subsistieren, bewohnen, erkennen 35
Autonomie und Überfluss 43
2 Souveränität und Eigentum.
Die politische Philosophie und der Boden 56
Die politischen Affordanzen des Bodens 56
Grotius: Das Reich und der Besitz 65
Locke: Der Bürger als Verbesserer 77
3 Das Korn und der Markt. Marktordnung und
organische Ökonomie im 18. Jahrhundert 88
Die sinnvolle Nutzung des Bodens 88
Der Agrarstaat der Physiokraten 91
Der liberale Pakt: Adam Smith 101
Zwei Arten von Wachstum 109
Fichte: Die Allgegenwart der Modernen 115
4 Die neue ökologische Ordnung 124
Von einem Liberalismus zum anderen 124
Die Paradoxa der Autonomie: Guizot 130
Die Paradoxa des Überflusses: Jevons 138
Koloniale Extraktionen 146
Die Autonomie-Extraktion: Tocqueville 152
5 Die Industrielle Demokratie.
Von Proudhon bis Durkheim 160
Revolutionen und Industrie 160
Eigentum und Arbeit 162
Proudhons Kritik des liberalen Pakts 169
Das Idiom der Brüderlichkeit 175
Durkheim: »Carbon Sociology« 178
Die politischen Affordanzen der Kohle 191
6 Die technokratische Hypothese.
Saint-Simon und Veblen 198
Fluss der Materie und Handelsarrangements 198
Saint-Simon: Eine neue soziale Kunst 203
Die technische Normativität der Modernen 209
Die Freilegung des Schemas der Produktion 214
Veblen und der Kult der Effizienz 218
Der Ingenieur und das Eigentum 224
7 Die Natur in einer Marktgesellschaft 238
Marx als Denker der Autonomie 238
Die sinnvolle Nutzung des Waldes 243
Technologie und Agrarwissenschaft 247
Die Eroberung der Welt 255
Karl Polanyi: Schutz der Gesellschaft,
Schutz der Natur 261
Die Entbettung 268
Sozialismus, Liberalismus, Konservatismus 272
8 Die große Beschleunigung und
die Verdunklung der Natur 287
Freedom from want 287
Emanzipation und Beschleunigung:
Herbert Marcuse 292
Öl und Atom: Die unsichtbaren Energien 299
9 Risiken und Grenzen:
Das Ende der Sicherheiten 312
Warnungen und Kontroversen 312
Kritik der Entwicklung und
politischer Naturalismus 317
Das Risiko und die Neuerfindung der Autonomie 331
Die Sackgasse: Zwischen Kollaps und Resilienz 341
10 Das Ende der Ausnahme der Moderne und
die politische Ökologie 348
Symmetrisierungen 348
Autorität und Komposition 358
Unter dem Naturalismus, die Produktion 364
Der ungleiche ökologische Tausch 374
Die Kritik provinzialisieren 382
Eine neue konzeptuelle Kartographie 389
11 Der Selbstschutz der Erde 393
Der Wandel der Gerechtigkeitserwartungen 393
Autonomie ohne Überfluss 405
Zu einem neuen kritischen Subjekt 419
Schluss:
Die Freiheit neu erfinden 429
Anmerkungen 439
Literatur 477
Register 503