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Lebensdrama und Gesellschaft

szenisch-materialistische Psychologie für soziale Arbeit und politische Kultur
Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Ottomeyer, Klaus
Verfasser*innenangabe: Klaus Ottomeyer
Jahr: 1987
Verlag: Wien, Deuticke
Mediengruppe: Buch
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Inhalt

Das 1987 erschienene Buch ist aus der Spannung zwischen Analyse der kapitalistischen Verhältnisse und den Aufgaben einer praktisch nützlichen verstehenden Psychologie entstanden. Über Ottomeyers Buch "Ökonomische Zwänge und menschliche Beziehungen" (zuerst erschienen bei Rowohlt 1977) hinausgehend wird hier eine größere Nähe zum Subjekt riskiert. "Lebensdramen" von Individuen und Gruppen unter bestimmten politischen und kulturellen Verhältnissen kann man nur untersuchen, indem man sich als Mitspieler auf eine Begegnung mit dem Gegenüber einlässt und seine – auch unbewussten - Antworten reflektiert. Das Psychodrama nach J.L.Moreno, das szenische Verstehen bzw. die Tiefenhermeneutik von Alfred Lorenzer und die Ethnopsychoanalyse nach Paul Parin, Fritz Morgenthaler und Goldy Parin-Matthèy werden miteinander kombiniert und auf den Praxisbegriff von Marx bezogen. Das Buch enthält neben den theoretischen Passagen zahlreiche Fallbeispiele aus der therapeutischen und psychosozialen Praxis und auch tiefenhermeneutische Analysen von Filmen, zum Beispiel von "Ghostbusters" und "E.T.". Klaus Ottomeyer berichtet in den konkreten Untersuchungen in einer Weise über die eigene Irritation als Teil des Verstehens, die im heutigen akademischen Betrieb noch unüblicher (oder "anstößiger") geworden ist als sie es damals schon war. Alfred Lorenzer, der Ende der 80er Jahre häufiger bei Ottomeyer am Institut für Psychologie der Universität Klagenfurt zu Besuch war, hat das Buch als eine gut lesbare Anwendung seines eigenen Konzepts vom "Lebensdrama" als dem zentralen Gegenstand der Psychoanalyse angesehen.
 
Inhalt
 
Vorwort 11
I. Eine Einbruchsgeschichte und viele Ebenen der Untersuchung 13
1. Berlin im Herbst 1981 13
2. Ein etwas seltsamer Gruppenabend 14
3. Zwei Mutter-Sohn-Konflikte gegensätzlicher Art 17
4. Konflikt und Verkörperung 18
5. Die subjektiven Konflikte haben einen szenischen Aufbau; sie lassen
sich im Wechselspiel von „Übertragung" und „Gegenübertragung"
reinszenieren 18
6. Die frühen Konflikte werden im weiteren Leben überformt und
fixiert 19
7. Dinglicher Reichtum, Räume und Abenteuer 20
8. Tantalus, Neurose, Verwahrlosung und Scheibenklirren 21
9. Zwei Arten von Hunger 22
10. Einfache Erklärungen helfen nicht 22
11. Zukunfts-und Sinnorientierungen 23
12. Individuelle Lebensäußerung und soziale Bewegung 24
13. Die Institution bedingt unsere Beziehungsdramen 25
14. Ein abstraktes Schema soll gegen die Vereinfachungsfehler helfen 27
II. Lebensdrama und moderne Psychotechnik 35
A. Psychodrama - ein Beispiel 35
1. Bärbels Geschichte 35
2. Das „Setting", die Leiter, der Protagonist und die Gruppe 40
3. Raum, Zeit, Realitätserfahrung 44
4. Phasen und Techniken 46
5. Übertragung und Gegenübertragung 52
B. Kritik des psychodramatischen Menschen- und Gesellschaftsbildes .. 57
1. Der menschliche „Aktionshunger" und die menschliche Kreativi­
tät werden aufdie rastlos-flexible Gestaltung von Rollen eingeengt 57
2. Der Rollenaspekt des Handelns wird verabsolutiert und enthistori­
siert; oder: „Schlag nach bei Shakespeare" 59
3. Der sozialpsychologische Verlust des Gesellschaftsbegriffs 69
4. Rolle und Anpassung 73
C. Psychodrama und Psychoanalyse; der dramatische Entwurf und seine
Rekonstruktion 75
1. Lebensdrama als Gegenstand 75
2. Logisches, psychologisches und szenisches Verstehen 77
3. Diskursive und präsentative Symbolik 78
4. Der geschichtliche Prozeß der Bilderzerstörung ist eine Bedingung
für den modernen Psychokult 80
5. Sinnlich-unmittelbare und sprachvermittelte Sozialisierung; psychische Störung als Sprachzerstörung 81
6. Psychodrama und Psychoanalyse als sprachvermitteltes und als
sinnlich-unmittelbares Zusammenspiel 83
7. Kinder, Dichter, Seher 85
8. Das Konzept des dramatischen Entwurfs als mögliches Verbindungsstück: Bloch und Sartre 89
D. Gegenübertragung, Wissenschaft und Politik 93
III. Dramatischer Entwurf, Praxis und Identität 103
A. Das Kanu und das Huhn. Zum Verhältnis von psychoanalytischer
und marxistischer Sozialpsychologie 103
1. Eine Reise nach Neuguinea 103
2. Die Drohungen der Ambivalenz 104
3. Dahinter ist ein Drama von Verlassenheit und Wut 105
4. Auch die Sexualität kommt ins Spiel 106
5. Die Beziehungsdynamik zwischen beiden Frauen ist etwas Eigenständiges; sie ist aber auch über Nähprodukte vermittelt, die
wechselseitige Anerkennung ermöglichen 106
6. Ein Kanu wie ein Gespräch 108
7. Ein coq au vin am Sepik 109
8. Über unsere Produkte hängen wir mit dem Gesellschaftlich-Allgemeinen, der Welt zusammen 109
9. Psychoanalytisch-dramatische und Marxsche Psychologie 110
B. Ein systematisches Modell von Praxis und Identität 111
1. Wir müssen zwischen Lebendigkeit und Zuverlässigkeit, Identität
und Nichtidentität balancieren 111
2. Identität ist doppelter Selbstbezug und eine Zusammenhangserfahrung mit Körperbasis, wobei die frühe Hauterfahrung beson­
ders wichtig ist 113
3. Identität und Selbstgefühl entstehen über zwischenmenschliche
Spiegelung, das Echo, die Umarmung des anderen 115
4. Die identitätsbildende Begegnung ist durch Rollen, Symbole und
bewußt-unbewußte Entwürfe vermittelt 117
5. Die zwischenmenschliche Begegnung läuft (fast) immer auch
über Gegenstände, sachliche Produkte, ist „triadisch" organisiert. 119
6. Kleiner Exkurs: Es soll dabei nicht vergessen werden, daß auch
die soziale Interaktion, Begegnung in sich „triadisch" organisiert
und noch viel komplizierter sind 121
7. Es gibt wichtige Hinweise für unser Praxismodell beim Sozialisationskonzept von Alfred Lorenzer 122
8. Auch Margret Mahlers Entwicklungspsychologie kann in ein
materialistisches Praxismodell integriert werden 125
9. Leider gibt es schon früh einen dicken Strich durch die Rechnung, der glücklicherweise (noch) Löcher hat 128
10. Produkt- und Kooperationsverlust führen bei Erwachsenen im
Durchschnitt zu Regression, Infantilismus und Vorurteilsbereitschaft 129
11. Dadurch geraten die Menschen in ein Übermaß von „Übertragungen" 130
12. Dies ist ein Hintergrund dafür, daß man ein Stück weit die
„Transaktionsanalyse" anwenden kann 131
13. Unser Praxismodell kann um diese Aspekte erweitert werden 133
14. Es gibt den interaktionistischen und den instrumentalistischen
Grundfehler bei der Betrachtung menschlicher Praxis 134
15. Auf der emotionalen Ebene kann man dementsprechend die
„quasi-autistische" und die „sozial-clinchige" Verzerrung von
Praxis unterscheiden : 135
16. Wir brauchen einen Marxschen Praxisbegriff, der die Selbstregulation der menschlichen Sinnlichkeit und zwischenmenschlich-dramatischen Muster geduldig berücksichtigt und einbezieht 137
C. Beziehungsarbeit-Paradoxie oder Chance? 141
1. Beziehungsarbeiter stellen zuverlässige Lebendigkeit her;
hauptberufliche Beziehungsarbeit ist ein historisches Novum 141
2. Die Entkoppelung von materieller Alltagskooperation und Beziehungsarbeitwirft schwerwiegende Probleme auf. Es tritt die
Sisyphus-Figur des „Nur-Erziehers" auf 142
3. Die paradoxe Aufgabe der „reinen Beziehungsarbeit" wird für
Geld geleistet; die existentiell-alltägliche Verbundenheit von
Betreuer und Betreutem wird aufgelöst. Wird letzterer zur
„Essensmarke" des Betreuers? 144
4. Zu den genannten Entfremdungsfaktoren treten noch die
„pseudoökonomische" Arbeitsteilung und die Hierarchisierung der
Beziehungsarbeit 146
5. Ein Beispiel für ein relativ gelungenes Stück Beziehungsarbeit 147
6. Das verbindende „Dritte" sind nicht nur Gegenstände, sondern
auch Sinngebilde und soziale Bewegungen 148
7. Kommunikationsverbesserung als Desorientierung 149
8. Psychosoziale Einrichtungen werden über Kooperationsverlust
leicht zu Infantilisierungsstätten 150
9. Das Schuldgefühl als Regent-ein Psychodrama im Kinderheim . 150
10. Zwischen Schuldgefühls-Karussell und Watteschachtel 153
11. Die Arbeitsteilung zwischen Therapie und (Sozial-)Pädagogik:
Reinszenierung versus Neuinszenierung 153
12. Im Raum des Therapeuten herrschen Gegenstandsentleerung
und Gegenstandsverfremdung. Trotzdem gibt es zwischen Klient
und Therapeut Bausteine und einen gemeinsamen Produktionsprozeß :
szenische Verdichtung und Rekonstruktion 155
 
13. Ein Zufallstreffer von Moreno bringt ihn nahe an Marx heran:
Dialektik von Vergegenständlichung und Aneignung in der
dramatischen Therapie 157
14. Der Widerstand in der Therapie entspricht der Sperrigkeit des
Arbeitsgegenstandes gegenüber der menschlichen Aneignungsbewegung 158
15. Psychotherapie ist eine merkwürdige Arbeit, die zugleich
Metakommunikation ist 159
16. Das Therapieprodukt hat auch einen spürbaren, konsumierbaren
Gebrauchswert, ähnlich einem Kulturprodukt 160
17. Der Raum des Therapeuten ist untypisch frei von realen
Sanktionen, der des (Sozial-)Pädagogen nicht. Das ist für diesen kein
Grund, sich zu schämen 161
18. Eine graphische Schematisierung des Unterschieds zwischen
Therapie und Pädagogik 164
19. Beide Formen der Beziehungsarbeit sind auf ein sehr sensibles
Wechselspiel von Selbstregulation und bewußter Zuarbeit angewiesen 166
20. Die Krise der Sozialisationssysteme, flankierende Maßnahmen
und Kriterienvakuum 166
21. Therapeutisierung, die von oben gefördert wird, dient zur Niederhaltung
alternativer Lebens- und Produktionsformen und bietet
sich als schlechter Kompromiß zwischen Emanzipation und
Herrschaftsstabilisierung hervorragend an. Sie gibt Scheinsubstanz 167
22. Demokratische Leitungsfunktionen sind notwendig, Psychologen-
und Therapeutenherrschaft nicht; ein Stück realistischer
Utopie 169
IV. Identität und Gesellschaft 171
A. Die gesellschaftliche Formung und Fragmentierung von Identität: ein
Schauspielhaus mit vielen Bühnen 171
1. Einleitende Bemerkungen und eine Graphik 171
2. Verhältnisse und Verhalten 173
3. Das Marktskript 174
4. Das Skript der Produzenten 177
5. Das Skript der Reproduktion und Kompensation 178
6. Ein systematisch-chaotisches Schauspielhaus mit vielen Bühnen
bedroht die Darsteller mit Zerreißung 179
7. Growingup 181
8. Autonome Warenbesitzer und „aus den Rollen gefallene" 182
9. Äußere Zumutungen und biographischer Entwurf 183
10. Wir sind auch Täter 185
11. Der neukonservative Mechanismus 185
B. Lebensstile: „real existierender Positivismus", „Menschein" und
Zynismus 186
1. Vorbemerkungen 186
2. Der „real existierende Positivismus" 187
3. Das „Menschein", das eingeschobene Gefühlsbad, ist die notwendige
Kehrseite der Medaille 191
4. Exkurs: Tyrannei der Intimität? 193
5. Der Zynismus-und die „Frechheit von unten" 196
V. Dramen der westlichen Welt 199
A. Kulturindustrielle Inszenierungen als Indikatoren 199
B. Der „Außerirdische" und wir: ein sentimentaler Abschied 203
1. Vorbemerkungen 203
2. Der „Außerirdische" spricht Massenbedürfnisse, die nur teilweise
bewußt sind, auf mehreren Ebenen an 205
3. Der neuzeitliche Religionsverlust führt zu Ohnmacht und
Identitätsverunsicherung, auf die „E. T." reagiert 206
4. Es wird der „menschenfeindlichen" Technik und Wissenschaft
abstrakt eine Dimension des „Verstehens" entgegengesetzt 208
5. Der Film wendet sich zu Recht gegen den männlichen Herrschaftswahn
in der technischen Entwicklung 210
6. „E. T.s" Erfolg stützt sich auf Ängste vor dem Trend zur neuen
Männlichkeit und vor der Sexualisierung unserer Kultur 212
7. Allerdings kommt es auch in der Botschaft des Films zu einer
untergründigen Befriedigung von männlichen Sexual- und Grö­
ßenphantasien - es wirken u. a. die Abwehrmechanismen der
Verleugnung, der Verkehrung und der Isolierung 214
8. Auch die (männliche) Aggression wird verdrängt - dabei helfen
Projektion (Abspaltung) und Verfremdung 215
9. Die Phantasie vom befreundeten Fremdling stützt ein labilisiertes
kindliches Ich 217
10. Unter der Ebene des ödipalen Konflikts spricht der Film „E. T."
auch Geborgenheits- und Größenprobleme an, die einer sehr
frühen (oralen) Entwicklungsphase entsprechen 218
11. Der Film transportiert auch rebellierende anale Impulse 220
12. Es wird eine Scheinlösung der Identitätsdiffusion geboten, in der
viele Adoleszente und Erwachsene heute stecken 221
13. Der Abschied vom Heilsbringer 222
C. Geisterjäger 223
1. Vorangestellter Nachtrag vom 18. April 1986 223
2. Der Film 224
3. Methodische Nachbemerkung 233
D. Denver, Bond und Rambo 233
Anhang: „Ich bin wichtig - ich will leben!"
Lebensgeschichte und Gewalterfahrung. Eine psychodramatische Studie
(Gemeinsam mit Maria-Theresia Schönherr) 243
Anmerkungen 257

Details

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Ottomeyer, Klaus
Verfasser*innenangabe: Klaus Ottomeyer
Jahr: 1987
Verlag: Wien, Deuticke
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ISBN: 3-7005-4594-0
Beschreibung: 271 S. : graph. Darst.
Schlagwörter: Psychodrama, Psychoanalyse, Psychotechnik, Sozialpsychologie, Rollenspiel / Psychodrama, Gesellschaftspsychologie, Psychoanalytische Therapie
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Sprache: Deutsch
Mediengruppe: Buch