Die bisweilen bizarren Geschichten der gigantischen sozialistischen Volkspaläste und die der Menschen, die sie bauten: Der Palast der Wissenschaften in Moskau, der Palast Serbiens in Belgrad, der Kulturpalast in Sofia und der Parlamentspalast in Bukarest. Diese Paläste für das Volk, einst für eine revolutionäre Ewigkeit gebaut, haben ihre Auftraggeber überdauert.
Die Staatliche Universität Moskau, der sogenannte Palast der Wissenschaften, ist der legendärste der sieben stalinistischen Riesenbauten Moskaus. Mit seinem neoklassizistischen, monumentalen Baustil repräsentiert er den Anspruch der UdSSR in der Nachkriegszeit, an der Spitze von Bildung, Wissenschaft und Fortschritt zu stehen. Der Palast der Förderation in Belgrad, seinerzeit von Marschall Tito in Auftrag gegeben, bleibt in seinem Modernismus unberührt vom Einfluss des stalinistischen Barocks. Der Parlamentspalast in Bukarest ist der steingewordene Fiebertraum Ceausescus und kostete Bukarest große Teile seiner Altstadt: ein Drittel des Stadtzentrums, sechs Synagogen und 22 Kirchen wurden dem Erdboden gleichgemacht. Der Nationale Kulturpalast in Sofia wurde als Festspielhaus für die Feierlichkeiten zum 1.300-jährigen Bestehen Bulgariens gebaut. Das größte Kongresszentrum Südosteuropas ist bis heute für jede Art von Veranstaltung viel zu groß.
Kaum bekannte historische Aufnahmen von Bau, Eröffnungen und Festivitäten der opulenten Bauwerke verbinden sich mit hochkarätigem aktuellen Bildmaterial zu einem großen Sehgenuss.
In den Ländern des ehemaligen Ostblocks entstanden als steingewordene Propaganda für die herrschende Ideologie gigantische Paläste für das Volk. Sie alle sind die größten, die höchsten, die modernsten ihrer Stadt, ihres Landes oder der Welt. Die Gebäude stellten ihre Erbauer vor immense technische Herausforderungen, und doch sind die meisten heute, nach wenigen Jahrzehnten, schon hoffnungslos veraltet. Manche Palastbauten brachten die Wirtschaft ihrer Länder an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Die Bevölkerung hungerte und fror, hat aber bis heute kaum Zutritt zu großen Teilen der meisten Gebäude. Dennoch sind die Paläste zu kollektiven Referenzpunkten geworden, und Diskussionen um ihren Abriss stießen stets auf große Empörung.
Die Reihe nähert sich mit vier Beispielen diesen gewaltigen und faszinierenden Bauten: Dem Moskauer „Palast der Wissenschaften“, dem „Palast Serbiens“ in Belgrad, dem „Kulturpalast“ in Sofia und dem „Parlamentspalast“ in Bukarest.
Diese sozialistischen Paläste für das Volk, für eine revolutionäre Ewigkeit gebaut, haben ihre totalitären Auftraggeber überdauert und suchen nun nach neuer Bedeutung und Verwendung. Wir begegnen Menschen, die in diesen Palästen heute noch arbeiten oder ihnen biographisch eng verbunden sind: Sie erzählen von den Entstehungsgeschichten, lassen uns dem Größenwahn ihrer Auftraggeber nachspüren und den Bedeutungswandel der Paläste für die Menschen begreifen: vom verhassten Monument einer Diktatur zum Teil von Kultur, Identität und Erinnerung. Und manchmal auch zum nostalgischen Fixpunkt auf dem schwankenden Boden der Gegenwart. (Verlagstext)
Inhaltsübersicht
1. Staatliche Universität Moskau
2. Palast Serbiens, Belgrad
3. Parlamentspalast Bukarest
4. Nationaler Kulturpalast Sofia