(I-22/16-C3) (GM ZWs / PL)
Wer in Geschichten verstrickt ist, lebt intensiver – ich erzähle, also bin ich. Doch nicht nur das eigene Leben wird als Narration prägnanter. Mittels Erzählungen gelingt es uns auch, die Erfahrungen eines einzelnen Menschen zu solchen von vielen anderen zu machen. Dazu müssen unsere Gehirne und die Weisen, wie wir Geschichten erzählen, aufeinander abgestimmt sein. Doch wie genau geschieht das? Fritz Breithaupts brillantes Buch unternimmt eine Neubestimmung des Menschen als narratives Wesen, das sich durch Erzählungen in der Welt verankert.
Um dem Denken in Geschichten auf die Spur zu kommen, stützt Breithaupt sich ebenso auf die neuesten Einsichten der Hirnforschung und faszinierende Experimente mit Nacherzählungen im Stille-Post-Verfahren mit Tausenden von Versuchsteilnehmern wie auf die Analyse von Romanen, Grimmschen Märchen und alltäglichem Büroklatsch. Narratives Denken, so zeigt sich, wird stets mit spezifischen Emotionen belohnt, und das heißt: Wir leben, wie wir leben, weil wir diesen Belohnungsmustern folgen. In Narrationen kann darüber hinaus aber auch immer alles anders kommen, und ebendies erlaubt uns den Aufbruch zu neuen Ufern.
INHALT
Einleitung 9
Ich bin im falschen Film............................................... 11
Im richtigen Film sein ................................................... 19
Fragen und Thesen........................................................ 23
Grundbegriffe................................................................. 26
I. Das Denken in Episoden: Vom Chaos zur
Ordnung......................................................................... 39
Segmentierung: Anfang und Ende
(Neurowissenschaften)................................................... 39
Die Mitte (Gustav Freytag)............................................ 50
Zusammenfassung.......................................................... 59
II. Was sind Narrationen? .......................................... 61
Zwei Definitionen.......................................................... 61
Ereignis, Perspektive....................................................... 64
Gedankenexperiment ..................................................... 70
Funktionen von Narration ............................................ 72
Zusammenfassung.......................................................... 77
III. Stille-Post-Spiele................................................... 81
Kausalität (Frederic Bartlett).......................................... 85
Vulnerabilität (Brüder Grimm) .................................... 93
Emotionale Bewertungen (Experimental Humanities
Laboratory) .......................................................................115
Zusammenfassung............................................................ 134
IV. Emotionen als Belohnung des narrativen
Denkens ...........................................................................137
Tagträume .........................................................................145
Triumph.............................................................................148
Staunen als Belohnung von Neugier...............................150
Genugtuung bei verdienter Strafe (Satisfaktion)...........154
Rührung, vor allem Rührung als Resultat
von Wiedererkennung .....................................................160
Überraschung und Neuheit..............................................167
Lachen als Entschärfung des Peinlichen ........................171
Liebe und Erotik als narrative Emotionen .................... 174
Zusammenfassung............................................................ 181
V. Das Narrativ als Antwort auf eine Krise...............185
Was ist ein Narrativ?.........................................................186
Narrative zur Beendung von Krisen:
Das Beispiel von 9/11 .......................................................188
Narrative Therapie .......................................................... 193
Fehlende Narrative. Was ist das künftige Corona-
Narrativ? ...........................................................................202
Zusammenfassung............................................................209
VI. Identität als Pathologie..........................................211
Lob der Spielbarkeit (Tulpamancie)...............................212
Tracking. Zur Genese des Konstrukts von Person....... 220
Rechtfertigen als Basis der narrativen Person................ 225
Identität als Pathologie.....................................................234
Zusammenfassung............................................................239
VII. Multiversionale Wirklichkeit, vielschichtige
Narrationen.....................................................................243
Antizipation (predictive brain)..........................................245
Multiversionalität (Spannung) ........................................247
Modell des multiversionalen Denkens...........................252
Narratives Denken .......................................................... 257
Zusammenfassung............................................................260
VIII. Evolution des narrativen Gehirns: Die Bühne
als Geburtsort der Bewusstseinsmobilität................. 263
Geteilte Aufmerksamkeit.................................................271
Der Darsteller: Von der Täuschung zur Vorführung
für die anderen ............................................................... 275
Der Beobachter: Die Kultivierung der Rezeptivität ... 277
Narrative Elemente der frühen Bühne...........................281
Zusammenfassung............................................................287
Ausblick. Auszug aus der narrativen
Unmündigkeit ............................................................291
Danksagung.....................................................................301
Anmerkungen ................................................................. 304
Bibliographie................................................................... 347