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Mythos Alter

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Friedan, Betty Naomi
Verfasser*innenangabe: Betty Naomi Friedan
Jahr: 1995
Verlag: Reinbek bei Hamburg, Rowohlt
Mediengruppe: Buch
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Inhalt

In diesem provozierenden Buch widerlegt Betty Friedan die Klischees von Senilität und Verfall. Das Problem, sagt sie, ist nicht das Alter an sich. Das Problem ist, wie Medien, Ärzte, Politiker, Wissenschaftler, Pflegepersonal und alte Menschen selbst dazu stehen. Nach intensiver Beschäftigung mit allen Aspekten des Alters zieht sie das Resümee: "Die Forschung der letzten Jahre läßt keinen Zweifel: Der Leistungsverfall im Alter wird überschätzt. Alte Menschen verfügen über ein hohes Niveau an beruflicher Qualifikation und über kognitive, physische und soziale Kompetenz." "Als Simone de Beauvoir Anfang Siebzig war, veröffentlichte sie ihre dickleibige Studie über "Das Alter". Es ist eine eindrucksvolle Sammlung von kulturhistorischen Zeugnissen über die letzte Lebensspanne, aber auch das Zeugnis resignierter Einsicht in die eigene Vergänglichkeit. Zukunftshoffnungen und Lebensfreude seien zusammengeschrumpft, "das Sterben hat schon begonnen", stellte die Existentialistin erschrocken fest. Jahre später verriet sie in ihrem letzten autobiographischen Band "Alles in allem", wie sie sich vor der Verzweiflung rettete: "Erkennen und Schreiben".Betty Friedan zitiert Simone de Beauvoir in ihrem umfangreichen Werk "Mythos Alter" nur einmal und ganz beiläufig. Tatsächlich sehen die beiden Frauen, die sich so vehement für die Rechte der Frau eingesetzt haben, das große Thema unter sehr verschiedenen Aspekten - die eine pessimistisch und um eine stoische Haltung bemüht, die andere ermutigend und mit robustem Optimismus. Simone de Beauvoirs Motto "Erkennen und Schreiben" scheint aber auch das Rezept der Amerikanerin zu sein; nach diesem Konzept hat sie bereits den "Weiblichkeitswahn" entlarvt und bekämpft - und sich vor gelegentlichen Depressionen gerettet.Einig sind sich die beiden Feministinnen in der Kritik, daß die Gesellschaft alten Menschen nicht den gebührenden Platz einräumt. Sie läßt zu, daß Alter mit pathologischen Begriffen beschrieben wird und die Aufmerksamkeit vor allem den Hilflosen und Gebrechlichen gilt - sie machen aber nur fünf Prozent von allen über Fünfundsechzigjährigen aus. Und auch von den - insgesamt gesehen - wenigen Pflegebedürftigen könnten viele ein normales Leben führen, wenn ausreichende Hilfe zur weiteren Aufrechterhaltung ihrer Selbständigkeit zur Verfügung stünde, meint Betty Friedan. Statt dessen schaffe man mit viel Geld Einrichtungen, die "Betreuung auf Lebenszeit" versprächen, Sicherheit und ein Leben "ohne Sorgen".Alter wird wie ein Albtraum verdrängt und gefürchtet. Jugend ist dagegen der allein gültige Maßstab, was dann zu den besonders in Amerika häufigen und oftmals grotesken Versuchen der Verjüngung führt. Betty Friedan hält die "Golden Girls" und ähnliche mit falscher Munterkeit kichernden Oldies für peinlich und abstoßend. Statt einen Jungbrunnen zu suchen, hält sie Ausschau nach einem Altbrunnen, der sinnvolles, erfülltes Leben verspricht. Sie fand Hunderte von Älteren und Hochbetagten, die den verbreiteten Vorstellungen vom pflegebedürftigen, bemitleidenswerten Alten nicht entsprachen, Menschen, die voller Pläne waren und den neuen Lebensabschnitt bewußt als Chance zu einer Weiterentwicklung begriffen.Frauen, so Betty Friedan, würden besser fertig mit der notwendigen Umstellung in den späten Jahren. Sie seien es gewohnt, sich anzupassen und auf Neues einzustellen; bis zuletzt zeigten sie nicht selten eine besondere Stärke, die den Männern offenbar fehle. Den meisten Männern falle der Abschied vom Beruf schwerer als Frauen, sie seien es gewöhnt, sich vor allem durch ihre Arbeit zu definieren, und es gelinge ihnen oft nicht, nach der Pensionierung neue Aufgaben zu finden. Das könnte eine Erklärung dafür sein, daß Depressionen und die Selbstmordrate bei Männern über fünfundsechzig erschreckend hoch sind, während Frauen durchschnittlich acht Jahre länger leben. Wenn Männer ihre weibliche Komponente zuließen, überlegt Betty Friedan, wenn sie sich Gefühlen öffneten und die Chance nutzten, ihre Interessen mehr als bisher auf Familie, Nachbarschaft und Gemeinnütziges auszuweiten, könnten auch für sie zusätzliche Lebensjahre ein Gewinn sein.Die gewonnene Zeit zu nutzen, darauf kommt es nach Meinung von Betty Friedan an, denn längst ist erwiesen, daß bis ins hohe Alter weder Intelligenz noch geistige Kompetenz nachlassen, wenn sie kontinuierlich aktiviert werden. Doch der monotone Alltag vieler Menschen fördert nach dem Rückzug aus dem Beruf oft geradezu den intellektuellen Schwund; Angstsymptome treten auf oder Krankheiten, die ursächlich mit dem Verlust des Selbstwertgefühls zusammenhängen. Noch immer sind Mediziner rar, die sich ausreichend Zeit nehmen für eine ganzheitliche Therapie, für das Gespräch, das gerade für alte Menschen lebenswichtig ist. Sie fordert Betty Friedan auf, mehr zu sehen als Krankheiten und Symptome. Erst seit etwa zehn Jahren beschäftigen sich Wissenschaftler zunehmend mehr mit dem Erwachsenenalter als einer Phase kontinuierlicher Veränderung. Regression ist zwar im Einzelfall nicht zu leugnen, ebensowenig aber auch Weiterentwicklung.Interessanter aber als die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Betty Friedan fleißig referiert, sind die vielen Beispiele von Ruheständlern, die ihrem Leben noch einmal neuen Inhalt gegeben haben. Abgesehen von solchen Ausnahmeerscheinungen wie dem Regierungsberater, Botschafter und Harvardprofessor John Kenneth Galbraith, der Psychologin Charlotte Bühler oder der Künstlerin Louise Nevelson, deren Alterswerke von bewundernswerter Kraft waren, hat Betty Friedan auch pensionierte Admirale getroffen, die die Häuser ihrer Nachbarn streichen oder sich nicht zu schade sind, als Tankwart auszuhelfen. Daß Erfahrung und Kenntnisse nutzbringend eingesetzt werden können, beweist das Peace Corps. Dort sind jetzt statt der ursprünglichen Collegeabgänger vorwiegend ältere Leute als Berater tätig.Nicht selten wollen alte Menschen nachholen, wozu sie in jüngeren Jahren nicht gekommen sind. Betty Friedan hat unter ihren Freunden und Freundinnen viele, die noch ihren Universitätsabschluß machen, Lehraufträge und Vortragsreisen übernehmen. Sie hat aber auch Verständnis für die Sehnsucht Gleichaltriger, noch einmal Abenteuerreisen zu wagen. In Amerika gibt es spezielle Trainingscamps für Senioren, die in die Wildnis aufbrechen wollen. Wie Jugendherbergen sind die beliebten "Elderhostels" mit familiärer Atmosphäre organisiert. Selbsthilfegruppen bieten die verschiedensten Dienste an, von Malkursen bis zur Rechtsberatung.Das Bedürfnis nach Nähe, hat Betty Friedan festgestellt, ist groß. Sie preist die Vorzüge von Wahlfamilien als eine Möglichkeit, der Vereinsamung zu entgehen. In den Sun-Cities für Wohlhabende in Florida oder Arizona hat sie allerdings den Altersbrunnen nicht gefunden; als Sandkasten für Erwachsene bezeichnete sie diese Welt, die ewigen Spaß verspricht und den Tod verleugnet. Viel eher sprudelten solche Quellen der Zufriedenheit in den weniger luxuriösen Mobile-Home-Siedlungen, wo gute Nachbarschaft und gegenseitiges Helfen selbstverständlich sind.Oft sind aus Betty Friedans Aufzählung von beispielhaft lebenslustigen Alten nützliche Ratschläge und Einsichten zu finden, oft aber ist auch bei ihr das Pfeifen im Walde herauszuhören. Daß sie sich jetzt, da sie ihr Alter nicht mehr verleugnet, frei fühlt wie noch nie und imstande ist, diesen Lebensabschnitt zu genießen, muß man ihr glauben. Immerhin bewältigt sie nach wie vor ein imponierendes Tagespensum: nach dem Jogging im Central Park oder an der Pazifik-Küste hält sie Vorlesungen in New York oder Kalifornien, schließt neue Freundschaften und pflegt alte und hat über all ihren Aktivitäten längst die Kränkungen vergessen, die ihr die Feministinnen beibrachten, die nichts mehr von ihr wissen wollen." F.A.Z.

Details

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Friedan, Betty Naomi
Verfasser*innenangabe: Betty Naomi Friedan
Jahr: 1995
Verlag: Reinbek bei Hamburg, Rowohlt
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Systematik: Suche nach dieser Systematik GS.OF
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ISBN: 3-498-02076-5
Beschreibung: 1. Aufl., 896 S.
Schlagwörter: Alter, Alter Mensch, Betagter, Senior, Senioren
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Sprache: Deutsch
Originaltitel: The fountain of age <dt.>
Mediengruppe: Buch