Der NS-Staat deportierte Personen mit unterschiedlichen Begründungen in Konzentrationslager. Die Kriminalpolizei wurde ermächtigt, Personen in „Vorbeugungshaft“ zu nehmen und in KZ einzuweisen. Polizei und SS etikettierten sie wegen ihrer Vorstrafen als „Berufsverbrecher“. Nach 1945 galten sie nicht als Opfer. Über sie wurde nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen, aber nicht geforscht.Wer waren aber die „kriminellen“ Häftlinge der Konzentrationslager? Auf welcher rechtlichen Basis wurden sie deportiert? Wegen welcher Delikte hatten sie Vorstrafen erhalten? Wie wandte die Kriminalpolizei das Label „Berufsverbrecher“ an? Welche Rolle spielten sie im Gefüge der „Häftlingsgesellschaft“? Das Buch widmet sich nicht nur der NS-Zeit, sondern auch der Geschichte der Kriminalpolitik in Österreich und dem Weiterleben der Stigmatisierungen in den (Familien-)Biografien dieser Opfergruppe nach 1945. Mit verschiedensten geschichts- und sozialwissenschaftlichen Methoden und Konzepten geht der Autor den Biografien von 885 österreichischen „Berufsverbrechern“ des KZ Mauthausen nach. Die Geschichte der Konzentrationslager wird so aus einer bisher kaum beachteten Perspektive betrachtet.Andreas Kranebitter ist wissenschaftlicher Leiter des Dokumentationsarchivs des o¨sterreichischen Widerstandes (DO¨W) in Wien. (Verlagstext)
Inhaltsverzeichnis:
Einleitung..........................................................................................................7
1. Josef Krista.
Oder: Verirrte Diskurse......................................................................................41
Phantastische Unterwelt: Blüten der Kulturindustrie...................................... 42
Mauthausen als Bühne...................................................................................... 50
2. Mathias Trimal.
Oder: Abweichendes Verhalten in abweichenden Zeiten............................. 61
„Kostenpflichtig zum Tode verurteilt.“.............................................................62
Die Verbrechensbekämpfung der NS-Justiz: Vom Tat- zum Täterstrafrecht. .75
Das Konstrukt „Berufsverbrecher“ 93
3. Alfred Gruber.
Oder: Schlagartiger Zugriff.............................................................................103
„Entsprechend beleumundet“: Amtsbekannt...............................................104
Die Durchführung der Vorbeugungshaft........................................................... 108
Exkurs: Kriminalpolitische Folgen der Vorbeugungshaft............................... 119
Die Zahlen........................................................................................................ 123
Etikettierungen: Die Deliktstruktur der „Berufsverbrecher“.......................... 132
4. Wilhelm Engele.
Oder: Renitenz als Resistenz...........................................................................149
Tickende Uhren........................................................................ 150
Soziale Selektion: Ein Klassenkampf von oben...............................................152
Renitenz und Eigen-Sinn..................................................................................163
5. Josef Borutka und Genossen.
Oder: Zweierlei organisierte Arbeiterbewegung......................................... 173
Im Windschatten der Revolution..................................................................... 174
Wiener Platten: Unter- und Gegenwelt........................................................... 184
6. Franz Jany.
Oder: Das Senioritätsprinzip...........................................................................209
„Ein Bruchteil dessen, was sich dort alles abspielte ...": Der Lageraufbau . 210
„Alte“ Häftlinge: Das Senioritätsprinzip........................................................... 222
Die „Häftlingsgesellschaft“: Theoretische Sondierungen............................... 232
7. Franz Unek.
Oder: Gewalt handeln...................................................................................... 253
Ein„Häftlingshenker" und „Massenmörder"......................................................254
„Patient sagt, er sei ganz normal“: Lues latens...............................................260
Rudolf Zlesak: Die permanente Gewaltsituation............................................274
8. Franz Schächle.
Oder: Flucht ins Zuchthaus.............................................................................301
Ein Bild von einem Führer.......................................... 302
„Vernichtung durch Arbeit“............................................................................... 317
9. Johann Kopinitz.
Oder: Widerstand als Praxis.......................................................................... 331
„Es darf kein Mensch davon erfahren“..............................................................332
Unerhörter Widerstand.................................................................................... 347
„Heute scheint die Uhr nicht mehr richtig zu gehen“.......................................357
Wer spricht?.......................................................... 363
10. Georg Binder.
Oder: Die zweite Stigmatisierung.................................................................373
„Als untragbar zu erklären“.............................................................................374
„Es wäre besser ich wäre auch im Lager verreckt...".................................... 380
„Wegen die blöden Zigaretten“: Von Urteilen und Vorurteilen........................395
Nachwort............................................................................................................411
Bibliographie.....................................................................................................419
Archive................................................................................................................419
Literatur..............................................................................................................419
Personenregister............................................................................................. 441