Vor dem 24. Februar 2022 erschien Putins Regime vielen Beobachtern vor allem am eigenen Machterhalt und der Ausbeutung Russlands interessiert zu sein. Doch der Angriff auf die gesamte Ukraine lässt sich damit nicht wirklich erklären. Der bekannte Osteuropahistoriker Martin Schulze Wessel stellt den Überfall in den langen Kontext der russisch-ukrainischen Geschichte und zeigt, wie die russische imperiale Vergangenheit in der Gegenwart fortwirkt.
Mit dem Angriff auf die Ukraine riskierte Putin nicht nur Russlands machtpolitische Stellung, sondern auch den großenteils im Ausland angelegten Besitz der russischen Eliten. Zudem operiert er in seinen Reden zunehmend mit irritierenden historischen Erläuterungen und Argumenten. Wer seine Motivation entschlüsseln will, so Martin Schulze Wessel, muss auch ein ungelöstes Identitätsproblem Russlands in den Blick nehmen, das sich aus seiner imperialen Vergangenheit speist, den Fluch des Imperiums. Daher erzählt dieses Buch die russisch-ukrainische Geschichte seit Peter dem Großen im Kontext der internationalen Politik und zeigt, wie das russische Ausgreifen in die Ukraine seit dem 17. Jahrhundert Pfadabhängigkeiten produzierte, die bis heute prägend sind. (Verlagstext)
Inhaltsverzeichnis:
Einleitung
Kapitel 1: Russlands Imperium, das Hetmanat und die Republik Polen (1700–1795)
Moskaus Weg nach Europa - Das ukrainische Hetmanat zwischen Polen und Russland - Poltava - Europas erster Ost-West-Konflikt - Russland und die Ukraine nach dem Nordischen Krieg - Katharina II. als Vollenderin Peters I .
Kapitel 2: Imperiale Ordnung und nationale Herausforderung (1796–1856)
Russlands Imperium im Zeitalter Napoléons - Die Heilige Allianz - Der polnische Novemberaufstand als europäisches Ereignis - Russlands Antwort an Europa - Polnische und ukrainische Befreiungsideen - Identitätspolitik des Zarenreichs - Geopolitik im Exil - Europäische Revolution und der Krieg um die Krim - Polens Aufstand und die russische Furcht vor der ukrainischen Frage
Kapitel 3: Die Idee von der russischen Exzeptionalität und das Ende des Zarenreichs (1856–1917)
Das imperiale Ideen-Set nach dem Krimkrieg und dem polnischen Aufstand - Ukrainische Alternativen - Zarische Symbolpolitik und die Suche nach einer außenpolitischen Doktrin - Nationale und soziale Dynamik in der Ukraine - Der erste Weltkrieg - Nationalstaatsgründung in Kyiv - Revolution und Bürgerkrieg
Kapitel 4: Das sowjetische Experiment und die imperiale Tradition (1917–1991)
Alte Grenzen, neue Grenzen - Nationalisierung der Kultur, Zentralismus in der Wirtschaft - Polen und der Prometheismus - Holodomor - Das große russische Volk kehrt zurück - Von Rapallo zum Hitler-Stalin-Pakt - Krieg gegen Polen - Der Große Vaterländische Krieg - Russische und ukrainische Mythen - Jalta und der Kalte Krieg - Die Ukraine als zweite Nation der Sowjetunion - Poststalinismus - Neue Ostpolitik - Polen und die Ukraine in den letzten Jahren des Sowjetimperiums
Kapitel 5: Die postsowjetische Ukraine und Russlands Neoimperialismus (1992–2022)
Die nachgeholte Revolution in der Ukraine - Russlands Weg in die Diktatur - Empire Fatigue und Sowjetnostalgie - Imperiale Infrastrukturen - Imperiale Phantasien: Dugin und Putin
Schluss
Dank
Anmerkungen
Auswahlbibliographie
Bildnachweis
Karten
Personenregister