VERLAGSTEXT:
Im Gegensatz zu der noch immer vorherrschenden Meinung schreiben Schriftsteller nicht immer nur in einer Sprache. Das Schreiben in einer anderen Sprache, der Wechsel der Literatursprache durchzieht die Vergangenheit Europas und wird heute nach der teilweisen Überwindung des Nationalismus wieder stärker beachtet. Allerdings ist das Wissen darüber noch bruchstückhaft. Der vorliegende Band stellt Kriterien für die Wahl von Literatursprachen durch mehrsprachige Schriftsteller vor und versucht umgekehrt, aus der Beobachtung der konkreten Entscheidungen, die Autoren getroffen haben, zu erkennen, welches Gewicht sie der Sprachwahl zuweisen - von (fast) rein pragmatischen Entscheidungen bis zu dem tiefen Gefühl, nur in einer Sprache sich wirklich ausdrücken zu können. Solche, vor allem auf der Soziologie der Kommunikation aufbauenden Untersuchen können unter anderem ein bescheidener Beitrag zur Überwindung der Irrtümer des Nationalismus sein.
AUS DEM INHALT:
Inhaltsverzeichnis
0. Einleitung und Stand der Forschung 9
Vorwort zur zweiten Auflage 15
1. Definitorische Vorklärungen 18
1.1. Textinterne und textübergreifende Mehrsprachigkeit 18
1.2. Erste Ansätze zu einer Typologie 20
1.3. Sprache und Varietät 22
1.4. Muttersprache, Erstsprache(n), Bildungssprache(n) und Spracherwerb 27
1.5. Literatur und Schriftsteller 31
2. Zu dem Phänomen in der (europäischen) Geschichte 34
2.1. Sprachhistorische Entwicklungen bis zum Ende des Mittelalters 34
2.2. Mittelalterliche Autoren und ihre sprachlichen Strategien 40
2.3. Soziolinguistische Veränderungen in der Renaissance 46
2.4. Sprachliche Strategien von der Renaissance bis zur Französischen Revolution 52
2.5. Neue sprachliche Ideologien nach der Französischen Revolution 59
2.6. Nach dem Zweiten Weltkrieg 67
3. Sprachwissenschaftliche Probleme 68
3.1. Universalismus gegen Relativismus: zum Verhältnis von Sprechen und Denken 68
3.1.1. Historische Entwicklungen 68
3.1.2. Alltägliche Erscheinungsformen 73
3.1.3. Spracherwerb und die Willkürlichkeit des sprachlichen Zeichens 75
3.1.4. Erfahrung 80
3.2. Sprechen und Identität 84
3.2.1. Ansätze zu einer Definition von Identität 84
3.2.2. Kollektive Identität 87
3.2.3. Kollektive Identität als gesellschaftliches und sprachliches Phänomen 90
3.2.4. Einflussmöglichkeiten 93
3.2.5. Kollektive Identität und Sprachenpolitik 95
3.2.6. Zur symbolischen Bedeutung von Sprachen 100
3.3. Übersetzung und Übersetzbarkeit 103
3.3.1. Zur Übersetzungstheorie 103
3.3.2. Die Problematik der Selbstübersetzung 106
3.3.3. Mit Sprachen spielen? Sprachmischung im Text 110
3.4. Sprachen: vergleichbar und unvergleichlich 115
4. Kriterien für die Wahl der Literatursprache 117
4.1. "Objektive" Kriterien 118
4.1.1. Der "Zustand" von Sprachen 118
4.1.1.1. Zur politisch/legalen Situation 118
4.1.1.2. Zur gesellschaftlichen Situation 125
4.1.1.3. Zur soziolinguistischen Situation 128
4.1.1.4. Zur gesellschaftlichen kulturellen Infrastruktur 131
4.1.2. Die sprachliche Zusammensetzung von Gesellschaften 136
4.1.2.1. Zwei- oder mehrsprachige Gesellschaften: das Elsass 140
4.1.2.2. Zwei- oder mehrsprachige Gesellschaften: die Katalanischen Länder 144
4.1.2.3. Zwei- oder mehrsprachige Gesellschaften: die Sprachen der Juden 151
4.1.2.4. Mehrsprachige Zentren 155
4.1.3. Literarische Konventionen und Traditionen 159
4.2. "Subjektive" Kriterien 163
4.2.1. Biographische Aspekte 163
4.2.1.1. Bildungssozialisierung 164
4.2.1.2. Mentales und symbolisches Verhältnis zu einer Sprache 166
4.2.1.3. Probleme der sprachlichen Kompetenz und des Bewusstseins 167
4.2.2. Motivationen des Schreibens 169
5. Warum wählen Autoren bestimmte Sprachen? 171
5.1. Wechsel der Bezugsgesellschaft (Migration) 172
5.1.1. Migration von Gruppen (Arbeitsmigration) 172
5.1.2. Individuelle Migration 178
5.1.3. Politisches Exil 183
5.2. Wahl einer Vehikularsprache anstatt einer Kleinsprache 199
5.3. Wahl einer Kleinsprache zur literarischen Illustration 208
5.4. Sprachwahl nach Textsorten 215
5.5. "Persönliche" Sprachwahl 218
5.5.1. Joseph Conrad 218
5.5.2. Fernando Pessoa 220
5.5.3. Elias Canetti 221
5.5.4. Paul Celan 224
5.5.5. Samuel Beckett 226
5.5.6. Galsan Tschinag 229
5.5.7. Giwi Margwilaschwili und andere 231
5.6. "Imaginäre" Zweisprachigkeit - auf der Suche nach einer nicht beherrschten Sprache 233
5.7. Das Schreiben in erfundenen Sprachen 235
6. Der Verlauf von Sprachwahlentscheidungen am Beispiel von Jorge Semprun 236
7. Einige Schlussfolgerungen 246
8. Bibliographie 250
9. Index der Personennamen 280