Nicht alle Leben zählen gleich! Sklaven oder Indigenen im Kolonialismus war streng untersagt, sich zu bewaffnen oder zu verteidigen, was Sklavenhaltern und Kolonialherren selbstverständlich gestattet war: Woher rührt diese historische Kluft zwischen »verteidigungswürdigen« und wehrlosen Körpern, diese organisierte »Entwaffnung« der Unterworfenen, die bei jedem Befreiungsstreben die Frage der Gewalt aufruft? Vom Sklavenwiderstand bis zum Jiu-Jitsu der Suffragetten, vom Aufstand im Warschauer Ghetto bis zu den Black Panthers und den Queer-Patrouillen zeichnet Elsa Dorlin in ihrem preisgekrönten Buch eine Genealogie der politischen Selbstverteidigung nach.
Hinter der offiziellen Geschichte der Selbstverteidigung verbirgt sich eine »kriegerische Ethik des Selbst«, eine verschüttete Praxis, bei der die Verteidigung als Angriff die einzige Möglichkeit des eigenen Überlebens und einer politischen Zukunft markiert. Diese Geschichte der Gewalt wirft ein neues Licht auf die Definition der modernen Subjektivität und die zeitgenössische Sicherheitspolitik. Sie führt zu einer Neuinterpretation der politischen Philosophie, bei der Hobbes und Locke mit Frantz Fanon, Michel Foucault, Malcolm X, June Jordan oder Judith Butler in ein faszinierendes Streitgespräch geraten.
Inhalt
Prolog. Was ein Körper vermag ...................................... 7
1. Fabrikation unbewaffneter Körper .......................... 25
Eine kurze Geschichte des Waffentragens....................... 25
Entwaffnung der Sklaven und Indigenen: Das Recht zu
töten gegen die Subjektivität mit »bloßen Händen« . . 31
Askese des Kampfs: Selbstverteidigungskulturen der
Sklaven .......................................................................... 38
Die schwarze Streitmacht des Reiches: »Es lebe das
Patriarchat, es lebe Frankreich!«................................. 47
2. Verteidigung von sich, Verteidigung der Nation 53
Sterben fürs Vaterland ...................................................... 53
»Frauen, bewaffnen wir uns«: die Amazonenbataillone. . 58
Bürgerarmee oder Verteidigung des Kapitals? ............... 64
Das Jiu-Jitsu der Suffragetten: Nahkampf und
Antinationalismus ........................................................ 71
3. Zeugnisse der Selbstverteidigung ............................ 83
Im Kampf sterben: Der Aufstand des Warschauer Ghettos 8 3
Selbstverteidigung als nationale Doktrin ....................... 89
Genealogie des Krav Maga .............................................. 97
4. Der Staat oder das Nicht-Monopol der legitimen
Verteidigung ........................................................................105
Hobbes oder Locke, zwei Philosophien der Verteidigung
von sich............................................................................. 105
Selbstjustiz üben: Milizen und »Justizkooperativen« ... 117
Der Vigilantismus oder die Geburt des rassialen Staates 124
5. Weiße Justiz....................................... 133
Von der Lynchjustiz zur Notwehr: »eine durchsichtige
Lüge« ................................................................................133
»Die Frauen müssen verteidigtwerden«..............................140
6. Self-defense: power tothepeople! .............................151
Schluss mit der Gewaltlosigkeit: »Arm Yourselfor Harm
Yourself«............................................................................. 151
Die Black Panthers: Selbstverteidigung als politische
Revolution........................................................................ 161
7. Selbstverteidigung und Sicherheit...............................177
SAFE! ..................................................................................... 177
Selbstverteidigung und Politik der Wut............................ 185
Von der Rache zum empowerment.......................................191
8. Replizieren ......................................................................199
Wehrlos...................................................................................199
Phänomenologie der Beute .................................................207
Epistemologie der Sorge um andere und negative care . . 217
Danksagung...........................................................................231
Anmerkungen........................................................................ 233