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Das Wien des 19. Jahrhunderts und des Fin del siècle interessiert auch heute noch vor allem als kulturelles Phänomen. Selten wird mitreflektiert, dass die erstaunlichen kulturellen Leistungen eine tiefgehende Veränderung der Gesellschaftsstruktur voraussetzen, die wesentlich durch die Industrialisierung geprägt war. Ohne Industrie entwickelte sich keine der Großstädte des 18. Jahrhunderts in der Folgezeit zur Metropole. So auch Wien, das im 19. Jahrhundert zur modernsten und bedeutendsten Industriestadt der Habsburgermonarchie wurde.

Allerdings setzte sich die Industrie in Wien relativ langsam durch: als größte Residenzsstadt des deutschen Sprachraums verfügte die Stadt zu Ende des 18. Jahrhunderts über einen ausgedehnten Sektor exportfähigen Luxusgewerbes, das sich lange Zeit gegenüber der Industrie behaupten konnte. Außerdem behinderten die herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse gerade die Entwicklung für die Großstadt charakteristischer innovatorischer Industrien. Dennoch war auch in Wien die typische Entwicklung des Produktionssektors vom Kundenhandwerk zum Verlagswesen und mit zunehmender Mechanisierung zur Fabriksorganisation nicht aufzuhalten und in den letzten zwanzig Jahren vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich Wien dank innovatorischer Branchen, die sich unter dem Einfluß von Auslandskapital in der Stadt niederließen, dynamischer als alle anderen Wirtschaftsregionen der österreichischen Reichshälfte. (Klappentext)