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Der ferne Vater

zur Psychoanalyse von Vatererfahrung, männlicher Entwicklung und negativem Ödipuskomplex
Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Aigner, Josef Christian
Verfasser*innenangabe: Josef Christian Aigner
Jahr: 2013
Verlag: Gießen, Psychosozial-Verl.
Mediengruppe: Buch
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Inhalt

»Es gibt Bücher, die kommen als vermeintlich spröde wissenschaftliche Themendiskussion daher und entpuppen sich bei der Lektüre als spannendes Lehrbuch. Dieses Buch ist dafür ein Beispiel. Der österreichische Psychoanalytiker schuf ein Werk, das ein Gesamtbild der Vaterfigur in der Psychoanalyse, aber auch in der Gesellschaft zeichnet. […] Mit Verve fordert der Autor eine ›sozialpolitische Wende‹ weg von der Allverfügbarkeit des Menschen und hin zu mehr Individualität, die auch Männern eine selbstverständlichere Anwesenheit und damit Nähe zu Kindern einräumt. […] Er führt ein Plädoyer für familien- und sozialpolitische Maßnahmen, die das Zusammenleben der Kinder mit Vater-Männern auf allen Ebenen einleiten.« Andrea Schneider in Deutsches Ärzteblatt PP
 
»Aigners Buch samt seiner Ausflüge und Exkursionen in die Sphären der Psychoanalyse ist nicht unbedingt leichte Bettlektüre. Doch wer einen Faible für psychodynamische Hintergründe hat und wer es auf Dauer nicht so sehr schätzt, mit vorschnellen, humoresken Zeitdiagnosen mehr abgespeist als aufgeklärt zu werden, der findet in seinem seitenstarken Werk viel Bedenkenswertes und viel auch an purem Wissen, dass sich von Kapitel zu Kapitel immer mehr verknüpft. Und gibt es etwas besseres, als wenn man plötzlich den Lesefluss unterbricht, weil sich eigene Gedanken aufdrängen?« Frank Keil in Switchboard
 
Die Arbeit geht von der merkwürdigen Diskrepanz aus, dass die Rolle des Vaters in der Freudianischen Psychoanalyse und ihren Weiterentwicklungen einerseits zwar - metapsychologisch - als sehr bedeutsam beschworen wird, andererseits aber in den diversen entwicklungspsychologischen und klinischen Konzeptionen - insbesondere in der prä-ödipalen Zeit - merkwürdig blaß bleibt. Der Autor untersucht die traditionellen entwicklungspsychologischen Ansätze im Hinblick auf die Rolle des Vaters im Allgemeinen und auf die Rolle des frühen Vaters für die kindliche Entwicklung. Auf der soziologischen und sozialpsychologischen Ebene werden verschiedene Theorien zur "vaterlosen" und "elternlosen Gesellschaft" kritisch rezipiert und auf ihren Anteil an der defizitären Rolle des Vaters in der Realität aber auch in der psychoanalytischen Theorie befragt.
 
Ausgehend von Alltagserfahrungen und sozialempirischen Erhebungen diskutiert Aigner Zusammenhänge zwischen der alltäglichen mangelnden Präsenz von Vätern und den Folgen für die Sozialisation von Jungen und Mädchen. Hinsichtlich der seelischen Folgen des vaterlosen oder vaterfernen Aufwachsens von Kindern stellt er die Veränderungen in der Über-Ich-Entwicklung und in den Verlaufsformen des Ödipuskomplexes dar. Er überprüft sie an der Realität unterschiedlicher sozialer Phänomene wie der Gewaltneigung in jugendlichen Subkulturen und der transgenerationellen Weitergabe rechtsextremer Haltungen. Einen besonderen Stellenwert nehmen dabei antisemitische, fremdenfeindliche und rechtsradikale Gewalterscheinungen bei männlichen Jugendlichen ein sowie die Frage, inwiefern das Versagen der Väter und eine vaterlose Kultur zur Verbreitung dieser Phänomene beiträgt. Bekämpfen Jugendliche in diesen Verhaltensweisen eigentlich ihre gebrochenen oder gescheiterten Väter?
 
Aigner versucht, der frühen, "dyadisch" aufzufassenden Beziehung zum Vater einen neuen theoretischen Stellenwert in der psychoanalytischen Entwicklungspsychologie und Sozialisationstheorie einzuräumen. Dabei gerät insbesondere die Bedeutung des sogenannten "negativen Ödipuskomplexes" zwischen Sohn und Vater in den Blickpunkt: Diese Beziehungsdimension, die in der Realität wie der Theorie wenig berücksichtigt erscheint, birgt in der zärtlichen Anlehnung des Sohnes an den Vater und in der damit einhergehenden intersubjektiven Anerkennung der beiden die Chance auf eine veränderte männliche Sozialisation - freilich nur denkbar in veränderten sozialen Verhältnissen.
 
 
Inhalt
 
1. Vorwort 13
 
2. Einleitung 17
2.1. Vorbemerkung I: Wozu Vater? 23
2.2. Vorbemerkung II: >Oh, Mein Papa<? - Die meist 29
tabuisierte familiäre Beziehung?
 
3. Vater-Erfahrungen aus Alltag, Politik,
Literatur und Geschichte 33
3.1. Politik und Alltag 33
3.2. Literatur und Geschichte 34
3.3. (Kultur-)historische Hinweise 39
3.3.1. Die Verdrängung des Vaters als Teil
des Geschlechterkampfes? 39
3.3.2. Vaterschaft jenseits distanzierter Paternalität:
18. und 19. Jahrhundert - die Aufklärung 41
3.3.3. Der »industriell revolutionierte« Vater 45
3.3.4. Vom bürgerlichen Vater zur Gegenwart 47
3.3.5. Neuere Trends und sozialpsychologische 51
Vatertypologien
3.4. Die neuen Väter? 53
3.5. Verunsicherte Väter 57
 
4. Die Krise der Väterlichkeit - auch eine materialistische
Kategorie 61
 
5. Wozu der Vater psychoanalytisch gesehen gut ist 69
5.1. Fallgeschichten - Vatergeschichten? 71
5.2. Väterlichkeit und Männlichkeit - ein zweiter 76
>dark continent«?
5.3. Der Vater bei >Vater Freud< 79
5.4. Nach Freud 87
5.4.1. Der Vater bei Freuds Tochter und ihrer 87
Mitarbeiterin Dorothy Burlingham
5.4.2. Allgemein >wenig Vaterc Horney, 90
Klein, Winnicott u.a.
5.4.3. Helene Deutsch 93
5.4.4. Andere psychoanalytische Vater-Such-Spuren: 94
Loslösung, Entidentifizierung, Hilfestellung
5.5. Vater-Theoreme zwischen Person, Institution, 98
Archetypus und Metapher
5.5.1. C. G.Jungs »Elternarchetypus« 99
5.5.2. Lacans »dritte« und »vierte« Position 107
5.5.3. Gerard Mendels Vaterimago als Institution 112
 
6. Spezielle Aspekte des Entwicklungs- und 117
Sozialisationsfaktors >Vater< aus
psychoanalytischer Sicht
6.1. Die Beziehung zum >Tertium< 118
6.2. Vaterimago und ursprünglicher Narzißmus 125
6.3. Vaterschaft und ödipale Grenzziehung 130
6.4. Ödipale Grenzsetzung: Realität und Arbeit 137
6.5. Die Bedeutung des Vaters zwischen Idealisierung 142
und identifikatorischer Liebe
6.5.1. InterSubjektivität und Anerkennung 143
6.5.2. Der ferne Vater 149
 
7. Die elternlose Gesellschaft 153
7.1. Fehlt der Vater wirklich? Familien ohne Vater 153
7.1.1. Relativierung des Katastrophenszenarios: 160
Scheidungswaisen, Einzelkinder
7.1.2. Triangulierung ohne Vater - die bessere Variante ? 162
7.2. Von der vaterlosen zur elternlosen Gesellschaft 167
7.2.1. Die »enteigneten Erzieher/innen« 173
7.2.2. Das Ende der Vorbilder? 174
 
8. Veränderungen des Ödipuskonflikts und 179
der Über-Ich-Bildung, adoleszente Struktur -
defizite und autoritäre/fremdenfeindliche Haltungen
8.1. Das Uber-Ich als Erbe des (welches?) Ödipuskomplexes 179
8.1.1. Freuds Feststellungen zum Über-Ich-Versagen 180
8.1.2. Grundsätzliche Überlegungen 182
8.2. Über-Ich und Aggression 183
8.3. Über-Ich-Bildung und gesellschaftlich bedingte 187
ödipale Vermeidungstendenzen
8.4. Adoleszente Verunsicherung und Väterlichkeitsdefizit 191
8.5. Weitere Besonderheiten der Adoleszenz 196
und die Neigung zur Gewalt
8.6. Über-Ich- und Ich-Ideal-Veränderungen 201
und die Neigung zur Destruktion
8.7. Neue Aspekte des Ödipuskonflikt als zentraler 204
Schaltstelle für die seelische Entwicklung
8.7.1. Der andere Ödipus 207
8.7.2. »Ödipus neu« - der Wunsch nach anderen Vätern? 211
8.7.3. Ödipus als Geschlechterpolarisierung 215
 
9. Allgemeine Sozialisationsbedingungen 219
Jugendlicher zwischen Individualisierung,
Beziehungslosigkeit und Gewalt
9.1. Ausgangsbedingungen, Fragestellung 220
9.2. Die unerfüllbaren Wertvorstellungen 224
9.3. »Die« gewalttätige Jugend? 230
9.3.1. Nur deprivierte Jugendliche? 230
9.3.2. (Rechte) Gewalt, Männlichkeitsprobleme 232
und die Lockerung der Sitten
9.3.3. Nur männliche Jugendliche? 239
9.4. Der enttäuschte Kampf gegen
den enttäuschenden Vater 241
9.4.1. Der Vater der Gewalttätigen 247
9.4.2. Vater-»loser«, »loser«-Vater und das 251
Phantasma der Nation
 
10. Familie, Kultur und rechtsextremistische 255
Gewalt - sozialpsychologische und
psychoanalytische Erklärungsversuche
10.1. Ökonomische Krisenerscheinungen und 259
»situative Labilisierung«
10.2. Rechtsextreme Gewalt als »Opferkultkrise« 262
in der vaterlosen Gesellschaft?
10.3. Der Körper am Schnittpunkt zwischen Angst und 267
»Schiefheilung«
10.4. Die Bedeutung der Bindungserfahrungen 270
10.5. Fehlender - autoritärer - punitiver Vater 274
10.6. Klassisch autoritärer Charakter, Narzißmus 279
und Rechtsextremismus
10.7. Vaterhaß, Fremdenhaß, Minderheitenhaß? 286
10.8. Der Vater, der Jud' und der Narzißmus 290
10.9. Vaterlosigkeit, Narzißmus und Geschwisterneid 299
 
11. Die Mehrgenerationenperspektive und die Rolle 303
der Väter für die intergenerationelle Transmission
11.1. Spezielle Aspekte der Vaterlosigkeit durch 304
Krieg und Nazismus - die »Schablonen-Väter«
11.2. Die Drei-Generationen-Perspektive 309
11.3. Destabilisierung der Generationen und 314
Geborgenheitssuche
 
12. Patriarchat, Autoritarismus und 317
>Antiödipaler Fortschritt
12.1. Der Laios-Komplex und die Rache an 321
den Söhnen
12.2. Die Zukunft des »fathering«? 324
12.3. Der archaische Vater 327
 
13. Auf dem Weg zum dyadischen Vater 331
13.1. Vatersehnsucht und Vaterhunger 331
13.2. Der frühe, dyadische Vater 334
 
14. Neue Väterlichkeitsdimensionen im Präodipalen 345
und Negativ-Odipalen
14.1. Nachtrag zum negativen Ödipuskomplex 353
14.2. Neue Qualität von >Vaterliebe< - neue Uber-Ich- 355
und Autoritätsbildung?
 
15. Theoretische und sozialpolitische 359
Schlußfolgerungen: Fehlender, autoritärer,
schwacher, liebloser Vater?
 
16. Empirischer Anhang: »Der lästige Hund!« - 373
Eine qualitativ-interpretative Recherche zur
Vaterbeziehung gewaltorientierter Jugendlicher
16.1. Methodisches 373
16.2. Forschungssubjekt - Forschungsobjekt 379
16.3. Zur Anlage der Interviews 380
 
17. Die Interviews: Ehemalige Skinheads im Rückblick 385
auf ihre Skin-Zeit, ihre Kindheit, Jugend und ihre
Familienbeziehungen
17.1. Der >Bulle< 387
17.2. Olaf 394
17.3. Walter 403
17.4. Zusammenfassende Deutungsmuster 410
17.4.1. Allgemeines zur Übertragungssituation 410
17.4.2. Brüche, Widersprüche, Idealisierung 411
17.4.3. Erniedrigung und Geschlechterproblematik 413
17.5. Abwesender Vater, guter Vater und »lästiger Hund« 415
 
18. Literaturverzeichnis 419

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Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Aigner, Josef Christian
Verfasser*innenangabe: Josef Christian Aigner
Jahr: 2013
Verlag: Gießen, Psychosozial-Verl.
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ISBN: 978-3-8379-2297-4
2. ISBN: 3-8379-2297-9
Beschreibung: 3. Aufl., VIII, 440 S.
Schlagwörter: Männlichkeit, Psychoanalyse, Sozialpsychologie, Vaterentbehrung, Ödipuskomplex, Aggressivität, Männliche Jugend, Rechtsradikalismus, Das Männliche, Gesellschaftspsychologie, Psychoanalytische Therapie, Vaterlosigkeit, Vaterverlust, Rechtsextremismus, Gewaltbereitschaft, Gewaltdisposition, Männlicher Jugendlicher
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Sprache: Deutsch
Fußnote: Literaturverz. S. 419 - 440
Mediengruppe: Buch