Das Ende des Großen Krieges im November 1918 und die Friedenskonferenzen von St. Germain, Sevres, Trianon und Versailles zeitigten für Europa gravierende territoriale und gesellschaftliche Veränderungen. Doch auch wenn viele Zeitgenossen mehrere Jahre mit Lebensmittelknappheit, Wohnraummangel, einer tödlichen Pandemie, langwährender Arbeitslosigkeit, revolutionären Vorgängen in den Städten und auf dem Lande konfrontiert waren, kam es im ersten Nachkriegsjahrzehnt keineswegs in allen Lebensbereichen zu radikalen Umbrüchen. In Österreich überdauerten ¿ trotz der umfangreichen Machtbefugnisse der militärischen Behörden ¿ das seit 1867 in Cisleithanien bestehende Rechtssystem, zahlreiche Institutionen und nicht wenige maßgebliche Amtsinhaber den Zerfall der k. u. k. Monarchie. Die Religionsgemeinschaften bewiesen Anpassungsfähigkeit an die neuen republikanischen Rahmenbedingungen. Und die oft und oft propagierte ¿soziale Revolution¿ war zwar vor allem in den ersten zwei Nachkriegsjahren eine causa prima, erwies sich aber letzten Endes als ein kleinräumiges Minenfeld, nicht zuletzt deshalb, weil man an sozialpolitische Maßnahmen der Vorkriegszeit anknüpfen konnte. Die ökonomische Lage war von einer rigorosen Geld- und Fiskalpolitik bestimmt, mitbedingt durch umfangreiche Kontrollmechanismen seitens ausländischer Funktionsträger. Und das Ausland ¿ die Siegermächte und die Nachbarstaaten ¿ hatte durchaus unterschiedliche Interessen und Vorstellungen, welchen politischen Stellenwert die junge Alpenrepublik Österreich, deren Grenzen erst 1924 endgültig fixiert worden waren, künftig in der Staatengemeinschaft einnehmen sollte.Mit Beiträgen von Thomas Angerer, Kurt Bednar, Ulfried Burz, Werner Drobesch, Maddalena Guiotto, Günther Kronenbitter, Ursula K. Mindler-Steiner, Reinhard Neck, Lukas Novotny, T. G. Otte, Andrej Rahten, Karl W. Schwarz, Arnold Suppan, Peter G. Tropper und Wilhelm Wadl. (Verlagstext)
Inhaltsverzeichnis:
Ulfried Burz
Von der Habsburgermonarchie zur Ersten Republik Österreich ... 7
Arnold Suppan
Vom Untergang des habsburgischen Imperiums
zur Bildung neuer Nationalstaaten 1918/19 ................................ 23
Lukas Novotny
Die Tschechoslowakei und die Republik Deutschösterreich........ 49
Thomas Angerer
Trauma und Geopolitik.
Die deutsch-österreichische Anschlussfrage
als französische Sicherheitsfrage 1918/19...................................... 62
Andrej Rahten
¿Vienne comme centre d¿un petit etat tampon et neutralise¿
Staatsrechtliche Bemerkungen zum vergessenen slowenischen
Aufteilungsplan Österreichs aus dem Jahre 1925 ......................... 88
T. G. Otte
¿A strong and independent Austria as a barrier to Germany¿?
Großbritannien und der Zerfall der Habsburgermonarchie ........ 100
Kurt Bednar
Die diplomatische Front
zwischen Washington und Wien 1917/1918 ................................ 125
Günther Kronenbitter
Hinterm Walserberg.
Bayerische Perspektiven
auf den Umbruch in Österreich(-Ungarn) 1918 .......................... 142
Ursula K. Mindler-Steiner
Gewalterfahrungen von Jüdinnen und Juden im
deutsch-westungarischen Gebiet nach dem Ersten Weltkrieg...... 161
Maddalena Guiotto
Die Haltung Italiens gegenüber (Deutsch-)Österreich................. 185
Wilhelm Wadi
Kärnten blieb nicht ungeteilt.
Die langwierige Regelung seiner Grenzen zu Italien (1918-1924) 206
Reinhard Neck
Wirtschaftliche Probleme Österreichs
nach dem Ersten Weltkrieg............................................................ 227
Werner Drobesch
Die Republik brennt nicht!
Sozialpolitik als Element der Staatsstabilisierung 1919/20 ........... 253
Karl W Schwarz
Der österreichische Protestantismus
im Übergang von der Monarchie zur Republik............................. 269
Peter G. Tropper
Aufbruch im Zusammenbruch.
Zum Weg der katholischen Kirche
in Kärnten von der Monarchie in die Republik........................... 286