Eine mythenüberfrachtete Geschichtsschreibung des österreichischen Fußballs führte zu Missverständnissen und Widersprüchen. Die Kaffeehaus- Idylle der 1930er Jahre, der das "Wunderteam" entwuchs, verschleiert die Schicksale seiner Hauptprotagonisten Hugo Meisl, Josef Gerö und des nationalsozialistischen ÖFB- Präsidenten Richard Eberstaller. Friedrich Torbergs Metapher von der "katastrophalsten Niederlage seit Königgrätz", dem 1:6- Debakel gegen Deutschland bei der WM 1954, wurde eine Publizität zugeschrieben, die sie nicht besaß. Und "Cordoba" 1978 ist zu einem Verklärungsmythos verkümmert. (Verlagstext)
Inhaltsverzeichnis
Prolog. 3
Vorwort. Forschungsimpuls, Anliegen, Erkenntnisinteresse. 13
1. Vor dem Spiel. 15
1.1. Quellenlage und Forschungsstand. 16
Legendensammler, G'schichtenerzähler, Anekdotenarchivare, Mythenverwalter.
Der aktuelle Stand der Historiographie des österreichischen Fußballs. 16
Fehlbestände und Defizite.
Die Position des Österreichischen Fußballbundes ÖFB zur eigenen Geschichte. 20
Historische „Verirrungen". „Deutscher" Meister. 22
1.2. Zur Methodik. 24
Historische Mythosforschung. Was sind Mythen des Sports? 24
Diskursanalytische Aspekte. Alle tun es - aber keiner weiß, wie. Die historiographische Debatte um die Diskursanalyse. 30
Quellenauswahl und Methoden-Mix. 32
Die Perspektive der „Anderen". Die deutsche Sichtweise. 34
Zum Forschungszeitraum. 35
Fußball-Sprache. 37
1.3. Der Medienaspekt. Medienszenarien und -Vielfalt vor 1938 und nach 1945.
Die Sportpresse als diskursives Medium. 39
Medienszenarien im Zeitenwandel. 39
Österreichs Sportpresse der Ersten Republik. Kontinuitäten und Brüche. 40 „Echte
Begeisterung" statt „lüsterner Feuilletons". Die gleichgeschaltete NS-Sportpresse. 41
Der „Fußball-Sonntag". Vom Organ des „Österreichischen Fußballbundes" zum Sprachrohr des „Nationalsozialistischen Reichsbundes für Leibesübungen". 44
1.4.
Hauptthesen. 49
Die Mythen. Die gängigsten Narrativa. 49
Mythenkreis Profifußball. Mythenkreis „Wunderteam". Der Mythos Neapel 1934. Der Mythos der österreichischen Amateure von Olympia 1936. Mythenkreis Sindelar. Mythenkreis „Ostmark"-Fußball. Mythenkreis Nachkriegsfußball. Weltmeisterschafts-Mythen 1954. Mythenkreis Deutschland-Komplex.
2. Erste Halbzeit. 55
2.1. Pioniere gegen Gralshüter. Zum Mythenkomplex „Berufsfußball". 56
Olympia 1912. Der Ur-Konflikt? 56
Der 7jährige Österreich-Boykott des Deutschen Fußballbundes. 58
Millionenklubs und Bettelprofis. Profifußball in Österreich. 66
Der Weg des „Deutschen Fußballbundes" DFB in den Faschismus. 72
Calcio Danubiano. Ein Mitteleuropacup ohne Deutschland. 77
2.2. Die goldenen 1930er Jahre: Das „Wunderteam".
Die Hochblüte des österreichischen Fußballs der
Zwischenkriegszeit. 82
Hugo Meisl und die Kaffeehaus-Boheme. Zum Mythenkomplex
„Schmieranskiteam". 82
Gründungslegende oder verdrängter Mythenclash? Das SchottlandSpiel vom 16. Mai 1931. 84
Jausengegner des „Wunderteams". Die Niederlagen der
Deutschen vom Jahre 1931. 86
Eine vergebene Chance. Die Länderspielabsage Österreichs 1933. 94
2.3. Erzählerfiguren und Fußballidole. Die Akteure der
„Wunderteam"-Ära. 98
Die „Schmieranski"-Clique der „Journaille". Zeitzeugen und Chronisten. 98
„Sporttagblatt"-Alltag und „Ring-Cafe". 105
Der Professor. Willy Schmieger, ein deutschnationaler Österreich-Patriot
als Radio-Star. 108
Wiener Legenden. Die Lieblinge des Boulevards. 112
2.4. Pech, Pleiten, Pannen. Österreichs misslungener
WM-Auftritt in Italien 1934. 120
Korruption, Schiedsrichterbestechungen und leere Ränge. Mussolinis
faschistische Inszenierung von 1934. 121
Böse Vorzeichen und trügerische Anfangserfolge. 126
Gezielte Demontage in San Siro. Das Tor, das die Weltmeisterschaft
entschied - gegen Österreich. 128
Deutschland als Zerstörer des „Wunderteams" und des
österreichischen Zwischenkriegsfußballs. Die skurrilen Ereignisse beim
Deutschland-Spiel am 7. Juni 1934 in Neapel. 132
Vorbereitung auf österreichisch: Hitze, Hunger, Fadesse. 137
Wer war schuld? Die Abrechnung der „Journaille" mit Hugo Meisl. 141
Deutschland-Komplex: ja - Ungarn-Italien-Komplex: nein? Ein
Paradoxon im österreichischen Fußball-Selbstverständnis. 143
2.5. Matthias Sindelar. Ein - wenn nicht der -
österreichische(r) Fußball-Mythos. 146
Zuwanderer, Vorstadtkind, Gassenbub, Schlosserlehrling. Sindelars
Wurzeln. 146
„Papierener" und Austrianer. Sindelar als Sportler. 147
Widerständler und Regimekritiker, Kaffeehausbesitzer, Ariseur, Patriot.
Sindelar als (un)politischer Mensch. 148
Opfer der Närration und vereinnahmte „Wiener Legende".
Sindelar posthum. 152
Liebling des Feuilletons, Werbeträger, Sportartikelhändler, Theater-Sujet.
Sindelar als Kultfigur. 156
„Persönliche Vorteile ?" Der aktuelle Stand der Sindelar-Debatte. 157
2.6. Die besseren Amateure. Der Sensationsauftritt der
„unbekannten" Österreicher bei Olympia 1936 in Berlin. 160
Das Schattenteam. Hugo Meisls letzter Geniestreich. 160
Rassistische Demonstration oder südamerikanischer Fan-Eklat? Das
Skandalspiel vom Berliner „Gesundbrunnen". 164
„Beharkungen" und Einpeitscher. Ein Berliner Zeitzeugenbericht im
Wiener „Sporttagblatt". 167
"Wiener Schule" versus italienische Profimätzchen. Das Dejä Vu mit
Italien 1934. 169
Stramme Burschen und Studenten. Willy Schmiegers „Illustrierte
Kronen-Zeitung" - Protege des Bundesländer-Fußballs, Kritiker
der italienischen Pseudo-Amateure. 172
Österreichische „Nobodies" ? 174
Die Buben von Toledo. Hugo Meisls Ende. 175
2.7. Frühe Legionäre. Fußballmigration im AustroFaschismus vor 1938. 177
3. Spielabbruch, Pause, Time-out 179
3.1. Das letzte Spiel der Österreicher. Der
missverstandene Mythos „Anschluss-Spiel". 180
„Finis Austriae". 180
Gaskassiere, Kanzleigehilfen, Hilfsarbeiter - „reine Amateure". Das
Ende des Berufsfußballs der Ersten Republik. 182
Letztes Relikt des österreichischen Fußballs im NS-Regime. Das
Schicksal der „Wiener Austria". 185
Schattenseiten einer Präsidentschaft. Liquidator, Illegaler, Parvenü,
Verwalter, Exekutor, Ariseur. Der Wendehals Richard Eberstaller. 188
Neue Strukturen, alte Gesichter. Die Neuordnung des
österreichischen Sports. 193
Die Sportpresse Nazi-Deutschlands. 198
Fußball-Exhibition oder patriotische Österreich-Demonstration? Der
Mythos des „Anschluss-Spieles".
3.2. Goalgetier für Reich und Führer. Der Mythenkreis
„Ostmarkfußball".
Systemdebatten und Fußballwelten. „Wiener Schule" und
„Schalker Kreisel", „Scheiberlspiel" versus WM-System. Die „Wiener
Schule" - ein geheimer „Österreich"-Code?
Inkompatibel: „Wiener Schule" und Deutscher Kampfstil. Die verpatzte
Teilnahme „Großdeutschlands" an der Fußballweltmeisterschaft in
Frankreich 1938.
„Hopp Schwyz". Stolperstein für die „Unschlagbaren".
Der „Bundes-Sepp" Herberger. Genie, Wendehals, Diener vieler Herren,
Österreich-Hasser?
3.3. SA-Mannschaftskapitäne, Opportunisten,
Widerständler. Spielermaterial für Hitler. Die „Ostmark"
als Reservoir für den Fußball Nazi-Deutschlands.
Der „Zigeuner". Willy Hahnemann und seine vier „Fußballerleben".
Karl Sesta, „der Blaade". „WundertearrV'-Legende zwischen Opposition
und Opportunismus.
Wehrkraftzersetzung durch Selbstverstümmelung. Ernst Stojaspal,
Widerständler-oder Spitzel und Opferfürsorge-Fall?
„Illegaler" beim „Judenklub". „SA-Mann" Hans Mock, der „Underdog"
des „Wunderteams".
Der Fall des Josef Epp. Der Goalgetter des Wiener Sportklubs mit HJund NS-Vergangenheit.
3.4. Fanexzesse oder Politdemos? Triumphe des
„Ostmark"-Fußballs und erwachende „preußischwienerische" Rivalität.
„Piefke" gegen „Ostmarkschweine". „Ostmärkische" Dominanz,
schlechte Verlierer.
Glückauf, Knappenelf! „Arbeiterverein" aus dem Ruhrpott. Der FC
Schalke 04.
Rapid Jänner 1939. Sieg im Tschammer-Pokal gegen FSV Frankfurt.
Admira Juni 1939. Das 0:9-Desaster gegen Schalke 04.
Admira November 1940. „Revanche", Skandal, Gipfel der
Gehässigkeiten.
Rapid Juni 1941. Der Regiefehler im Olympiastadion - deutscher
Meister gegen Schalke 04.
Die Wiener „Vienna" Oktober 1943. Letzte Bastion des späten
„Ostmark"-Fußballs. Die Revanche an Schalke.
Phänomene des Kriegsfußballs. Der LSV Markersdorf - Startruppe eines
Fliegerhorstes. 259
3.5. Parade-Nazis als Fußball-„Patrioten". Ein
österreichisches Paradoxon im „Ostmark"-Fußball. 261
Gausportführer Thomas Kozich. Patron des Wiener Fußballs, Verfechter
der „Wiener Schule", Anwalt der Fußball-Fans. 261
„Idiotischer Fußballfanatismus". Guido von Mengden, Tschammers
„Hardliner" - und das Berliner Reichsfachamt Fußball. 264
Bürokratenwillkür, Drohgebärden und Schikanen aus dem
Reich. Guido von Mengdens „Wiener Mission". 267
Der „Kicker". Feindbild der Wiener Sportpresse aus dem „Reich". 270
4. Zweite Halbzeit 273
4.1. Exportartikel, Fußballbotschafter, Auslandslegionäre. Die Restitution des Österreichischen Fußballs der Nachkriegszeit. 274
Kontinuitäten im Fußballverband. Der „Doppelpass" auf Präsidentenebene. 274
Weltenbummler des Wiederaufbaus. Österreichische Kicker und Wiener Klubs als international begehrte Exportartikel. 278
Südamerikanische Souvenirs. Spezialschuhe und Spielsystem. 283
Paradigmenwechsel in der Sportjournalistik. Der Sport in Österreichs
Medienlandschaft nach 1945. 286
Tottenham 1948 und Rio 1950. Rückschlag an der „White Hart Lane".
Der mühsame Weg an die europäische Spitze. 293
Erste Annäherungen. Die ersten Nachkriegs-Begegnungen der frühen 1950er Jahre mit Deutschland. 297
4.2. Die Helden von Lausanne und das Wunder von Bern. Österreichisch-deutsche Mythen des Weltmeisterschafts-Jahres 1954. 304
Pressearbeit - ein ÖFB-Novum. Der Pionier Leo Schidrowitz. 304
Ocwirk raus! Vorgeplänkel und Presseboykott. Österreichischer Prämienpoker und deutscher Hungerlohn. 306
„Biete Prachtfoul gegen Weinkrampf". WM-Medienpraxen 1954. 310
Lausanne. Der Mythos "Schmied-Kurtl". 312
„Fritz Walter"-Wetter. Das Trauma Basel. 318
„Dolchstoßlegende" made in Austria. Eine Tiroler Nachricht. 333
Königgrätz. Österreichische Nachkriegsliteratur als Mythenlieferant. 337
Der Triumph: Zürich. 341
Das Wunder von Bern. 347
4.3. Der Bessere hat verloren. Das Ende der Mythen „Rivalität", „Bruderkampf" und „Erzfeindschaft". 353
Getrennte Wege nach 1945. Österreichs Abschied von der internationalen Fußballbühne. 353
Abschied von Europa. Das Fazit nach der WM in Schweden 1958. 355
Bundesrepublikanische Fußball-Traumata. Professionalismus und Göteborg 1958. 357
Keine WM 1962 für das „Zweite Wunderteam". Die Siegesserie der 1960er Jahre unter Karl Decker. 358
Deutschlands späte Einsicht. Profifußball 44 Jahre nach Österreich. Die Gründung der Bundesliga 1968. 359
Der Stoff, aus dem die Helden sind. Die Ösis in der deutschen Bundesliga. 361
Peitschenknaller und Fußball-Globetrotter. Verkehrte Startrainerwelten. 365
5. Nachspiel 373
5.1. Cordoba und Gijon. Mythen der jüngeren österreichisch-deutschen Fußballgeschichte. 374
Cordoba. Die Erosion eines Medien-Mythos. 374
„Buenos dias, Argentina!" Die „Verösterreicherung" des Nationalteams. 375
die deutschen Urlauber mögen uns verzeihen ...". Zur Dramaturgie eines Radiokommentars. 376
Der „Deal" von Gijon. Der „Nichtangriffspakt" bei der Weltmeisterschaft 1982. 379
Unfreundliche Gastgeber und nette Gäste. Eine Jubiläumsgala 1986. 384
5.2. Ernst Happel. Deutschlands „Österreich"-Komplex. Die Angst der Deutschen vor einem Mythos. 386
„Aschyl", der Stopper. Ein echter Wiener namens Ernst Happel. 386
„Wödmasta". Der Erfolgstrainer Happel. 388
Die „Lex Ernst Happel". Deutsche Panik vor der WM 1982. 390
Ins ewige Trainingscamp. Ernst Happels letzte Trainerstation: Österreich. 390
Paradoxien in der österreichisch-deutschen Fußballmythologie. Eine Bilanz. 393
Vor und nach dem Spiel: Mythen versus Fakten. 394
Mythenkreis Profifußball. Der Konflikt mit dem Amateurideal. Mythenkreis „Wunderteam". Was die „Journaille" nicht schrieb. Der Mythos Neapel 1934. Die antizipierte Opferrolle Österreichs. Der Mythos der österreichischen Amateure von Olympia 1936. Das
Skandalspiel am Berliner Gesundbrunnen-Platz. 402
Mythenkreis Sindelar. 404
Mythenkreis „Ostmark"-Fußball. Eine Form des Widerstandes? 407
Mythenkreis Nachkriegsfußball. Eine österreichische „Erfolgsgeschichte". 415
Weltmeisterschafts-Mythen 1954. 418
Mythenkreis Deutschland-Komplex. 421
Epilog 427
Anhang 429
Abkürzungsverzeichnis 430
Österreichische Fußball-Internationale mit Deutschland-Erfahrung 1951 bis 1958 433
Österreich-Deutschland. Die Länderspielbilanz im Zeitraffer bis 2011. 434
Personenregister 436
Bibliographie 455
Literatur 455
Monographien 455
Diplomarbeiten und Dissertationen 458
Sammelwerke 459
Beiträge in Sammelwerken 460
Unveröffentlichte Manuskripte 464
Tageszeitungen und Periodika 464
Aufsätze in Periodika 465
Sonstige schriftliche Quellen 466
Oral history 466
Zeitzeugen 466
Weitere Interviews 466
Expertengespräche 467
Lebensgeschichtliche Aufzeichnungen 467
Sonstige Quellen 467
Ausstellungen 467
Symposien, Tagungen, Vorträge, Präsentationen 467
Bild- und Tondokumente 468
Archivalien 468
Internet-Plattformen 469
Bildquellennachweis 470
Danke - in alphabetischer Reihenfolge - an ... 472
Lebenslauf 475