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Kulturelle Differenzen und kollektive Identitäten

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Wieviorka, Michel
Verfasser*innenangabe: Michel Wieviorka. Aus dem Französ. übers. von Ronald Voullié
Jahr: 2003
Verlag: Hamburg, Hamburger Ed.
Mediengruppe: Buch
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Vorbestellen Zweigstelle: 07., Urban-Loritz-Pl. 2a Standorte: GP.PT Wie / College 3a - Gesellschaft, Politik, Recht, Journalismus / Regal 303 Status: Verfügbar Frist: Vorbestellungen: 0

Inhalt

Seit etwa fünfzig Jahren erleben die westlichen Demokratien einen Aufschwung von Bewegungen, die nicht mehr die klassische soziale Frage, sondern kulturelle Differenzen in den Vordergrund stellen. Vermeintlich »natürliche« Merkmale wie die ethnische, religiöse, sexuelle oder »rassische« Zugehörigkeit werden zum Ausgangspunkt selbst entworfener kollektiver Identitäten. Anders als die Tradition des aufklärerischen Universalismus glaubte, läuft die Entwicklung der Moderne nicht auf die Assimilation oder Absorption aller Besonderheiten hinaus. Die Neuerschaffung von Differenzen steht heute im Mittelpunkt der Arbeit der modernen Gesellschaften an sich selbst.Selbst innerhalb der modernsten Gesellschaften bleiben kulturelle Differenzen nicht nur erhalten, sondern sie vervielfältigen, verstärken und erfinden sich neu. Damit wird der strikte Gegensatz zwischen Universalismus und Partikularismus hinfällig. Mit dieser These im Gepäck wirft Michel Wieviorka im ersten Teil seines Buches einen Blick zurück auf die theoretischen und politischen Versuche, mit der Herausforderung der neuen kulturellen Differenzen fertigzuwerden: nämlich auf die Kommunitarismus-Debatte einerseits und die multikulturalistische Politik andererseits. Kulturelle Vielfalt, wie sie der Multikulturalismus verstand, ähnelt einem bunten Flickenteppich scharf abgegrenzter, in sich homogener und erstarrter ethnischer Identitäten. Ein solches Modell, meint Wieviorka, trifft für unsere Gesellschaft gar nicht mehr zu; um wirksam zu sein, muß eine multikulturalistische Politik die Bevölkerungssegmente, die sie fördern will, selbst definieren, identifizieren, nach ethnischen, religiösen oder rassischen Kriterien kategorisieren, also im Wortsinne »diskriminieren«. Wo kulturelle Differenzen labil sind, sich mischen und neu konfigurieren, bedarf es eines anderen Modells. Wieviorka gibt deshalb der Vorstellung vermischter, mestizenhafter, hybrider Kulturen den Vorzug.Im zweiten Teil des Bandes entwirft der Autor eine Typologie der kulturellen Differenzen. Sein leitendes Prinzip ist dabei die idealtypische Unterscheidung zwischen einer Logik der Reproduktion »primärer« Differenzen und einer Logik der Konstruktion neuer oder erneuerter, also »sekundärer« Differenzen. Im ersten Fall reklamieren die Akteure den Fortbestand einer gegebenen, tradierten Identität. Im zweiten Fall wird die Differenz von den Akteuren konstruiert, aus tradierten Elementen »zusammengebastelt« und frei gewählt. Diese Neuerfindung von Traditionen untersucht Wieviorka am Beispiel der amerikanischen Schwarzen und der zweiten und dritten Generation der Migranten in Europa.Schließlich entwickelt Wieviorka ein Modell, welches die Spannungen, denen sich jeder einzelne durch die kulturellen Differenzen ausgesetzt sieht, im geometrischen Bild eines Dreiecks veranschaulicht. Dessen drei Ecken sind die kollektive Identität, die moderne Individualität und die Subjektivität. In einer Demokratie schließen sich die Bekundung einer kollektiven Identität und die individuelle politische Teilnahme am gesellschaftlichen Leben keineswegs aus. Allgemeines und Besonderes stehen sich nicht als binäre Opposition starr gegenüber, sondern spannen zusammen mit dem dritten Pol – der Subjektivität – einen Raum auf, in dem jeder einzelne (im Idealfall) frei zirkulieren kann. Zwischen dem Extrem der totalen Assimilation und dem Extrem der totalen Einkapselung stehen dem einzelnen viele Positionen offen. Kulturelle Partikularismen können dem Individuum die Kraft verschaffen, die es benötigt, gegen Unterdrückung Widerstand zu leisten, ein kollektives Trauma psychisch zu bearbeiten, eine Stigmatisierung umzuwerten – mit einem Wort, zum Subjekt seiner Handlungen zu werden.

Details

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Wieviorka, Michel
Verfasser*innenangabe: Michel Wieviorka. Aus dem Französ. übers. von Ronald Voullié
Jahr: 2003
Verlag: Hamburg, Hamburger Ed.
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Systematik: Suche nach dieser Systematik GP.PT
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ISBN: 3-930908-90-5
Beschreibung: 1. Aufl., 270 S.
Schlagwörter: Ethnische Identität, Kulturelle Identität, Multikulturelle Gesellschaft, Gruppenidentität / Ethnie, Identität / Kultur, Kulturelles Bewusstsein
Beteiligte Personen: Suche nach dieser Beteiligten Person Voullié, Ronald
Originaltitel: La différence <dt.>
Fußnote: Orig.-Ausg.: Éditions Balland
Mediengruppe: Buch