VERLAGSTEXT://Das Handbuch bietet einen umfassenden und praxisorientierten Überblick über die personenzentrierte Spieltherapie. Zunächst werden verschiedene Spieltheorien und Spieltherapierichtungen vorgestellt. Die Grundlage der personenzentrierten Spieltherapie, nämlich die humanistische und personenzentrierte Psychologie, wird aufgezeigt. Das Konzept der personzentrierten Spieltherapie wird anschließend - auch in seinen neueren Schattierungen - ausführlich erläutert. Im zweiten Teil des Bandes wird das methodische Vorgehen in der personenzentrierten Spieltherapie umfassend geschildert. Es werden zahlreiche Hinweise zur Diagnostik, zur Spielraumgestaltung sowie zur inneren und äußeren Strukturierung der Therapie gegeben. Weiterhin wird ausführlich auf die Bedeutung von Therapeutenmerkmalen und das Setzen von Grenzen in der Therapie sowie den Einsatz von Spielmaterialien und kreativen Medien eingegangen. Ein weiterer Abschnitt bietet praxisorientierte Hinweise zum Umgang mit verschiedenen Störungen, wie z.B. Aggressivität, ADHD und Missbrauch. Der vierte Teil des Bandes beschäftigt sich mit der personenzentrierten Gruppenspieltherapie, der Filialtherapie - bei der die Eltern als Co-Therapeuten fungieren - sowie der schulischen Spielgruppenarbeit. Anhand eines ausführlichen Fallbeispiels wird schließlich das therapeutische Vorgehen veranschaulicht.
Inhaltsverzeichnis: /Einleitung / /Teil I: Die Grundlagen der personenzentrierten Spieltherapie /1. Das kindliche Spiel als Grundlage der personenzentrierten Spieltherapie /2. Spieltherapeutische Verfahren /3. Die humanistische-personenzentrierte Psychologie /4. Das Konzept der personenzentrierten Spieltherapie / /Teil 2: Methodisches Vorgehen in der personenzentrierten Spieltherapie /5. Begründung der Notwendigkeit einer personenzentrierten Methodenlehre /6. Diagnostik in der personenzentrierten Spieltherapie /7. Der äußere Rahmen; Spielraum und Spielmaterialien /8. Strukturierung der spieltherapeutischen Sitzungen . /9. Therapeutenmerkmale und Therapeutenverhalten /10. Der Beginn der Spieltherapie /11. Grenzensetzen in der Spieltherapie /12. Einsatz von kreativen Medien und Spielmaterialien in der personenzentrierten Spieltherapie / /Teil 3: Zielgruppenprobleme in der personenzentrierten Spieltherapie /13. Spieltherapie mit aggressiven, antisozialen, prädelinquenten Kindern /14. Spieltherapie mit ängstlichen Kindern /15. Spieltherapie mit aufmerksamkeits-hyperaktivitätsgestörten Kindern (ADHD) /16. Spieltherapie nach sexueller Misshandlung /17. Depression /18. Spieltherapie nach (Natur-)Katastrophen /19. Spieltherapie mit perfektionistischen Kindern /20. Probleme im familiären Umfeld /21. Kinder mit Erkrankungen /22. Kinder mit Behinderungen / /Teil 4: Die personenzentrierte Spieltherapie in ausgewählten sozialen Kontexten /23. Personenzentrierte Gruppenspieltherapie /24. Filialtherapie /25. Schulische Spielgruppenarbeit / /Anhang /Literaturverzeichnis /Stichwortregister /Autorenregister /Leseprobe: /Einleitung /"… nun hab' ich dieses Lied gemacht und diesen Text geschrieben, /und ich hab' dabei an dich gedacht …" / /Diese Liedzeile aus einem frühen Song von Udo Lindenberg kennzeichnet meine emotionale Stimmung, die mich beim Schreiben dieses Handbuches begleitet hat. Ich stellte mir immer wieder die Frage, wie ich es meiner Leserschaft erleichtern könnte, sich mit diesem schwierigen Thema, das die personenzentrierte Spieltherapie nun einmal ist, zu befassen. / /Dabei könnte es viele Gründe geben, sich mit den heilenden Kräften des kindlichen Spiels zu beschäftigen. Bereits der interessierte Laie wundert sich, beobachtet er das Spiel eines Kindes auf dem Spielplatz oder im Kinderzimmer; er fragt sich unwillkürlich: Warum spielt das Kind im Puppenhaus eine Szene nach, die offensichtlich seiner häuslichen Realität nicht unähnlich ist? / /Viele helfende Professionen machen von den "heilenden Kräften im kindlichen Spiel" - so lautete auch einmal der Buchtitel des Schweizers Hans Zulliger - Gebrauch - oder sollten davon Gebrauch machen, wenn sie sich mit Leiden und Leidensfolgen von Kindern und Jugendlichen befassen. Da sind an vorderer Stelle die Kinder- und Jugendlichentherapeuten, zu deren Ausbildung in aller Regel auch spieltherapeutische Ansätze gehören, zu nennen. Andere Kolleginnen und Kollegen arbeiten in Erziehungsberatungsstellen und freien Praxen, aber auch in größeren Institutionen wie Kliniken, Heimen, Schulen. Therapeutische Arbeit wird jedoch auch an vielen anderen Stellen in unserer Gesellschaft geleistet, ohne dass überhaupt der Begriff der Therapie fallen würde. / /Mir ist also klar, dass es sich um eine Leserschaft handelt, deren heterogene Lesemotivation sich von oberflächlicher Kenntnisnahme bis zur Intensivbefassung mit diesem Thema erstreckt; m. a. W. geht es um diejenigen, die sich einfach nur darüber informieren wollen, wie diese Therapie im Vergleich zu anderen kindertherapeutischen Verfahren funktioniert, aber auch um solche Leserinnen und Leser, die das Verfahren bereits kennen, ein Leben lang praktiziert haben und wissen möchten, ob ihre eigenen Erfahrungen mit denen des Autors in Übereinstimmung stehen. Zwischen diesen Extremen lassen sich Interessenten an der personenzentrierten Spieltherapie einordnen, die am Beginn einer Ausbildung stehen, die andere Berufsinteressen als Kindertherapie haben, aber doch therapeutische Prinzipien auf die eigene Arbeit mit Kindern übertragen wollen, oder auch Studierende der Sonderpädagogik oder Sozialpädagogik, die noch auf der Suche nach Antworten auf die zugegebenermaßen schwierigsten Fragen jeder Pädagogik sind. / /Wer zusätzlich danach fragt, wie und wo man denn dieses schwierige Verfahren erlernen kann, wird auf wenige Anlaufadressen angewiesen sein, bei denen ich mir noch nicht einmal sicher bin, ob solche Verweise Empfehlungscharakter tragen. Wer auf der Suche nach deutschsprachiger Buchliteratur ist, wird in den Suchmaschinen der kommerziellen Buchhändler nur wenig fündig werden, und die wenigen Fachbücher erfüllen dann häufig auch nicht die Wünsche und Ansprüche, die ein Leserkreis hegt, der natürlich sehr heterogen zusammengesetzt sein wird. Neulich wurde ich Zeuge, wie eine verzweifelte Abschlusskandidatin eines der verbreiteten Werke zur Spieltherapie (,dessen Titel ich hier natürlich nicht verraten möchte,) mit großer Wut vom Tisch schleuderte und wütend schrie: "Nun habe ich das alles gelesen und weiß immer noch nicht, wie ich das anstellen soll!" / /Der vorliegende Text soll versuchen, genau diese Lücke zu schließen. Es geht mir nicht um eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Gegenstandes, denn eine solche wurde und wird systematisch von meinem Kollegen Stefan Schmidtchen vom Hamburger Psychologischen Institut geleistet. Wenn Sie also über den Forschungsstand informiert werden wollen, wird der folgende Text für Sie nicht der richtige sein. Zwar habe ich mich mit der wissenschaftlichen Literatur zum Thema befasst; ich habe es mir jedoch nicht zur Aufgabe gemacht, Ihnen die personenzentrierte Spieltherapie mit Hilfe einer Synopse der derzeit vorliegenden Erkenntnisse auf Grund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse zur Spieltherapie nahezubringen. / /Mit diesem Text möchte ich aber auch nicht in das Gegenteil verfallen und an der umfänglichen Ausbreitung unzähliger Fallbeispiele zu klären versuchen, was mit der personenzentrierten Spieltherapie gemeint ist. Vielleicht kennen Sie Falldarstellungen dieser Art: Zunächst ist man als Leser davon angetan, dass man sehr konkret und praktisch vorgeführt bekommt, wie ein Verfahren bei einem Kind durchgeführt worden ist. Spätestens bei Textseite 5 stellen sich jedoch erste Ermüdungserscheinungen ein; man bemerkt, dass man eine wichtige Einzelheit überlesen hat, um den Fortgang der Darstellung verfolgen zu können; schließlich blättert man weiter, um das Resümee des Autors in Erfahrung zu bringen. Meine eigenen Leseerfahrungen mit Falldarstellungen, v.a. psychoanalytischer Provenienz, waren entsprechend wenig aufbauend. Ich wurde auch zunehmend skeptisch, ob sich der Fall tatsächlich so zugetragen hat und so erfolgreich war, wie im Text behauptet, denn über die Einführung von Kontrollen wird meistens nichts berichtet. Der Fantasie des Autors bei der Ausschmückung seines Falles ist unter der Bedingung der subjektiven Schilderung ja keine Grenze gesetzt. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es zudem erhebliche Zweifel am Erkenntnisgewinn, der sich aus narrativen Fallerzählungen ziehen lässt, wozu ich in einem anderen Zusammenhang ausführlich Stellung bezogen habe (vgl. Julius, Schlosser & Goetze, 2000). Ich werde natürlich nicht darauf verzichten können, an Beispielsituationen zu erläutern, was jeweils gemeint ist, wie eine spezielle Intervention funktionieren bzw. wie ein Verfahren auf ein Zielgruppenproblem angewendet werden könnte. Meine Beispiele tragen jedoch ausschließlich didaktischen Charakter, erheben also nicht den Anspruch einer fachwissenschaftlichen Beweisführung. / /Trotzdem habe ich in diesem Handbuch auf die Schilderung einer Therapie nicht verzichten mögen, weil insbesondere Leserinnen und Leser, die zum ersten Mal mit der personenzentrierten Spieltherapie in Kontakt kommen, einen Einblick in einen konkreten Therapieablauf bekommen sollen. Wer daran interessiert ist, dem rate ich, beim Lesen dieses Handbuches, mit dem letzten Abschnitt zu beginnen. / /Dieses Buch versucht also, eine Lücke zu schließen und auf diese Frage eine Antwort zu geben: / /Wie lässt sich die Arbeitsweise der personenzentrierten Spieltherapie unter den /unterschiedlichsten Bedingungen kennzeichnen und beschreiben? / /Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich sogleich hinzufügen: Es wird hier nicht um ein "Kochbuch" oder eine "Rezeptologie" gehen, denn zu kompliziert sind die Eingangsbedingungen, die durch das Kind, den Therapeuten und das Setting gegeben sind, als dass sich gewissermaßen in einer Schritt-für-Schritt-Abfolge das Verfahren beschreiben ließe. Zur Kennzeichnung der Arbeitsweisen der personenzentrierten Spieltherapie ist es auch notwendig, einiges vom therapeutischen Ausgangskonzept zu vermitteln und bei dieser Gelegenheit das Verfahren gegen andere Spieltherapien abzugrenzen. Genau diese Aspekte werden im ersten Teil dieses Handbuches ("Grundlagen") relativ knapp vermittelt. Dann jedoch komme ich auf die Methoden und Verfahren der Spieltherapie zu sprechen und werde dabei sehr konkrete Praxisfragen behandeln, etwa die, was vor der ersten Spielstunde zu beachten ist, oder auch die, was zu tun ist, falls das Kind nicht den Raum betreten möchte, wie man die notwendigen Grenzsetzungen durchsetzt, welche Einzelmethoden und Medien eingebracht werden usw. / /Der dritte Teil hat die Anwendung der personenzentrierten Spieltherapie bei ausgewählten Zielgruppenproblemen bzw. Syndromen zum Inhalt. Dabei kann ich nur die wichtigsten ansprechen, zu denen auch Erfahrungen vorliegen. Ich verspreche Ihnen aber schon jetzt, dass ich Ihnen die personenzentrierte Spieltherapie nicht als ein Allheilmittel für alle Arten von Störungen anbieten werde; vielmehr sollen auch Erfahrungen einfließen, die den Optimismus etwas dämpfen, bei bestimmten kindlichen Problemen die Spieltherapie im herkömmlichen Sinn erfolgreich anzuwenden. / /Im letzten Kapitel geht es um besondere und weitergehende Anwendungsfelder der personenzentrierten Spieltherapie. Eines dieser Felder ist die Arbeit mit Gruppen, die in der bisherigen Literatur deutlich vernachlässigt worden ist, was sich mit der historischen Entwicklung des klientenzentrierten Ansatzes als einer Begegnung zwischen einem Therapeuten und einem Klienten erklären lässt. - In diesem Teil des vorliegenden Handbuches wird die "Filialtherapie", eine besondere Form der personenzentrierten Elternarbeit, so ausführlich behandelt, dass sich mancher Leser vielleicht ermutigt fühlt, eigene Schritte in diese Arbeitsrichtung zu planen. Angeschlossen wird das Kapitel mit Ausführungen zu der Frage: Wie lässt sich die personenzentrierte Spieltherapie in den Lebensraum der Schule einbringen, placieren? Die Förderschule ist das Tätigkeitsfeld, auf das sich mein eigenes professionelles Interesse am meisten ausrichtet; ich möchte möglichst viele Pädagogen dazu ermutigen, mit den Schülern in der Schule häufig zu spielen. / /Das Ziel dieses Handbuches ist es also, das Verfahren so konkret wie möglich zu beschreiben, dass Sie sich mindestens ein Bild von dem machen können, was unter der personenzentrierten Spieltherapie zu verstehen ist und wie sie - nach dem Verständnis des Autors dieses Textes - umgesetzt werden kann. Ich muss zugeben, dass sich mein Verständnis seit der Zeit, als ich mich erstmals mit dem Verfahren auseinander gesetzt (Goetze & Jaede, 1974) und dann über Jahrzehnte hinweg praktiziert habe (Goetze, 1981), weg vom Dogmatismus und mehr in Richtung auf Pragmatismus verändert hat. / /Eine Frage könnte an die Namensgebung gerichtet sein: Warum wird von personenzentriert, nicht jedoch von personzentriert, klientenzentriert, kindzentriert oder nicht-direktiv gesprochen? / /Mit dieser Frage haben sich Ehlers et al. (1996) in dieser Weise auseinander gesetzt: "Zur Kennzeichnung unserer Therapieform gab und gibt es unterschiedliche Bezeichnungen. Zuerst wurde allein der Ausdruck Spieltherapie verwendet, … später wurde das Verfahren bezeichnet als non-directive Kindertherapie … bzw. nicht-direktive Spieltherapie … dann für einige Zeit als klientenzentrierte Spieltherapie … oder einfach als Spieltherapie … Goetze führte mit seinem Buchtitel 1981 die Bezeichnung personenzentrierte Spieltherapie ein … Wir haben uns für die Beibehaltung der Bezeichnung ,personzentriert' entschieden. Personzentriert steht für das zentrale Merkmal des therapeutischen Prozesses, für die Bezeichnung von authentischen Personen" (Ehlers et al., 1996, 2). / /Ich meine, dass man aus der Benennung keine Glaubensfrage machen, sich vielmehr an Konventionen halten sollte, die sich nun einmal eingebürgert haben, und die von mir bevorzugte Bezeichnung war seit der seinerzeitigen Veröffentlichung "personenzentriert". Ich hatte aber auch gute Gründe dafür, nicht in der Ein- sondern in der Mehrzahl zu sprechen; denn der folgende Text wird immer wieder herausstellen, dass es auf der Basis einer neu etablierten Beziehung zwischen mehreren (meist zwei) Personen zu Erlebens- und Verhaltensänderungen kommen soll; der therapeutische Prozess lebt also von der Beziehungsfokussierung auf die anwesenden Personen. Interessanterweise ist die frühere ähnliche Bezeichnung "klientzentriert" schon sehr bald durch "klientenzentriert" ersetzt worden, vermutlich aus demselben Grund. Dass diese Spieltherapie nicht die Bezeichnung "klientenzentriert" trägt, hat einen Abgrenzungsversuch zur Grundlage: Unter der "klientenzentrierten Spieltherapie" wird ein ähnliches Verfahren von Schmidtchen (1974) verstanden, das jedoch eigene Schwerpunktsetzungen aufweist. / /Eine andere Vorbemerkung bezieht sich auf die von mir in diesem Text verwendeten Geschlechtsbezeichnungen: Ich bevorzuge die männliche Form, weil viele der von mir angeführten Erfahrungen möglicherweise nicht ohne weiteres auf die Situation mit einer Therapeutin zu übertragen sind. Ich bitte meine weibliche Leserschaft jedoch, sich trotzdem angesprochen zu fühlen und selbständig gewisse Übertragungen zu leisten. Um ein Beispiel vorwegzunehmen: Die Grenzsituationen, die ich in der Spieltherapie mit Kindern durchlebe, tragen häufig insofern "männlichen" Charakter, als das Kind die "männliche Autorität" (z. B. als Konkurrenzverhalten oder als Signal für Identitätsfindung bei Jungen) herausfordern möchte. Therapeutinnen erleben dagegen häufig qualitativ andere Grenzsituationen, die z. B. etwas mit der Auflehnung gegen die mütterliche Versorgung oder - bei Jungen - mit erotischen Fantasien zu tun haben können.