Die Reformation gilt als Zäsur, mit der das Mittelalter endet. Volker Leppin zeigt demgegenüber, dass der junge Luther einer von vielen mystischen Schriftstellern war, und führt uns eine Reformation vor Augen, die viel mittelalterlicher und fremder ist, als es die Meistererzählungen von diesem "Umbruch" wahrhaben wollen. Rechtfertigungslehre und "Priestertum aller Gläubigen", Predigtgottesdienst, Papstkritik und landesherrliches Kirchenregiment - all dies war selbstverständlicher Teil des spätmittelalterlichen Spektrums an Positionen und Protesten. Neu war allerdings die Art, wie Luther diese Elemente miteinander verband und von unterschiedlichen Interessengruppen zum Vordenker erhoben wurde. Erst diese Gemengelage führte zur Zuspitzung des Konflikts mit Rom. Vergessen und verdrängt wurden dabei Luthers mystische Wurzeln.
I N H A L T
Einleitung 9
I Luthers spätmittelalterliche Frömmigkeit n
Johann von Staupitz, der Beichtvater 11
Johannes Tauler und die spätmittelalterliche Mystik . . 22
Buße, Reue, Ablass 27
Entdeckungen, Bekehrungen, Inszenierungen 30
II Von der mystischen Lektüre zu den 95 Thesen 35
Süßester Trost 35
Theologia deutsch und Die sieben Bußpsalmen 39
Staupitz, Luther, Güttel: Die Propagierung
der mystischen Sünden- und Gnadentheologie .... 44
Humanistische Netzwerke und Disputationen
gegen die Scholastik 48
Was ist neu an den 95 Thesen? 55
Luthers Meditationen über das Leiden
und Sterben 60
III Von der Reform zur Kirchenkritik 65
Wittenberg 1517: Briefe statt Thesenanschlag 65
Ein Streit um die Wahrheit - und um den Papst ... 70
Die Entdeckung des Publikums 72
Heidelberg 1518: Zwischen Scholastik
und Humanismus 75
Augsburg 1518: Die Lösung von der Kirche
zeichnet sich ab 83
IV Ketzer hier, Antichrist dort 85
Mäzene und Machthaber: Die Päpste der
Renaissance 85
Rom 1518: Die Ausweitung der päpsdichen Macht 89
Sola scriptura: Mit der einen Autorität gegen
die Autoritäten 94
Augsburg 1518 und die dreifache
Exkommunikation 97
Leipzig 1519: Für oder gegen den Papst? 101
Zürich 1521: Klagen gegen Zwingli 106
Wittenberg 1520: "Gegen die fluchwürdige Bulle
des Antichrist" 107
Worms 1521: Luther als christusgleicher
Märtyrer 112
V Transformationen der Mystik 117
Mystischer Geist und Gottes Wort 117
Der Umbau der Sakramentenlehre 122
Taufe und Abendmahl 127
Die Befreiung der Sakramente 132
Die Freiheit eines Christenmenschen 135
VI Von der Mystik zur Politik 139
Luther und der "christliche Adel" 139
Alle Getauften sind Priester 151
Krieg für die Reformation: Franz von Sickingen . . . 152
Zwei Reiche, zwei Regimente 156
Die Reformation der Bürger: Das Beispiel Nürnberg 159
Zwingli und das Wurstessen in Zürich 167
Bäuerliche Reformation 172
Die Reformation der Fürsten 174
Kirchenordnungen und Katechismen 182
VII Mystische Wege jenseits von Luther 187
Ein innerweltliches Mönchtum 187
Karlstadts mystische Radikalisierung 192
Müntzers chiliastische Vision 195
Täufer und Spiritualisten 200
Luthers domestizierte Mystik 204
Was ist lutherisch? 206
Epilog 209
Anhang
Anmerkungen 219
Bildnachweis 241
Personenregister 243