Seit Ende der 1980er Jahre wurde von einer Gruppe von Erziehungswissenschaftlern*innen der „bürgerlichen Kälte“ (Horkheimer/Adorno) nachgegangen; dabei wurde diese Theoriefigur der Kritischen Theorie erschlossen und ihre Aktualität durch zahlreiche kleine empirische Betrachtungen aufgewiesen. Ziel dieses Bandes ist es, einen Überblick über diese Befunde zu geben und eine Zwischenbilanz der bisherigen Forschungen dazu zu leisten, wie Heranwachsende trotz und durch Pädagogik lernen, kalt zu werden, wie Pädagogik also an der Reproduktion bürgerlicher Kälte beteiligt ist.
Inhalt
Vorrede
Andreas Gruschka, Marion Pollmanns, Christoph Leser...................... 9
Avant propos: Ein Denkbild für die bürgerliche Kälte
Andreas Gruschka...........................................................................................13
1 Bürgerliche Kälte - eine Zentralkategorie einer kritischen Pädagogik im
Anschluss an Th. W. Adorno
Zugleich ein Rückblick auf 30 Jahre ihrer Erforschung
Andreas Gruschka................................................................................. 19
2 Wie misst und wie stimuliert man moralische Urteilskraft?
Wie aus der Kritik an der Kohlbergschule ein eigenes Projekt wurde
Andreas Gruschka.................................................................................35
2.1 Vor Missbrauch wird gewarnt.................................................................35
2.2 Das Kohlberg-Instrument: Eine Dilemmasequenz................................39
2.3 Manche Theorien können nicht scheitern ..............................................46
2.4 Instrumenten muss gehorsam gefolgt werden....................................... 49
2.5 Ohne Widerspruchserfahrung keine Moralentwicklung .......................58
3 Wie lernt man, kalt zu werden?
Zum Erkenntnisinteresse und Design der Kältestudien
Andreas Gruschka.................................................................................61
3.1 Fallstudien zur Kälte in Kindergarten, Schule und Universität...........61
3.2 Widerspruchserfahrung im Alltag vs. Kohlbergs Arrangement..........62
3.3 Moralentwicklung als Rekonstruktion der Widerspruchserfahrung .... 65
3.4 Die experimentelle Anordnung: die eingesetzten Szenarien...............76
3.4.1 Szenarien über das Dilemma der Allgemeinheit der Bildung ....76
3.4.2 Szenarien über das Dilemma der Gerechtigkeit im Umgang mit Kindergartenkindern, Schülern und Studenten.................. 78
3.4.3 Szenarien über das Dilemma der Mündigkeit als Erziehungsziel ....... 79
3.4.4 Szenarien über das Dilemma der Solidarität als Umgangsform ................................................................................80
3.4.5 Szenarien über das Dilemma der Moral der Liebe ....................80
3.4.6 Szenarien über das Dilemma des Umgangs mit Gütern...........82
3.4.7 Szenario über das Dilemma der Krankenpflege ........................82
3.4.8 Szenario über das Dilemma der politischen Mündigkeit ..........83
3.5 Darstellung des Samplesund der Auswertung......................................... 84
4 Die Reaktionsmuster und ihre Ontogenese ................................ 89
4.1 Theorie der Ontogenese bürgerlicher Kälte
Martin Heinrich ........................................................................................ 89
4.2 Die Reaktionsformen
Martin Heinrich ........................................................................................ 91
4.3 Die Reaktionsmuster
Marion Pollmanns .................................................................................. 105
4.3.0 Naive Überwindung der Kälte verursachenden Strukturen
Was wäre, wenn es nach mir ginge?
Andreas Gruschka ................................................................... 106
4.3.1 Fraglose Übernahme der Kälte verursachenden Strukturen
Es ist eben, wie es ist
Andreas Gruschka ...................................................................... 115
4.3.2 Ahnung von Kälte
Irgendwie nicht gut
Marion Pollmanns ...................................................................... 119
4.3.3 Opfer/Täter durch Kälte verursachende Strukturen
Komplementäre Dramatisierungen des Widerspruchs zwischen Norm und Funktion
Marion Pollmanns ...................................................................... 121
4.3.4 Verdrängung falscher Praxis
Was nicht sein darf, das nicht sein kann
Christoph Leser, Marion Pollmanns......................................... 129
4.3.5 Varianten fiktionaler Auflösung der Kälte
Fallweises Aussteigen, Definitorische Auflösung, Virtuelle Auflösung
Karin Kersting .............................................................................130
4.3.6 Idealisierung falscher Praxis
Vom richtigen Leben im falschen
Martin Heinrich, Markus Uecker ............................................. 138
4.3.7 Kompensation für falsche Praxis
"..., dass ich genau sehen kann, was ich irgendwie geleistet habe,
so dass echt eine Besserung da ist."
Karin Kersting ............................................................................147
4.3.8 Individuelle Auflösung der Kälte
"Ich mache es und ich mache es richtig"
Karin Kersting ............................................................................150
4.3.9 Reflektierte Hinnahme der Kälte
"Und wenn ich sage, so läuft es halt, dann ist das ja nicht so,
dass ich sage, so ist das nun mal."
Martin Heinrich ..........................................................................152
4.3.10 Drohende Dekomposition
"Jeder hat ein Anrecht darauf!" und "Es muss irgendwie doch
ein neutrales Losverfahren kommen."
Martin Heinrich ..........................................................................154
4.3.11 Reflektierte Identifikation mit der Kälte
Die Funktion als Norm
Martin Heinrich ..........................................................................157
4.3.12 Reflektierter Protest gegen die Kälte
Subversion als einzige Chance
Martin Heinrich ..........................................................................159
4.4 Triebkräfte und Entwicklungsmomente der Ontogenese von Kälte
Martin Heinrich ............................................................................162
5 Normbereichsspezifische Befunde zur Ontogenese der bürgerlichen Kälte
Andreas Gruschka, Christoph Leser.............................................. 171
5.1 Befunde zur Desensibilisierung gegenüber dem Widerspruch zwischen bürgerlichen Normen öffentlicher Erziehung und Funktionen des
Bildungswesens ................................................. 174
5.1.1 Befunde zur Ontogenese bürgerlicher Kälte im Normbereich der Allgemeinbildung
Marion Pollmanns ..................................................................... 174
5.1.2 Befunde zur Ontogenese bürgerlicher Kälte im Normbereich der Gerechtigkeit
Christoph Leser ......................................................................... 186
5.1.3 Befunde zur Ontogenese bürgerlicher Kälte im Normbereich der der Mündigkeit
Christoph Leser .............................................................. 192
5.2 Befunde aus ergänzenden Studien .........................................................201
5.2.1 Befunde zum "Coolout" in der Krankenpflege
Marion Pollmanns ......................................................................202
5.2.2 Befunde zur Ontogenese bürgerlicher Kälte im Bereich politischer Mündigkeit
Christoph Leser ..........................................................................214
5.2.3 Kalte Reformer
Wie Lehrer damit umgehen, unterrichtend hinter ihren didaktischen
Ansprüchen zurückzubleiben
Dimitrios Nicolaidis....................................................................224
6 Zwischenbilanz der Einsichten in die Ontogenese bürgerlicher Kälte und Ausblick
Marion Pollmanns, Christoph Leser.....................................235
Literatur............................................................................................247
Bibliographie zum Kälteprojekt.......................................................253
Hinweise zu den Autorinnen und Autoren.......................................263