Er war genial, eigensinnig und ungemein geschäftstüchtig - Ludwig van Beethoven (1770 - 1827). Als einer der berühmtesten Komponisten klassischer Musik revolutionierte er die Musikgeschichte und das Selbstverständnis der Künstler zu dieser Zeit. Obwohl er wie alle Musiker von Mäzenen abhängig war. So schreibt er an seinen Gönner Fürst Lichnowsky: "Fürsten hat es und wird es noch Tausende geben; Beethoven gibt's nur einen." Der Idealist fühlte sich nichts und niemandem verpflichtet, außer seiner Kunst. Die sechsteilige Dokumentationsreihe "Mythos Beethoven" stellt den Wiener Klassiker aus dem Rheinland vor und erforscht seine Geheimnisse. Sechs 30-minütige Folgen, Laufzeit insgesamt 3 Stunden.
Film 1: Der Revolutionär: Zum Auftakt folgt sie der Spur des Revolutionärs Beethoven, der den französischen Idealen von 1789 anhängt und politischen Rückschritt ebenso verachtet wie musikalische Verzagtheit. Als Beethoven 1792 nach Wien kommt, ist seine Musik eine Sensation. Niemand vor ihm hat solche Klänge erfunden, schon gar nicht fürs Klavier. Beethoven geht buchstäblich an die Grenzen des Instruments und dehnt seine Kompositionen auf ein nicht gekanntes Maß aus: "Man sieht es auch schon bei seinen allerersten Werken, immer ins Extreme. Es war ihm nie genug", erklärt der Wiener Pianist und Beethoven-Kenner Rudolf Buchbinder, der in der Reihe immer wieder zu Wort kommt. Aber nicht nur Beethovens Musik ist revolutionär. "Sein öffentliches Auftreten ist buchstäblich unerhört, was sich nirgendwo deutlicher zeigt als in seinem Umgang mit dem Adel", schreibt Autor und Schriftsteller Thomas von Steinaecker. Hier fällt er durch großspuriges, burschikoses Verhalten und regelmäßige Tobsuchtsanfälle auf.
Film 2: Der Verliebte: Die zweite Folge "Der Verliebte" beschäftigt sich mit dem Frauenheld Beethoven, der wohl trotz seines wenig ansprechenden Äußeren wohl erheblichen Erfolg beim weiblichen Geschlecht hatte. Der ständig Verliebte schreibt an eine seiner Angebeteten einen leidenschaftlichen Brief, der als "Brief an die unsterbliche Geliebte" zur Legende wurde. Über die Frage, wer die "unsterbliche Geliebte" war, haben Generationen von Beethoven-Forschern gestritten. Für Rudolf Buchbinder sind Beethovens amouröse Empfindungen auch in seiner Musik spürbar. So widmet er beispielsweise die "Mondscheinsonate", eines der romantischsten Stücke der Wiener Klassik, einer Frau, die er nicht haben kann - seiner 17-jährigen Klavierschülerin Gräfin Julie Guicciardi.
Film 3: Der Virtuose: Um sich in Wien durchzusetzen, muss sich Beethoven beweisen. Es ist diese Virtuosität, die auch seine populärste Sonate, die von ihm selbst so genannte "Pathétique" zur Schau stellt. Kritiker Joachim Kaiser bringt es auf den Punkt: "... etwas bebend und selbstbewusst Neues: nämlich Musik mit Muskeln, mit gespannt hervortretenden Adern." Der junge Ludwig van Beethoven beherrscht das Klavier wie kein anderer. Trotzdem hat er es in Wien zunächst nicht leicht, sich als Virtuose durchzusetzen. Die Konkurrenz an Pianisten ist groß - so groß, dass regelrechte Wettkämpfe ausgetragen werden. Aus denen geht Beethoven fast immer als Sieger hervor. Pianisten-Kollege "Abbé" Josef Gelinek beklagt sich nach verlorenem Wettstreit bitter: "In dem jungen Menschen steckt der Satan. Nie habe ich so spielen gehört! ... Er bringt auf dem Clavier Schwierigkeiten und Effecte hervor, von denen wir uns nie haben etwas träumen lassen". Aber Beethoven will mehr. Der Erfolg als Pianist soll ihm den Weg als Komponist ebnen. Doch die Klaviere, auf denen er seine neuen Sonaten aufführt, müssen vor seinem Furor schnell kapitulieren. Immer gigantischere Klangmassen versucht er dem zu seiner Zeit immer noch unvollkommenen Instrument abzuringen. Als die zunehmenden Gehörprobleme Auftritte als Interpret seiner eigenen Werke unmöglich machen, hat sich Beethoven längst vom Klaviervirtuosen zum virtuosen Komponisten gewandelt, der die Frage, ob seine Werke überhaupt ausführbar sind, immer mehr ignoriert. So wird die berühmte Hammerklaviersonate, entstanden 1818, erst viele Jahre später vom jungen Franz Liszt uraufgeführt.
Film 4: Der Kranke: Das "Heiligenstädter Testament" ist eines der ergreifendsten Beethoven-Dokumente. Verzweifelt beklagt Beethoven darin seinen zunehmenden Gehörverlust. Herbst 1802. Im Alter von gerade mal 32 Jahren ist Beethoven am Ende. Er spielt mit Selbstmordgedanken. Denn sein Gehör, für Musiker Hilfsmittel und Kontrollinstanz gleichermaßen, wird immer schwächer. In den Heilquellen von Heiligenstadt nahe Wien hofft er vergebens auf Besserung. Hier verfasst Beethoven das erschütternde "Heiligenstädter Testament": "Oh, ihr Menschen, die ihr mich für feindselig störrisch oder misanthropisch haltet oder erkläret, wie unrecht thut ihr mir, ihr wisst nicht die geheime Ursache. Und doch war's mir noch nicht möglich zu sagen: sprecht lauter, schreyt, denn ich bin taub." Beethovens Zukunftsaussichten sind düster; es droht das Ende seiner Karriere als Solist. Und schlimmer noch: Wie soll er als Schwerhöriger oder gar Tauber noch komponieren? Verzweifelt versucht er, seinen Zustand zu verbergen. An einen Freund schreibt er: "Wie ein Verbannter muss ich leben, nahe ich mich einer Gesellschaft, so überfällt mich eine heiße Ängstlichkeit, indem ich befürchte in Gefahr gesetzt zu werden, meinen Zustand merken zu lassen". Doch obwohl er immer schlechter hört, als Komponist verstummt Beethoven nicht. Seine größten, weit in die Zukunft weisenden Werke schreibt er schließlich vollkommen ertaubt. "Das Genie eines Komponisten widerspiegelt sich zum Großteil in seiner Klangvorstellung" meint der Pianist Rudolf Buchbinder, "und die hatte Beethoven in einer einmaligen Art und Weise".
Film 5: Der Unternehmer: Als nach Beethovens Tod sein Testament geöffnet wird, stellt sich heraus, dass er, der zeitlebens über Geldnöte klagte, zu den reichsten Einwohnern Wiens zählte. Mit Luxus, aufwändiger Kleidung, stattlichem Wohnen wartet er zu Lebzeiten nicht auf. Und doch ist er Großaktionär der Österreichischen Nationalbank. Der Reichtum kommt nicht von ungefähr. Wie kein anderer Künstler versteht es Beethoven, die Einnahmemöglichkeiten seiner Zeit bestmöglich auszuschöpfen. Nachdem ihm die begehrte Anstellung als Kapellmeister verwehrt bleibt, muss er andere Mittel und Wege finden, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. So wird er zum ersten finanziell erfolgreichen freischaffenden Künstler. Er erweist sich als ein gewiefter Unternehmer, der sich selbst als Marke "Beethoven" optimal zu verwerten weiß. Seine Klaviersonate in G-Dur verspricht er gleich mehreren Verlegern, um ihren Marktwert zu steigern. Und dennoch: Beim Komponieren spielt für Beethoven die Vermarktung keine Rolle. An erster Stelle steht immer der höchste musikalische Anspruch. So schreibt er an einen Schüler: "Da haben Sie eine Sonate, die den Pianisten zu schaffen machen wird". Ist es vielleicht gerade dieser herausfordernde Ansporn, der Beethoven den finanziellen Erfolg bringt?
Film 6: Der Unsterbliche: 20 000 Menschen sind auf den Beinen als Beethoven am 29. März 1827 zu Grabe getragen wird. Die Schulen bleiben geschlossen. Das Militär muss eingreifen, damit es nicht zur Massenpanik kommt. Beethoven ist schon damals eine Berühmtheit und das Interesse an seiner Person groß. Bereits bei ihrer Uraufführung wird seine neunte Sinfonie mit großer Begeisterung aufgenommen. Über alle Grenzen hinweg entwickelt sie sich zum Epos brüderlichen Zusammenhalts. Ihr genialer Schöpfer selbst fasziniert dabei aber nicht minder. Seine Zeitgenossen sind tief beeindruckt von seiner ungewöhnlichen Erscheinung: die langen Haare, der Stoppelbart, die nachlässige, teils ungebührliche Kleidung. Und dann ist da noch die für einen Komponisten katastrophale Behinderung, die Taubheit. Am Alltag lässt sie ihn kaum mehr teilhaben. Dafür aber entstehen immer radikalere Werke, mit denen sich Beethoven als zukunftsweisenden Vordenker und Visionär erweist. Seine letzte Klaviersonate op. 111. schreibt er 1822. Sie wird sein Sonaten-Vermächtnis. Da ist er längst zum Mythos verklärt.
Rezensionen: »Sie waren das kompositorische Experimentierfeld für Beethoven, und die Autoren der Reihe stellen plausible Verbindungen zwischen Leben und Werk her: So lässt sich der Virtuose Beethoven eben genauso in den Klaviersonaten nachweisen, wie sich der unglücklich Verliebte in ihnen findet. Und sogar für das Rätsel der unsterblichen Geliebten bietet die Dokumentation eine Lösung, nebst leiblichem Beethoven-Kind. Dass die Verbindungen zwischen Biografie und Werk nicht willkürlich gezogen werden, belegt Rudolf Buchbinder: Er beschäftigt sich ein pianistisches Leben lang mit den 32 Sonaten, dem sogenannten »Neuen Testament der Klavierliteratur«, und das nicht nur im Notentext, sondern eben auch in Zeugnissen aus Briefen, von Zeitgenossen, aus den berühmten Konversationsheften, die der ertaubte Beethoven benutzte, um mit der Außenwelt zu kommunizieren. So sitzt Buchbinder an seinem Flügel, erklärt, spielt, und präzise Übergänge blenden über ins Konzert im Großen Saal des Salzburger Mozarteums.« (Ralf Döring / noz.de) klassik-heute.de 09 / 2017: »Ein informatives Portrait, das auf der Basis der wissenschaftlichen Fankten ein ebenso facettenreiches wie lebendiges Bild des Komponisten und seiner Epoche vermittelt. Letztendlich ergibt sich so ein Film mit Tiefgang, unterhaltend ebenso fundiert informierend.« FonoForum 11 / 2017: »So entsteht, Sequenz für Sequenz, Kapitel für Kapitel, ein mosaikartiges Gesamtbild. Beethovens unbändiger Wille, sein Füllhorn an Neuerungen, seine Hemmungslosigkeit gegenüber Obrigkeiten, sein ruheloses Naturell und inneres Feuer, sein Leiden am schwindenen Gehör - all das wird in diesen Filmen deutlich.« (Quelle: www.jpc.de)