Was ist eine Biografie? Kommt uns Menschen eine Biografie zu, indem wir leben, oder ist Biografie etwas, das wir uns erarbeiten? Lassen sich beide Aspekte überhaupt trennen? In welchem Maße ist unsere persönliche Erinnerung familiengeschichtlich und gesellschaftspolitisch geprägt? Wie lässt sich systemische Biografiearbeit gestalten? Wer braucht sie? Wie hilft sie beim Bewältigen des Alltags? Und was verbindet sie mit Zukunftsaspekten? Diesen und weiteren Fragen geht Herta Schindler in diesem grundlegenden Werk nach, das kenntnis- und geschichtenreich Konzepte, Methoden und Praxisfelder der Biografiearbeit vorstellt. Eine Biografie zu schaffen heißt, sich durch Erzählen Sinn geben. Biografien gibt es also nicht per se, sie werden in einem schöpferischen Prozess konstruiert. Eigenes Erinnern wird zur gemeinsamen Erfahrung, gelebtes Leben erhält dadurch einen Platz im sozialen Gedächtnis und gewinnt an Bedeutung. Ziel der Biografiearbeit ist es, Menschen und ihrer Lebenssprache Raum zu geben, Selbstausdruck zu ermöglichen und Selbstreflexion zu fördern. Dieses Buch vermittelt umfassendes Theorie- und Praxiswissen für eine professionelle Begleitung in verschiedenen psychosozialen Arbeitsfeldern und eröffnet einen schöpferischen Raum für Suchbewegungen bei allen Beteiligten.
Inhalt
Geleitwort von Aleida Assmann .................................................................... 9
Vorwort................................................................................................................... 12
Die Autorin erzählt.............................................................................................. 16
Was geschieht, indem ich eine, indem jemand seine Geschichte erzählt? .... 22
Wie kann dieses Wissen in der professionellen Beratung wirksam werden? 23
Teil A
Geschichte(n) als Grundlagen -
theoretische Rahmung systemischer Biografiearbeit
1 Biografiearbeit - die Kunst, über das Leben zu erzählen.................... 26
1.1 Einführung in Begrifflichkeiten oder: Wer hat eigentlich eine Biografie
und was geschieht bei Biografiearbeit?................................................. 26
1.2 Eine mögliche Entwicklung der Biografiearbeit oder:
»Mit meiner Stimme sprechen, mehr, andres hab’ ich nicht gewollt«
(Christa Wolf) ....................................................................................... 30
1.3 Biografiearbeit im Kontext systemischen Denkens und Handelns
oder: »Geschichten sind die Bausteine unserer sozialen Welt«
(Arist von Schlippe) .............................................................................. 42
2 Theoretische Rahmung .............................................................................. 51
2.1 Biografiearbeit als Arbeit mit individuellen und sozialen Gedächtnis
ebenen oder: »Ohne Anteilnahme kein Gedächtnis« (Christa Wolf) 51
2.2 Die Verortung der Biografiearbeit zwischen unterschiedlichen Diszipli
nen oder: »Wer bin ich wo - und wenn ja, wie viele?« (frei nach Richard
David Precht)......................................................................................... 69
2.3 Die Bedeutung des schöpferischen Ausdrucks in der Biografiearbeit
oder: »Form ist das an die Oberfläche gebrachte Wesentliche«
(Victor Hugo)......................................................................................... 79
2.4 Zur Haltung der Mentorin für Biografiearbeit oder: Die Begleitung
biografischer Prozesse als sokratische Hebammenkunst................... 91
Teil B
Praxis systemischer Biografiearbeit
3 Arbeiten mit den vier Grundthemen der Biografie oder:
Geschichten schichten ................................................................................ 104
3.1 Die Arbeit mit dem Lebensbaum........................................................ 104
3.2 Ausgangsorte: Familiengeschichte und Herkunft als Basis
der Biografie........................................................................................... 114
3.3 Lebenswege: Die Entwicklung im individuellen Lebenslauf.............. 130
3.4 Lebenslagen: Biografien im Spannungsfeld gesellschaftspolitischer
Konfliktlagen und/oder traumatischer Erfahrungen......................... 157
3.5 Lebensfragen: Geburt und Sterben als die großen Tore der Biografie;
Sinn- und Glaubenshorizonte, Zweifelhaftes und Frag-Würdiges ... 180
3.6 Recherche in der Biografiearbeit oder: Gewusst wie......................... 195
4 Biografische Prozessgestaltung am Beispiel von Schreibgruppen
oder: Vom roten Faden zum Gewebe des Lebens................................. 202
4.1 Zielgruppen und Kontexte - wo, wann und mit wem?...................... 202
4.2 Themenfindung und Themengestaltung ............................................. 203
4.3 Über die Kunst, auseinanderzudividieren und zusammenzufügen -
Aufbau von biografischen Schreibprozessen....................................... 205
4.4 Die Entwicklung des poetischen Selbst und der Erzählstimme........ 206
4.5 Gehör finden oder: Die Bedeutung der Vorleserunde....................... 210
4.6 Die Aufgabe von Mentorinnen im Gruppenprozess......................... 213
4.7 Methodische Anregungen und Hinweise ........................................... 215
5 Biografiearbeit als Bestandteil psychosozialer Arbeitsfelder oder:
»Versuchen, die Fragen selber lieb zu haben« (Rainer Maria Rilke) 217
5.1 Biografisches Arbeiten im Kontext des Jugendamtes......................... 217
5.2 Generationsübergreifendes Arbeiten in biografischen Gruppen
oder: »Die Zeit ist eine Brücke« (Hakan Nesser)............................... 239
5.3 Biografisches Arbeiten mit älteren Menschen oder:
»Die Zeit ist eine Diebin« (Hakan Nesser) ......................................... 250
5.4 Biografisches Arbeiten im Kontext von Pflegebedürftigkeit
und mit Sterbenden oder: Leben ein Leben lang (Ein Beitrag
von Susanne Ringeisen)........................................................................ 259
5.5 Biografisches Arbeiten im Kontext Supervision oder: Wenn die
Wellen höher schlagen.......................................................................... 265
5.6 Biografisches Arbeiten im Kontext Coaching oder: Zurückgucken,
um vorwärtszukommen........................................................................ 282
6 Einblicke in Vielfalt oder:
Das Mosaik der Biografiearbeit................................................................ 289
6.1 Biografiearbeit tänzerisch oder: Biografiearbeit in Bewegung
(Ein Beitrag von Eva Burghardt).......................................................... 289
6.2 Pferdegestützte Biografiearbeit - ein theoretischer und praktischer
Überblick (Ein Beitrag von Julia Schmidt) ......................................... 298
6.3 Inter- und transkulturelle Biografiearbeit - theaterspielende
Ansätze zur Überwindung von Fremdenangst und Rassismus in
einer diversen Gesellschaft (Ein Beitrag von Christa Hengsbach)... 305
6.4 Biografiearbeit als Methode der politischen Bildung gegen gruppen
bezogene Menschenfeindlichkeit (Ein Beitrag von Anna Hoff)........ 316
6.5 Storytelling oder: Gesellschaftliche Narrative gemeinsam neu
erzählen................................................................................................... 323
Nachwort: Sich selbst beheimaten.................................................................. 334
Die Beteiligten ................................................................................................... 338
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis .......................................................... 340
Literatur............................................................................................................... 343