Im Lauf des 20. Jahrhunderts setzte sich die Meinung mehrheitlich durch, dass mit dem Gleichheitsanspruch der Aufklärung nicht nur heterosexuelle weiße Männer gemeint sein konnten. Bis in die Gegenwart bestimmt jedoch der Widerspruch zwischen Gleichstellung und Ungleichheit die Geschlechterverhältnisse in vielen demokratischen Industriegesellschaften. Seinen vielschichtigen Ursachen und Auswirkungen wird in diesem Band am konkreten Beispiel Österreichs nach 1945 nachgegangen. Ein Fokus liegt dabei auf den kulturellen, sozialen und politischen Verschiebungen, die mit dem Auftreten der Frauenbewegung in den 1970er Jahren einhergingen. Der damit verbundene Umbruch war - so die hier untersuchte Hypothese - so grundlegend, dass er Angelpunkt einer Periodisierung der Zweiten Republik sein kann."„Land der Söhne“ nennen die beiden Zeithistorikerinnen Johanna Gehmacher und Maria Mesner provokant ihr neuestes Buch und demontieren radikal allfällige diesbezügliche Leserinnenerwartungen: Hier handelt es sich um die – längst fällige – Frauengeschichte der Zweiten Republik, um die Herausarbeitung und zugleich Analyse ökonomischer, politischer, gesellschaftlicher Strukturen, die für die Mehrheit der österreichischen Frauen in ihren unterschiedlichsten Lebensbereichen bestimmend wurden bzw. heute sind. Besonders hervorzuheben ist, dass die Autorinnen Frauen als Gestaltende und Akteurinnen in das Zentrum ihrer Ausführungen stellen und somit das Wechselspiel zwischen objektiven und subjektiven Faktoren aufzeigen. Nicht zufällig werden die 1970er Jahre als Ausgangspunkte für detailliertere Analysen herangezogen: das Jahrzehnt, in dem die Neue Frauenbewegung die tradierten versteinerten Geschlechterverhältnisse zum Tanzen brachte. Insgesamt vermittelt der Band einen sehr gelungenen Überblick über die Geschichte der Zweiten Republik unter diesem Gesichtspunkt trotz einiger Mängel – etwa in Bezug auf die Analyse der Auswirkungen des EU-Beitrittes Österreichs, der Konsequenzen von Globalisierung und Neoliberalisierung für Ökonomie wie Sozialpolitik –, und er ist auch eine Anregung für weitere analytische zeithistorische Forschungen." http://www.frauenzimmer.at
Inhaltsverzeichnis
13 1. Einleitung
19 2. Auf der Straße/außer Haus
19 2.1. Auf- und Ausbrüche
n 2.2. Pflastersteine, Schutt und nationale Gemeinschaft
31 2.3. Eingrenzungen, Ausgrenzungen
3i 3. Auf dem Markt: Ökonomien der Geschlechterverhältnisse
37 3.1. Familialisierung im „Wirtschaftswunder": Familienerhalter und Zuverdienerin
42 3.2. Geschlechtsspezifische Aspekte des österreichischen Fordismus
46 3.3. Die Stabilität der Ungleichheiten ...
48 3.4. ... und Versuche, Gleichheit herzustellen
SO 3.5. Am Beispiel: die österreichischen Hochschulen
62 3.6. Zwischenbilanz
53 4. Im Haus/Beziehungsformen
53 4.1. Risse im Bild
54 4.2. Re/Familialisierung
60 4.3. Die Familie als Norm - Normierungen der Familie im öffentlichen Diskurs
63 4.4. Infragestellung oder Konsolidierung der Familie als hegemoniale Form?
67 4.5. Vervielfältigung der Möglichkeiten und der Unsicherheiten
73 5. Hohes Haus: Geschlechterverhältnisse im Feld der Politik
74 5.1. Die geschlechterpolitische Kultur im Nachkriegsösterreich
78 5.2. Paradigmenwechsel
80 5.3. Die Institutionalisierung von Frauenpolitik
84 5.4. Post-Feminismus?
87 6. Differenzen und Verschiebungen: anstelle eines Ausblicks
92 Zeittafel
94 Literatur
102 Zu den Autorinnen